200 Paare wollen ein Klonkind

Der einschlägig bekannte Reproduktionsmediziner Antinori will im November mit dem Klonen starten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auf das Aufmerksamkeitsgeschäft versteht sich der italienische Reproduktionsmediziner Severino Antinori bestens. Mit seinen Ankündigungen, demnächst Menschen klonen zu wollen, scheint er die mühseligen Auseinandersetzungen, die vielerorts gerade über die Verwendung von embryonalen Stammzellen und therapeutisches Klonen stattfinden, hinter sich zu lassen (Ein italienischer Wissenschaftler will Menschen klonen). Im November will der Italiener jetzt mit dem Klonen starten, berichtet die Sunday Times. Wo ist allerdings noch immer ein Geheimnis.

Gerade hat der Konkurrent Rael, Sektenführer der Raelins, damit getrumpft, Hitler klonen zu wollen. Das kommt natürlich in Deutschland am besten an, dachte sich der öffentlichkeitsbewusste Sektenmensch, der früher, vor der Erleuchtung, als Journalist tätig war. Und kurz nachdem die Geburt von Dolly die Runde machte, kündigte die Sekte bereits den Willen an, Menschen gegen viel Geld klonen zu wollen (Klonen auf Bestellung). Ansonsten scheinen sich besonders Antinori und Raels Firma ClonAid ein Wettrennen zu liefern, wer als erster nun wirklich das Projekt umsetzt, einen Menschen zu klonen - sei es nur in den Schlagzeilen oder auch wirklich (Erstes Klonkind?).

Rael will bereits ein reiches Paar gefunden haben, das einen Sohn verloren hat und diesen nun als Klon wiederauferstehen lassen will. Zudem gebe es eine Menge an jungen und gesunden Frauen aus der Sekte, die die Klons austragen wollen. Rael ist insofern realistisch, weil er davon ausgeht, dass die "Erfolgsrate" beim Klonen nicht sehr hoch ist. Bei Tierklons sind es mittlerweile bestenfalls um die 5 Prozent der geklonten Eizellen. Überdies sind die meisten der wenigen glücklich geborenen Klons krank.

Während Rael kein Hehl daraus macht, dass es um Geld geht - die spektakulären Ankündigen sind dabei wahrscheinlich so etwas wie virales Marketing, bei dem die Medien kostenlos Werbung machen und Kunden locken -, gibt sich Antinori zumindest etwas freizügiger. Man habe inzwischen 200 Paare aus unterschiedlichen Ländern ausgewählt, die kostenlos als Versuchspersonen für das Klonprojekt dienen. Das Team bestünde, so die Sunday Times, aus 20 internationalen Experten. Wo das stattfinden soll, wer es mit welchen Interessen und Aussichten finanziert, ist derzeit noch unbekannt. Nach Gerüchten habe Antinori etwa an Israel gedacht. Möglicherweise könnte er dies auch, wie die Sunday Times schreibt, auf einem Schiff in internationalen Gewässern ausführen. Bei den meisten Paaren sei der Mann unfruchtbar und könne unter normalen Umständen kein Vater werden.

Weil Antinori sich aber die offenbar profitable Maxime gesetzt hat, dass es ein Menschenrecht sei, genetisch eigene Kinder zu erhalten, will er auch diesen Männern zu ihrem Recht verhelfen. Aus Körperzellen von diesen wird der Kern mit der DNA herausgenommen und in eine entkernte Eizelle eingesetzt. Der daraus entstehende Embryo wird der Frau zum Austragen eingepflanzt. Angeblich will Antinori das Risiko von Missbildungen oder Fehlgeburten weitgehend durch eine Untersuchung und Selektion der Embryos reduzieren können.

Antinori scheint auch über das Geld und die Aufmerksamkeit hinaus Grundsätze zu haben. So will er beispielsweise für Lesben keine Nachkommen zeugen, da er kein "vaterloses Kind" produziere, wie er dem Spiegel in einem Gespräch versicherte. Und weil die Männer in den Paaren dominant seien, würde in aller Regel nur der Mann geklont. Im Februar hatte Antinori noch gesagt, dass er nur 10 zum Klonen bereite Paare ausgewählt habe. Jetzt scheinen sich diese wundersam vermehrt zu haben.