BIZ befürchtet Pleitewelle bei Heuschrecken-Opfern

Von "Private Equity" übernommene Unternehmen müssen bis 2010 rund 500 Mrd. USD an Krediten refinanzieren - was laut BIZ auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen dürfte

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Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die „Zentralbank der Notenbanken“, befürchtet eine Pleitewelle bei von „Private Equity“(PE)-Unternehmen übernommenen Firmen. Private-Equity-Fonds – die berüchtigten „Heuschrecken“ - kaufen mit einem Fremdkapitalanteil von üblicherweise 65 bis 75 Prozent, oft aber auch bis zu 90 Prozent börsenotierte („public“) Unternehmen und nehmen sie von der Börse (daher „private“). Der Kaufpreis wird dann den übernommenen Unternehmen aufgebürdet, die Zinsen und Tilgung aus den erwirtschafteten Cashflows und durch den Verkauf von Unternehmensteilen aufbringen sollen.

Nach dem aktuellen BIZ-Paper Private equity and leveraged finance markets werden nach dem Übernahme-Boom der letzten Jahre nun bis 2010 aber für rund 500 Mrd. USD an derartigen Krediten Anschlussfinanzierungen benötigt, die im aktuellen Kreditmarktumfeld kaum zu erhalten sein werden. Angesichts der sich abschwächenden Konjunktur dürfte es den betroffenen Unternehmen zudem sehr schwer fallen, die erforderlichen Gelder aus den eigenen Cashflows aufzubringen.

Wieder einmal sollte sich das PE-Geschäft somit als höchst zyklisch erweisen, wobei am Höhepunkt des Booms laut BIZ „viel zu viel Geld zu wenigen Deals nachgejagt habe“, was die Unternehmenspreise enorm in die Höhe getrieben und die Erfolgschancen der Deals entsprechend verringert habe. Denn bis zum Ausbruch der Finanzmarktkrise im Sommer 2007 hatten PE-Fonds keinerlei Probleme gehabt, so genannte „Leveraged Loans“ (LL) zu erhalten. In der Folge hatten weltweit niedrige Zinsen, die hoher Risikoneigung der Finanzinvestoren und niedrige Konkursraten am Unternehmenssektor eine beispiellose Übernahmewelle ausgelöst, die alle PE-Booms der Vergangenheit in den Schatten gestellt habe.

Als Leveraged Loans werden seit den 1990er Jahren Unternehmenskredite mit hohem Risiko bezeichnet, die ursprünglich von einem Bankenkonsortium vergeben und auch bis zur Fälligkeit gehalten wurden. Die Zinssätze liegen in der Regel um mehr als 1,25 Prozent über den Zinsen für „sichere“ Unternehmenskredite, was bei als Anleihen verbrieften Unternehmenskrediten der Kategorie „High Yield“- bzw. „Junk“ -Bonds“ entspricht.

In den letzten Jahren waren die Banken allerdings dazu übergegangen, diese Kredite zu bündeln (bzw. von CDO-Managern bündeln zu lassen) und als Anleihen an Investoren wie Versicherungen oder Investment- und Hedge Fonds zu verkaufen. Dabei wurden durch oft sehr komplizierten Strukturierungen aus eigentlich hochriskanten Krediten Anleihen mit Investmentgrade-Ratings produziert. Dadurch hat sich der Anteil, den die Banken davon in den eigenen Büchern behielten, seit 1999 mehr als halbiert, wodurch sich einerseits das reine Kreditrisiko für das Bankensystem zwar verringert habe, andererseits aber zusätzliche Probleme aufgetaucht seien.

So war es zuletzt üblich, dass die Bank, die als „Lead-Manager“ eines syndizierten Kredits fungiert, eine Abnahmegarantie übernahm. Die Kredit wurden also bis zum Abschluss der Transaktion – oft mehrere Monate - vorfinanziert und auch die daraus erwachsenden Marktrisiken („Warehouse-Risk“) übernommen, wofür die BIZ für Juli 2007 ein Volumen von rund 400 Mrd. USD veranschlagt, das vorerst nicht weiterverkauft werden konnte. Obwohl den arrangierenden Banken bei den weiterzureichenden Kredittranchen üblicherweise ein Verhandlungsspielraum von bis zu 0,5 Prozentpunkten eingeräumt war, wurden diese Risiken bereits ab Mitte 2007 in großem Umfang schlagend. Denn zwar konnten die Banken Teile davon mit Abschlägen zwischen drei und sieben Prozent auf den Nennwert verkaufen, mehrheitlich mussten sie sie aber in den eigenen Büchern behalten (private Quellen nennen dafür ein Volumen von rund 230 Mrd. USD), worauf bis Mitte März bereits Bewertungsverluste („mark to market“) von rund zehn Prozent angelaufen sein dürften.

Ein weiteres Problem stellt für die Banken deren Naheverhältnis zu den CLO („Colateralized Loan Obligation“) -Managern dar, die diese Kredite massenhaft – die BIZ spricht von 2/3 des Gesamtvolumens - übernommen und strukturiert haben und nun ebenfalls auf unverkauften Tranchen sitzen, die sie mit Hilfe verbundener Banken finanziert haben. Noch mehr Schwierigkeiten machten aber die banknahen Investmentvehikeln (SIV bzw. Conduit genannt), die große Mengen dieser nunmehr strukturierten LL-Kredite übernommen und mit kurzfristigen Krediten finanziert haben, um von der hohen Zinsdifferenz zu profitieren. Denn vielfach hatten sie dazu von nahestehenden Banken Liquiditätsgarantien oder auch direkte Kredite erhalten, und nachdem sich die Conduits nicht mehr unabhängig am Markt finanzieren konnten, landeten die Kredite wieder in den Büchern der Banken.

Die dadurch aufgelaufenen Verluste dürften jedoch mehrheitlich schon in den bereits vorgenommenen Abschreibungen der Banken von mehr als 400 Mrd. USD berücksichtigt sein. Noch verheerender auswirken könnte sich jedoch, sollten sich die realen Verlustraten bei PE-Opfern auch nach dieser Boomphase so verhalten wie bislang üblich. So waren nach den beiden letzten LBO-Boomphasen von 1987 bis 1991 und von 1997 bis 2001 die Konkursraten bei den übernommenen Unternehmen zwei bis vier Jahre nach den Deals mit 20 Prozent bzw. 25 Prozent deutlich mehr als doppelt so hoch als bei vergleichbaren börsenotierten Firmen, für welche die Ratingagenturen übrigens bis Jahresende ein Ansteigen der Konkursraten von einem auf vier Prozent voraussagen.

Immerhin sind die Verschuldungsraten der Unternehmen insgesamt in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, wobei große europäische und US-Unternehmen ihre Investitionen hauptsächlich aus den erwirtschafteten Cashflows finanzieren konnten. Ganz anders stellt sich die Situation allerdings bei den Übernahmezielen der PE-Fonds dar. Auf deren Schultern lasten nun Verpflichtungen, die laut BIZ heute noch weit höher sind, als nach allen Übernahmeexzessen der Vergangenheit.