Ab mit den Schul-Rowdies ins Internat!

Sarkozy übertrifft Sarrazin

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Ein voreilig angenommener Wortergänzungsvorschlag von Open Office und statt Sarkozy steht Sarrazin im Text. Das passt eigentlich ganz gut, denn Sarkozys Vorschläge zur Bekämpfung der Gewalt an französischen Schulen gäben einen hübschen Sprengsatz für öffentliche Diskussionen hierzulande. In Frankreich hält sich die Entrüstung darüber in Grenzen, vielleicht weil man sich schon an die Vorschläge gewöhnt hat. Der Präsident hat sie gestern bei der Versammlung von Präfekten, Staatsanwälten und Eliten der staatlichen Erziehung nur präzisiert. So etwa im Fall der Internate, die für Störenfriede eingerichtet werden sollen.

Sarkozy will die Störer, die anderen Schülern, Eltern und Lehrern das Leben schwer machen und sie terrorisieren, künftig von den Willigen absondern. Sie sollen in Internate kommen, wo sie "fundamentales Wissen erlernen und am Nachmittag Sport" . Kandidaten für diese spezialisierten Einrichtungen sind Schüler zwischen 13 und 16 Jahren, die schon mindestens einmal von der Schule geflogen sind. Freiwillige Lehrer und Beamte aus der „Justizabteilung für den Schutz der Jugend“ wie auch Freiwillige aus dem Service civique sollen die schwierigen Schüler darin unterweisen, „Regeln zu lernen, den Respekt vor der Autorität und den Geschmack an der Anstrengung“ (Sarkozy).

Welcher Art der Zwang sein wird, mit dem die Problemschüler auf solche Internate geschickt werden, ist noch nicht klar: „Wir werden mit der Justiz zusammenarbeiten, um genau zu wissen, unter welchen Bedingungen eine Entscheidung juristisch zwingend ist, wenn sich die Eltern dem verweigern“, kündigte Sarkozy bereits Ende April an. Unklar ist auch, ob die Schüler dort, wie es der Begriff „Internat“ nahelegt, nächtigen müssen.

Dergleichen gibt es schon - für straffällig gewordene Minderjährige. Sarkozy will die neue Einrichtung - vorgesehen ist sie ab dem nächsten Schuljahr - davon abgrenzen. Der Besuch dieser Internate soll nicht Strafe sein, sondern eine neue Chance für Schüler, die anderswo gescheitert sind. Eine ähnliche Praxis war übrigens auch hierzulande lange Zeit bei Schulversagern üblich, die begüterte Eltern hatten. Sie konnten es sich leisten, ihre unwilligen Zöglinge in schweizer Internate zu schicken, damit sie dort ihr Abitur erlangten. Ob sie damit auch solche Regeln lernten, die Sarkozy im Auge hat, oder doch nur jene, nach der mit Geld fast alles zu machen ist, könnte man anhand des Vergleichs von Listen ehemaliger Schüler mit Bankerlisten feststellen.

Akribisches Datensammeln ist wesentlicher Bestandteil der Strategie Sarkozys im Kampf gegen Problemschüler. So soll künftig ein Dossier angelegt werden, das rechtzeitig auf potentielle Schulabbrecher („Décrocheurs“) aufmerksam macht. Die Anlage einer solchen umstrittenen Datenbank , dem „fichier des décrocheurs“, wird vorbereitet.

Ganz generell soll die Kommunikation zwischen Justiz und Schulen intensiviert werden. Von der Justiz erwartet Sarkozy, dass sie „schnell, entschlossen und mit abschreckender Wirkung“ auf Ärger und Störfälle innerhalb der Schulen reagiert. Damit die Schulrektoren einen besseren Überblick darüber gewinnen, welche Justizmaßnahmen ihre Schüler betreffen könnten, will der Staatschef den Posten eines „juristischen Referenten“ schaffen, der mit Schulen und Jugendrichtern zusammenarbeitet.

Auch für Vertreter der Exekutive soll mehr Platz an Schulen geschaffen werden. An 53 Problemschulen soll für einen Polizisten oder einen Gendarmen ein ständiges Büro eingerichtet werden. „Ein oder zwei Mal pro Woche“ kommt der Polizist dann ins Büro, um Jugendliche zu empfangen, die „versucht sind, vom rechten Weg abzukommen“. Jene Direktoren der 53 Problemschulen, die diese freiwillige Maßnahme ablehnen, müssen dies schriftlich beim Innen -oder dem Unterrichtsministerium begründen.

Die zuanfangs angespielte Verbindung zu Sarrazin ergibt sich aus einem anderen Vorschlag Sarkozys. Der sieht vor, dass Eltern, deren Schüler mehrfach beim Unterricht fehlten, soziale Zuschüsse gestrichen werden (siehe dazu Sarrazin: "Zweimal Hausaufgaben nicht gemacht, Kindergeld um 50 Prozent gekürzt"). Entsprechende Listen werden vom Schulrektor an den Schulinspektor weitergegeben, der dies dann dank verbesserter Kommunikation zwischen Behörden weitermeldet. Die Maßnahme soll ab Beginn nächsten Schuljahres umgesetzt werden.