Kramp-Karrenbauer: Moskau die Bereitschaft für den Einsatz militärischer Mittel klarmachen

Scharfschützen-Training der Nordic Battlegroup. Bild: Irish Defence Forces/ CC BY 2.0

Die deutsche Verteidigungsministerin treibt Entwicklung der "EU Battlegroups" voran

In Brüssel rauchen die Strategie-Köpfe. Die Nato-Verteidigungsminister treffen sich im dortigen Hauptquartier, um darüber nachzudenken, wie man sich besser technisch und militärisch gegen neue Cyber-, Hybrid- und Terror-Gefahren aufstellt und vor allem: Wie man sich gegen die Gefahr aus Moskau rüstet (US-Verteidigungsminister Austin: Für Nato-Beitritt der Ukraine und Georgiens).

Geht es nach der deutschen Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer, so sollen auch die Blicke der EU nach Moskau gerichtet werden. Zwar hat man in der EU-Kommission gerade ein dringlicheres Problem mit Polen zu lösen (Nein, das EU-Recht hat nicht immer Vorrang), aber vielleicht kommen genau deswegen die Strategietage in Brüssel ganz recht, um kurz mal ein politisch bequemeres, konsensfähiges Thema anzuschlagen:

Man müsse der Führung in Moskau sehr deutlich machen, dass man am Ende bereit sei, auch militärische Mittel einzusetzen, sagte die CDU-Politikerin im Deutschlandfunk. Niemand dürfe auf die Idee kommen, im Baltikum oder im Schwarzen Meer Nato-Partner anzugreifen. Insbesondere die Lufträume müssten besser geschützt werden, erklärte Kramp-Karrenbauer.

Deutschlandfunk

Das ist wie immer hauptsächlich Rhetorik, aber die Drohadresse der scheidenden deutschen Verteidigungsministerin ist Teil einer Nachricht über den Ausbau der militärischen Fähigkeiten der EU. Dabei geht es um die Weiterentwicklung der "EU-Battlegroups" zu kurzfristig einsetzbaren Krisenreaktionskräften, wie dies der Deutschlandfunk mitteilt.

Es gibt dazu ein inoffizielles Papier, aus dem Thomas Wiegold in seinem Blog "Augen geradeaus!" Folgendes berichtet:

Die europäische Eingreiftruppe sollte die Größe bis zu einer Heeresbrigade umfassen und durch Anteile von Marine, Luftwaffe, Cyber-Spezialisten und Spezialkräfte ergänzt werden. Dafür sei unter anderem eine abgestufte längere Bereitschaftsphase denkbar - bis zu einem Jahr an Stelle der bisherigen regelmäßigen Rotation der EU Battlegroups alle sechs Monate.

Thomas Wiegold, Augen geradeaus!

Wichtiges Stichwort für die EU Battlegroups (siehe dazu die Bundeswehr) ist die "Krisenreaktionsfähigkeit". Sie soll durch eine "Koalition der Willigen" innerhalb der EU gefördert werden. Zwar müsse der Auftrag des Europäischen Rates einstimmig - gestützt auf Artikel 44 des EU-Vertrags - erfolgen, aber dann soll der Entscheidungsprozess schnell vonstattengehen.

Der Auftrag zum Einsatz der EU-Truppe gehe nämlich dann an "eine dazu fähige und bereite Gruppe von Mitgliedsstaaten". So würden Entscheidungswege, Planung und letztendlich Durchführung einer solchen Mission beschleunigt, erklärt Wiegold das Konzept.

Dieses, so Kramp-Karrenbauer, stehe nicht in Konkurrenz zur Nato, sondern sei eine Ergänzung. Die EU-Eingreiftruppe solle "voll interoperabel mit dem Transatlantischen Bündnis" sein und auch gemeinsam mit Nato-Einheiten und in deren Struktur üben.

Als Zeitraum für den Aufbau der EU Battlegroups wird das Jahr 2025 genannt.

Das Papier wird von fünf Ländern getragen: Deutschland, Finnland, Niederlande, Portugal und Slowenien. Es fehlt auffallend Frankreich.

Das Land steht zwar am Anfang der Idee zur Aufstellung von EU-Battlegroups im Jahr 2003 und beteiligt sich auch daran. Allerdings hat Macron 2017 ein eigenes Projekt ins Leben gerufen: die Europäische Interventionsinitiative. Diese akzentuiert stärker die Notwendigkeit einer größeren europäischen Autonomie und bedient mehr die Interessen der französischen Rüstungsindustrie.

Auch bei diesem Projekt wird betont, dass damit die Nato nur ergänzt werde. In Paris ist man allerdings von der Nato ziemlich enttäuscht, wie sich beim Treffen Macrons mit dem griechischen Premier Mitsotakis im September zeigte: "Paris argumentiert seit Langem, dass Washington das Bündnis benutzt, um osteuropäische Länder zum Kauf von US-Rüstungsgütern, insbesondere von Kampfjets, zu zwingen", schrieb dazu das Medium euractiv.

Die bisherige Geschichte der EU-Kampfgruppen steht im Gegensatz zum Anspruch, "Krisenreaktionskräfte der Europäischen Union (EU) in hoher Verfügbarkeit" zu sein. Das Konzept schleppt sich seit Jahren dahin.