2013: Jahr der gefährlichen Geldschwemme
Um einen "erfolgreichen" Ausstieg von Krisenländern zu zelebrieren, hat die EZB die Geldschleusen immer gefährlich weit geöffnet, während aus den Krisenländern die Menschen abwandern und die Defizite weiter wachsen
Nachdem Irland am 15. Dezember den europäischen Rettungsschirm zugeklappt hat (Die große Irland-Erfolgsshow), folgt am 23. Januar Spanien. An dem südeuropäischen Land soll einen weiterer "Erfolg" zelebriert werden. Anders als Irland wurden für das große Spanien viele Ausnahmen gemacht. Es wurde nicht gezwungen, für die Rettung seiner Banken komplett unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. In Irland ist aber praktisch nichts anderes passiert. Praktisch die gesamte Rettungssumme von 85 Milliarden floss in abstürzende irische Geldhäuser.
Spanien hat 41,3 Milliarden der insgesamt 100 Milliarden Euro aus dem Programm zur Bankenrettung abgerufen. Da aber die Zinsen für seine Staatsanleihen wieder deutlich gesunken sind, geht die ultrakonservative Regierung von Mariano Rajoy davon aus, dass sich das Land wieder komplett über die internationalen Finanzmärkte finanzieren kann und sich dort auch wieder Geld für weitere Bankenrettungen bezahlbar besorgen kann. Der Risikoaufschlag gegenüber zehnjährigen Bundesanleihen lag am Dienstag bei 220 Basispunkten, womit Spanien derzeit nur eine Rendite von etwa 4,2% bieten muss. Vor einem Jahr trieb das Italien-Chaos die Renditen wieder auf über 6%.
Rajoy meint deshalb, man benötige keine weitere Unterstützung mehr und verlängert das Programm deshalb nicht. In seinem Jahresresümee sagte er am vergangenen Freitag: "Niemand spricht noch von einer Spanien-Rettung." Er versprach seinen Landsleuten zudem eine Erholung. "Das Schlimmste liegt hinter uns", meinte er (Spanien: Regierung verspricht für 2014 "Erholung" und "Jobs"). Doch dafür erntet er weitgehend Spott. Der Chef der Vereinten Linken (IU) hielt ihm entgegen, dass "nur Banker, Spekulanten und Steuerbetrüger das Schlimmste hinter sich gelassen haben". Für Cayo Lara haben die Auflagen, die für die Bankenrettung erfüllen werden mussten, die Bevölkerung "ärmer und rechtloser" gemacht. Das ist eine klare Parallele zu Irland, wo Banken und Spekulanten über die Rettungsmilliarden hinaus mit Steuergeldern, Plünderung der Rentenfonds, etc. sogar mit 166 Milliarden Euro herausgekauft wurden, wie nun nachgerechnet wurde.
Flucht aus den Krisenstaaten
Erfolge der Rettungspolitik lassen sich derweil kaum zeigen. In Irland und Portugal wurde die leichte Senkung der Arbeitslosenzahlen vor allem über den "Export" gesenkt. Der Export von Arbeitskräften stach besonders hervor. Denn in Irland sind nur in der großen Hungersnot so viele Menschen wie in den letzten Jahren ausgewandert ("Erfolg" in Irland: Auswanderung senkt Arbeitslosigkeit). In Portugal sind es sogar etwa 10.000 Menschen monatlich, also zwischen 100.000 und 120.000 im Jahr (Reiche Chinesen kommen, arme Portugiesen gehen).
Derzeit sorgt sich sogar die konservative Regierung darum, dass das Land weiter ausblutet und vor allem gut ausgebildete Menschen das Land verlassen, die es eigentlich für eine Erholung braucht. Die Regierung hofft, weil die Wirtschaft im Tourismussommer wieder gewachsen ist, diesen Trend stoppen zu können. Nur in der schweren Krise der Salazar-Diktatur, die 1974 von linken Militärs friedlich in der so genannten Nelkenrevolution gestürzt wurde, gab es eine ähnliche hohe Abwanderung. In Portugal schrumpft die Bevölkerung 2012 um mehr als 55.000. Die Bevölkerungszahl könnte unter die Grenze von 10 Millionen fallen.
Sparpolitik lässt Haushaltsdefizit und Verschuldung wachsen
Den Krisenländern ist nicht nur gemeinsam, dass es eine hohe Auswandererzahl gibt. Es ist auch gleich, dass trotz (oder wegen) der harten Spar- und Kürzungspolitik weder Griechenland, Irland, Portugal oder Spanien ihr Haushaltsdefizit mit der "Rettung" in den Griff bekommen. In Irland, das ja angeblich erfolgreich den Rettungsschirm verlassen hat, erwartet sogar die konservative Regierung 2013 erneut ein hohes Defizit von 7,3%. In Spanien hatten es die Konservativen 2012 sogar geschafft an die EU-Spitze mit 10,6% vorzustoßen und einen neuen Rekord im Land aufzustellen. In Portugal war es sogar wieder um zwei Punkte auf 6,4 gestiegen.
In allen Krisenländern darf man erwarten, dass vereinbarte Defizitziele auch 2013 nicht eingehalten wurden. Da meist schwer getrickst wird, muss man wohl erneut das traurige Schauspiel abwarten, dass die europäischen Statistiker das reale Defizit des jeweiligen Landes im Laufe des Jahres immer weiter nach oben schrauben, wenn herauskommt, dass einfach die Bezahlung von Rechnungen verschoben wurde oder plötzlich stapelweise unbezahlte Rechnungen auftauchen.
Gemeinsam ist allen Ländern auch, dass die "Rettung" ihre Verschuldungsquoten enorm in die Höhe getrieben hat. In Irland führte die Bankenrettung dazu, dass sie sich in den Krisenjahren auf fast 130 Prozent des Bruttosozialprodukts (BIP) verfünffacht hat. Spanien gehörte noch 2009 zu den wenigen Ländern im Euroraum, dessen Staatsdefizit mit gut 53% im Verhältnis zum BIP unter der Stabilitätsmarke von 60% und deutlich unter dem Durchschnitt der Euroländer (78,7%) lag (Der Euro stürzt ab). Das ist längst vorbei, denn am Jahresende werden es knapp 100% sein. Portugal droht sogar Italien den zweiten Platz mit über 130% abzulaufen. Griechenland stößt trotz Schuldenschnitten zu neuen Bestmarken vor und hat nun etwa 170% erreicht.
Nur die Zinsen wurden billiger
So hat sich also nur verändert, dass sich die Zinsen für die Länder verbilligt haben. Doch das hat seinen Preis. Die Europäische Zentralbank (EZB) flutet die Geldmärkte immer gefährlicher. Zuletzt wurde der Leitzins sogar auf ein neues Rekordtief von 0,25% gesenkt (Pulver verschossen: Die von der EZB geöffneten Geldschleusen werden immer gefährlicher). Das führt dazu, dass die Banken, auf der Suche nach lukrativen Anlagemöglichkeiten, das Geld in Staatsanleihen von Krisenländern stecken, das sie praktisch zum Nulltarif erhalten. Somit wird der Zins über diese gefährliche Geldpolitik künstlich gedrückt und die Politik von Mario Draghi in der EZB führt zur Subventionierung von Banken und zu einer verbotenen Staatsfinanzierung durch die EZB.
Die Geldschleusen bis zum Anschlag zu öffnen, wird aber sogar der US-Notenbank FED immer unheimlicher. Sie will langsam damit beginnen, das viele billige Geld wieder einzusammeln. Allein die Ankündigung im Juni zeitigte fatale Wirkungen. Die Angst, dass den Junkies des billigen Gelds der nächste Schuss verweigert werden könnte, führte zum Absturz an den Börsen und zu stark steigenden Risikoaufschlägen für Krisenländer.
Wenn also 2014 ein neuer Krisenherd entsteht oder auch die EZB damit beginnen muss, die Geldschwemme einzudämmen, kann die Lage für Spanien, Irland und Portugal schnell wieder bedrohlich werden, auch das hoch verschuldete Italien kann in arge Bedrängnis kommen. Die Bankenrettungen haben die Krisenländern noch anfälliger für steigende Zinsen gemacht, weil mit ihr jeweils die Staatsverschuldung explodiert ist. Da kann man nur noch ein frohes 2014 wünschen.