Verbände: Gleiche Rechte für alle Flüchtlinge

Es lässt sich kaum abstreiten: In Deutschland wird ein Unterschied gemacht zwischen ukrainischen und anderen Flüchtlingen. Sozialverbände fordern, dass die neuen Regeln für alle gelten sollen

Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine treffen in Deutschland auf große Hilfsbereitschaft. Es gibt eine hohe Spendenbereitschaft, viele stellen Wohnraum zur Verfügung oder nehmen ukrainische Familien bei sich zu Hause auf.

Doch das Ausmaß der Hilfsbereitschaft machte auch nachdenklich: Wird etwa ein Unterschied zwischen ukrainischen und anderen Flüchtlingen gemacht? In einer Reportage des SWR über die "Bahnhofshelfer" in Mannheim betonten die Helfer, dass aktuell die Hilfsbereitschaft drei bis vier Mal so hoch sei wie 2015. Das liege unter anderem auch am Aussehen und der "kulturellen Nähe". Dass es konstatierte Mitte März auch das Domradio.

Aktuell zeigt sich das auch bei der Unterbringung der ukrainischen Flüchtlinge. Baden-Württembergs Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) hatte kürzlich gesagt, sie denke über Ausgleichszahlungen für private Vermieter nach, die Wohnraum für die Flüchtlinge aus der Ukraine bereitstellen.

"Mir schwebt vor, dass wir diesen Menschen einen kleinen Ausgleich für die Differenz zahlen zwischen dem, was eine ukrainische Familie an Miete zahlen kann, und dem, was normalerweise verlangt werden kann", sagte sie der Rhein-Neckar-Zeitung (Freitag). Man werde nicht die komplette Differenz ausgleichen können. "Aber einen kleinen Ausgleich sollten wir schaffen."

Wenn Wohnungen, die derzeit nicht vermietet würden, nun Flüchtlingen zur Verfügung gestellt würden, so die Begründung ihres Vorstoßes, dann würde sich auch die Chance erhöhen, dass diese Wohnungen wieder dauerhaft zur Verfügung stünden.

"Ich halte das für eine ganz schlechte Idee", erklärte Harald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles in seinem jüngsten Newsletter. Denn nicht nur ukrainische Geflüchtete bräuchten eine Wohnung, sondern alle Geflüchteten. Ebenso bräuchten auch Erwerbslose, Rentner, Alleinerziehende, Kranke und behinderte Menschen Wohnraum. "Die Lösung kann jetzt nicht sein, diese Gruppen gegeneinander auszuspielen", schrieb er weiter. Stattdessen sollten für alle Gruppen die Angemessenheitsregeln für Unterkunftskosten für ein oder zwei Jahre ausgesetzt werden.

Dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schweben nun Pläne vor, die Freizügigkeit der Kriegsflüchtlinge zu beschränken. Ihm ist wichtig, dass die Ukrainer nicht nur in den großen Städten unterkommen, sondern auch auf die ländlichen Regionen verteilt werden. "Nur weil Jobcenter die Wohnungsmiete finanzieren, ist noch kein Wohnraum da", sagte er am Sonntag.

Und gerade in den Ballungsräumen gebe es schon jetzt einen "eklatanten Mangel an Wohnungen". Wer sich nicht selbst eine Wohnung beschaffen könne oder privat aufgenommen wurde, solle auch in ländlichen Regionen unterkommen müssen. Der Bund solle die entsprechenden Regeln so setzen, dass "den Kriegsflüchtlingen ein Wohnsitz so vorgeschrieben werden kann, dass sie auch nur dort Leistungen erhalten".

Alle Flüchtlinge in die Grundsicherung

Ein weiterer deutlicher Unterschied zum Umgang mit den syrischen Flüchtlingen ist, dass die ukrainischen nun Leistungen der Grundsicherung bekommen sollen. Dadurch erhalten sie höhere Leistungen und eine bessere Gesundheitsvorsorge. Außerdem erhalten sie dadurch leichter Zugang zum Arbeitsmarkt und mehr Unterstützung durch die Jobcenter.

Thomé begrüßte diese Entscheidung ausdrücklich. Aber er betonte, andere Flüchtlinge dürften dabei nicht aus den Augen verloren werden, unabhängig vom Herkunfts- und Erstaufnahmeland. Es sei an der Zeit, sagte er, dass das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) aufgegeben werde und alle Flüchtlinge in die Grundsicherung aufgenommen würden.

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband hatte sich erleichtert über die Entscheidung von Bund und Ländern gezeigt. "Es habe sich einmal mehr gezeigt, dass das Asylbewerberleistungsgesetz als Sondergesetz nicht geeignet ist, um Hilfe und Schutz unkompliziert und bedarfsgerecht zu organisieren", heißt es in einer Erklärung des Verbandes.

Man sei nun erleichtert, "dass hier pragmatisch und zielgerichtet agiert wird und sich Bund und Länder nicht im Zuständigkeitsgerangel auf dem Rücken der Betroffenen verhakt haben", sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Aber auch er betonte, dass die neuen Regeln für alle Flüchtlinge, "unabhängig vom Herkunfts- oder Erstaufnahmeland", gelten müssen. Und es wäre vieles einfacher gewesen, wenn das Asylbewerberleistungsgesetz längst abgeschafft worden wäre, wie es der Verband seit langem fordere.

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