Absurdes Steuerdumping in der EU: Konzern zieht in die Niederlande

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Spanische Regierung ist verärgert: Erst hat der große Ferrovial-Konzern von Steuergeldern profitiert, dann verlegt er seinen Sitz aus "wirtschaftlichen" Gründen und erklärt sich als "patriotisch". Die Aktionäre gewinnen.

Der spanische Bau- und Infrastrukturkonzern Ferrovial gibt sich nun spanisch-nationalistisch, gerade nachdem die Hauptversammlung der Aktionäre am Donnerstag definitiv beschlossen hat, den Firmensitz ins Niedrigsteuerland Niederlande zu verlegen.

Dafür war die Fusion mit der niederländischen Tochtergesellschaft Ferrovial International SE (Fise) nötig, die soeben abgenickt worden ist. "Ferrovial verlässt Spanien nicht", betonte der Firmenchef Rafael del Pino vor den versammelten Aktionären.

Der Konzern "werde seine "Tätigkeit, seine Arbeitsplätze, seine Projekte, seinen Investitionsplan, seinen Steuerbeitrag und seine Notierung an den spanischen Börsen beibehalten", fügte der Vorsitzende des Verwaltungsrats an.

Spanien ist immer unser Land gewesen und wir werden es nicht aufgeben.

Rafael del Pino

Die sozialdemokratische Regierung hatte zuvor kritisiert, dass der Konzern mit öffentlichen Aufträgen und dem "Geld aller Spanier" groß gemacht und auch über die Gewährung von Kurzarbeit gerettet worden sei.

Beim Aufstieg - Ferrovial gehört inzwischen zu den 13 größten börsennotierten Unternehmen Spaniens und hat 60.000 Beschäftigte - spielte in der Regierungszeit der ultrakonservativen Volkspartei (PP) unter Ministerpräsident Mariano Rajoy auch massive Korruption eine Rolle.

Bekanntlich wurde im Gegenzug für illegale "Spenden" öffentliche Aufträge vergeben. Man darf die PP auch als "Korruptionspartei" bezeichnen, denn es rechtskräftig festgestellt worden, dass sie ein "effizientes System institutioneller Korruption" betrieben hat.

Ablenkende Behauptungen

Hinter der Verlegung des Ferrovial-Firmensitzes in die Niederlande steht auch ein wichtiger Grund: Steuer sparen. Del Pino erklärte allerdings dagegen, es gehe dem Konzern vor allem darum, dass darüber erreicht werden soll, dass die Ferrovial-Aktien direkt an der Wall Street in den USA gehandelt werden können.

Das sei mit einem Hauptsitz in Spanien nicht möglich, hatte er behauptet. Dabei hatte sogar die US-Botschafterin in Spanien, Julissa Reynoso, die Ansicht der sozialdemokratischen Regierung bestätigt, dass es dafür real keine "Hindernisse" gebe.

"Es gibt viele spanische Unternehmen in Spanien, die an der New Yorker Börse notiert sind und nicht umziehen mussten, um dies zu tun. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun"

Julissa Reynoso

Nur vage sprach Ferrovial-Chef del Pino von "wirtschaftlichen Gründen". Die Niederlande böten niedrigere Finanzierungskosten, weil das Land über die Bestnote der Ratingagenturen AAA verfüge.

Dass er zuvor von einer fehlenden Rechtssicherheit in Spanien gesprochen hatte, hatte die Regierung bereits gegen ihn aufgebracht.

Tatsächlich ist es damit nicht sonderlich weit her, wie die vielen Streitigkeiten vor internationalen Gerichten zeigen, aber das gilt vor allem für Firmen, die nicht in Spanien ansässig sind. Unterschwellig unterstrich del Pino das sogar erneut, denn er erklärte:

Die Niederlande haben einen stabilen Rechtsrahmen.

Er behauptete auch, dass die Fusion mit der niederländischen Tochter und die Verlegung des Firmensitzes keine Steuervorteile bringen werde, wie zum Beispiel auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. Die "vergisst" aber zu berichten, dass sich die Steuerersparnisse sehen lassen können. Vom Umzug profitieren unter anderem die Aktionäre.

Steuerersparnisse

Denn in den Niederlanden entfällt zukünftig die Besteuerung von Gewinnen ausländischer Filialen werden, die "repatriiert" werden. Nach Berechnungen der Banco Sabadell sparen die Aktionäre jährlich allein etwa 40 Millionen Euro, da in den Niederlanden Dividenden von Tochtergesellschaften steuerfrei sind, die an die Aktionäre ausgeschüttet werden.

Das war auch in Spanien bis 2021 noch der Fall, hatte sich aber, wenn auch nur geringfügig, seither geändert. Inländische Unternehmen zahlen aber auch nur eine Körperschaftssteuer auf gerade einmal fünf Prozent der repatriierten Dividende.

Arbeitnehmer würden sich sicher auch freuen, nur so geringe Steuern auf ihre Einkommen zu zahlen. Aber auch das ist Ferrovial noch zu teuer. Del Pino, drittreichster Mann in Spanien mit einem auf 3,8 Milliarden Euro geschätztem Vermögen, hält mehr als 20 Prozent der Anteile. Seine Familie kommt insgesamt auf fast 33 Prozent der Anteile.

Zudem fällt in den Niederlanden auch keine Finanztransaktionssteuer an, die in Spanien wie in einigen anderen EU-Ländern eingeführt wurde.

Dazu kommt noch, dass Führungskräfte in den Niederlanden die Steuer auf Großvermögen nicht bezahlen, die in Spanien eingeführt wurde. In den Niederlanden gibt es nicht einmal eine richtige Vermögenssteuer, sondern es werden nur die Einnahmen aus Vermögen besteuert.

Steuerflucht in Niedrigsteuerländer

Es wird befürchtet, dass das Beispiel Schule machen wird, und die Steuerflucht in Niedrigsteuerländer zunehmen wird. Das Beispiel der Niederlande - das Land zählt sich zu den "frugal four" -, also zu den angeblich sparsamen Vier, macht deutlich, dass man dort vom Steuerdumping zehrt.

Das Steueraufkommen wird darüber insgesamt in der EU verringert und das Geld fehlt dann ärmeren Ländern wie Spanien, wie zum Beispiel auch aus Portugal kritisiert wird.

Die "sparsamen Vier" seien nicht sparsam, erklärte die Linksblock-Chefin Catarina Martins im Telepolis-Interview: "Das sind auch Länder, die von Steuergeldern der anderen Länder profitieren, die denen durch deren Steuerdumping verloren gehen."