Am nuklearen Abgrund

Demonstration im Hyde Park in London während der Kubakrise im Oktober 1962. Bild: Don O'Brien / CC BY 2.0

Vor genau 60 Jahren wurde die eskalierende Kuba- bzw. Karibik-Krise abgewendet. Es drohte ein nuklearer Showdown zwischen den USA und der UdSSR. Welche Lehren können wir angesichts der atomaren Bedrohung heute daraus ziehen?

Am 14. Oktober 1962 entdeckten Aufklärungsflugzeuge der USA sowjetische Raketen auf Kuba. Zwei Tage später erhielt US-Präsident John F. Kennedy die Fotos. Er bildete sofort eine Gruppe von hohen Regierungsbeamten und Militärs, das Exekutivkomitee (ExComm) des Nationalen Sicherheitsrates. 90 Meilen vor der eigenen Haustür baute der Gegner Mittelstreckenraketen mit nuklearen Sprengköpfen auf.

Nikita Chrustschew, der starke Mann in Moskau, wollte im nuklearen Schach des Kalten Krieges einen strategischen Zug machen. Kennedy, der von Anfang im Inland wie auch im Ausland dem Verdacht der Schwäche ausgesetzt war, wollte das nicht akzeptieren. Er verkündete am 22. Oktober 1962 eine Seeblockade. US-Kriegsschiffe schlossen einen Ring um Kuba. Der Armada sowjetischer Schiffe standen in der Karibik die Kriegsschiffe der US-Navy gegenüber.

Raimund Krämer ist Politikwissenschaftler und lehrte bis 2017 an der Universität Potsdam. Er ist Chefredakteur der Zeitschrift Welttrends.

Fünf Tage später, am 27. Oktober, schien der Konflikt zu eskalieren; der Kalte Krieg drohte zum heißen zu werden. Kurz darauf, am Morgen des 28. Oktober war die Krise gelöst. Die UdSSR verkündete, dass die Raketen sofort abgezogen werden. Um dies so schnell wie möglich zu übermitteln, wurde Radio Moskau genutzt. Die Erklärung ging über den Äther.

Chrustschew hatte darum gebeten, dass sie "weich" und "nicht ultimativ" verlesen werde. Unverschlüsselt und unmissverständlich kam sie in Washington an. Die Krise führte nicht zum nuklearen Schlagabtausch, der Weltfrieden war gerettet. Fidel Castro erfuhr davon zusammen mit dem Rest der Welt am folgenden Tag aus den Nachrichten. Er tobte vor Wut.

Warum stationierte die UdSSR Raketen auf Kuba?

Bereits am Ende des Zweiten Weltkrieges hatte jener Zustand begonnen, den Bernard Baruch 1947 einen "Kalten Krieg" zwischen der UdSSR und den USA genannt hatte. Die neue Dimension der Auseinandersetzung bestand darin, dass es ein nuklearer Wettkampf war. Es gab eine Waffe, mit der die Menschheit vernichtet werden konnte: die Atombombe.

Bis 1949 verfügten die USA über das Monopol. In der UdSSR arbeitete man fieberhaft daran, dieses zu brechen. 1949 wurde die erste sowjetische Atombombe gezündet, 1953 die erste Wasserstoffbombe. Jedoch verfügten die USA – im Unterschied zur UdSSR – zu jener Zeit über die Träger, eine Bomberflotte. Und sie begannen, ein Netz von Militärbasen um die Sowjetunion zu legen, wo diese Bomber stationiert wurden.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Monatszeitschrift Welttrends.

Die Sowjets zogen nach, mit Mittelstreckenraketen und dem Sputnik. Am 4. Oktober 1957 waren die USA schockiert, ein sowjetischer Satellit umkreiste die Erde. Die Sowjetunion zeigte, dass sie das Territorium der USA mit Raketen erreichen konnte. Anfang der 1960er Jahre stationierten die USA neue Mittelstreckenraketen in der Nähe der UdSSR: in Italien 25 Jupiter-Raketen und in der Türkei 26.

Chrustschew konterte mit einer sowjetischen "Superbombe", die die Sprengkraft von 2.500 Hiroshima-Bomben hatte. Aber es blieb das Problem des Transports. Die USA besaßen mehr Langstreckenbomber und Basen rund um die UdSSR. Die gewachsene sowjetische Atomstreitmacht hatte wenige Möglichkeiten, das Gebiet der USA zu erreichen.

In dieser Situation eröffnete sich für die UdSSR die Chance, 90 Meilen vor der Haustür des Gegners, auf Kuba, Raketen zu stationieren. Die Idee sei Chrustschew auf der Krim gekommen. Ende Mai 1962 unterbreitete man in Havanna das Angebot. Am 10. Juni wird in Moskau nach kubanischer Zusage die Entscheidung getroffen.

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