ALG II-Regelsätze: 1 Euro mehr monatlich für 6-13-Jährige

Weitgehend unbeachtet ob der noch immer herrschenden Pandemie wurden die neuen ALG II-Regelbedarfssätze für 2021 veröffentlicht. Für die Betroffenen eher ein schlechter Scherz denn echte Verbesserung

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Seit Covid-19 die Nachrichten und das tägliche Leben dominiert, sind etliche Themen aus der öffentlichen Wahrnehmung fast komplett herausgefallen. Obgleich die Lage der Kinder und Jugendlichen, deren Eltern ALG II beziehen, sich gerade jetzt oftmals als fatal erweist, wenn es um die Ausstattung für das E-Learning geht (von den Problemen, die durch den fehlenden Breitbandausbau entstanden sind, ganz zu schweigen), finden sich nur wenige Artikel, die sich kritisch mit der Erhöhung der Regelbedarfssätze auseinandersetzen. Dabei gibt es genug Grund für eine solche Kritik.

Zum 1.1.2021 werden die Regelbedarfsstufen im Bereich der Sozialhilfe (SGB XII) und in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) neu festgesetzt. Rechtliche Grundlage hierfür bietet der am 19.8.2020 vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf. Eine solche Erhöhung der Sätze wird in einem 5-Jahres-Turnus vorgenommen, wenn eine neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) durchgeführt wurde. Die Lohn- und Preisentwicklung, die ebenfalls eine Rolle spielt, stand 2020, als die Erhöhung der ALG II-Regelbedarfe beschlossen wurde, noch aus, weshalb die Anpassung nunmehr erst 2021 stattfindet.

14 Euro monatlich mehr für Alleinstehende

Die Erhöhungen sind weiterhin nur als geringfügig zu bezeichnen, die grundsätzliche Kritik an der Berechnung der Sätze wird weiterhin ignoriert. Schon die Sätze für Erwachsene steigen lediglich um 14 Euro monatlich für Alleinstehende, bei denen, die mit einem anderen bedürftigen Erwachsenen zusammenleben, beträgt die Erhöhung lediglich 12 Euro. Kinder bis zu 5 Jahren erhalten 33 Euro mehr monatlich, Jugendliche bis einschließlich 16 Jahre 45 Euro mehr. Geradezu grotesk niedrig mutet dagegen die Erhöhung für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren an, bei denen sie lediglich 1 Euro monatlich beträgt.

Bedenkt man, dass gerade in dieser Zeit durch die Einschulung und Schule an sich Kosten entstehen, die durch das sogenannte Bildungspaket nur unzureichend abgefedert werden, so wirkt diese Erhöhung wie ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die ohnehin schon nicht wissen, wie sie viele Ausgaben leisten sollen.

Die Pandemie hat hierbei noch einmal offene Wunden vergrößert, um es etwas lyrisch auszudrücken: Teilweise waren manche Geschäfte geschlossen, Unterricht fand nur in Form von Homeschooling statt, wobei die Lücken in Bezug auf digitale Ausstattung wie auch bei Internetanschlüssen stark zutage traten und treten. Die diversen Hilfsfonds sind momentan eher Tropfen auf dem heißen Stein, Initiativen für günstige Laptops oder Tablets können nicht darüber hinwegtäuschen, dass in etlichen Bereichen Deutschlands das Internet noch immer langsam und eine Veränderung nicht in Sicht ist.

Während dies jedoch stark thematisiert wurde, ist ALG II als Thema an sich und die Berechnung der Regelbedarfe im speziellen von der Pandemie überdeckt worden wie viele grundsätzliche Probleme der Gesellschaft auch. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht bis zum Ende der Pandemie der Fall sein wird und sich die Diskussion darüber, wie diejenigen, die finanziell auf der unteren finanziellen Skala zu finden sind, leben sollen, nicht wieder auf ein lapidares "Es gibt doch die Tafeln" und eine einseitige Sicht auf ALG II-Bezieher auszeichnen wird. Corona bedeutet nun einmal für viele auch Mehrkosten, z.B. durch entfallenes Schulessen, durch notwendige Hygieneprodukte usw. Wie gering die Mittel sind, die den ALG II-Beziehern hierfür gewährt werden, sollte endlich wieder in den Fokus rücken und die Worte des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, wirken in dieser Hinsicht offen zynisch:

Es gehört zum Kern unseres Sozialstaates, allen Menschen ein Existenzminium zu garantieren und eine Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen. Auch in der Corona-Krise ist die Grundsicherung für alle da, die Unterstützung brauchen.

Hubertus Heil

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