Acht Minuten im Schlachthof der Bewerbungsgespräche

"Das Leben des C. Brunner" wurde in zwei Stunden auf Video gedreht und kommt jetzt in die deutschen Kinos

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Wenn am 16. Mai "Der Ärgermacher" seine Tour durch die deutschen Kinosäle startet, wird im Vorprogramm "Das Leben des C. Brunner" (Regie: Christoph Brunner) zu sehen sein. In dem auf einer Ein-Chip-MiniDV-Kamera gedrehten Film geht es dann auch tatsächlich um den Lebenslauf des C. Brunner (dargestellt von Stefan Lampadius), den dieser seinem potentiellen Arbeitgeber vortragen muss - auf der Toilette, denn der Chef leidet unter einer Darmkolik.

Da Steffen Jürgens in beiden Filmen zu sehen ist, lässt sich natürlich leicht erraten, warum gerade "Das Leben des C. Brunner" den Sprung auf die große Leinwand geschafft hat. Davor war er aber bereits kostenlos im Internet und käuflich auf DVD angeboten worden. Grund genug dem Darsteller und einem der Macher des C. Brunner ein paar Fragen zu stellen.

Steffen Jürgens in "Das Leben des C. Brunner"

Hören wir im Film den faktischen Lebenslauf des C. Brunner?

Stefan Lampadius: Also, der im Film von mir als C. Brunner zitierte Lebenslauf, den ich dabei habe, stimmt wirklich größtenteils mit der Vergangenheit des realen Christoph Brunner überein. Aber das Ironische an dem Film war, dass er tatsächlich für Christophs reale Bewerbung an der Wiener Filmhochschule gedreht wurde, wo er auch für das Studienfach "Regie" angenommen wurde.

Was hat "Das Leben des C. Brunner" gekostet? Wie lange und mit welcher Ausrüstung wurde gedreht?

Stefan Lampadius: Genau genommen hat uns der zweistündige Dreh eigentlich gar nichts gekostet. Was das Material anging, dieses stand uns bzw. Christoph Brunner ebenfalls umsonst zur Verfügung, da er ja wirklich das im Film erwähnte "Praktikum in der Videoregie der Filmakademie Baden-Württemberg" zur Drehzeit des Filmes dort absolvierte.

Auf welcher Toilette wurde gedreht?

Stefan Lampadius: Gedreht wurde auf einer Herrentoilette der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg.

Stefan Lampadius in "Das Leben des C. Brunner"

Wie erklärst Du Dir, dass der Film bei einem breiten Publikum so gut ankommt - obwohl ja viele Filmakademie-interne Späße getrieben werden?

Stefan Lampadius: Abgesehen von den Anspielungen auf die Filmakademie hat der Film einen sehr realistischen Hintergrund. Viele Menschen kennen ja dieses klassische Szenario, Bewerbung um einen Arbeits-, Studien- oder Ausbildungsplatz, überdies ist der Andrang auf die Ausbildung zu Medienberufen und Studienplätze in diesem Bereich gewaltig, das Angebot aber gering, insbesondere von Studienplätzen für Film- und Fernsehregie, feinstes Teesieb also!

Was inhaltlich bei vielen Zuschauern gut ankam, war die Vermeidung von Comedy- und Slapstickelementen, also das trotz der absurden Situation authentische Verhalten der sehr natürlichen Figuren - von einigen Überzeichnungen abgesehen -, was den Film teilweise wie die Dokumentation eines Bewerbungsgespräches erscheinen lässt.

Steffen Jürgens in "Das Leben des C. Brunner"

Jetzt kommt der Film in die Kinos - vorher war er schon im TV zu sehen, ist auf DVD zu haben und wurde auch schon kostenlos im Internet verschenkt. Eine ungewöhnliche Karriere. Meinst Du, dass die kostenlose Präsentation im Netz dem Film geschadet hat?

Stefan Lampadius: Nein, ich denke nicht, eher im Gegenteil. Vielleicht ist dadurch ja der Anreiz geschaffen worden sich unseren Film im Kino anzuschauen oder ihn käuflich zu erwerben. Er kommt ja als Vorfilm des Spielfilmes "Der Ärgermacher" in die Kinos. Aber bei der geringen Anzahl der Filmkopien und Fixierung auf größere Metropolen, was die Kinovorführungen der Filme betrifft, halte ich die durch die Internetpräsentation des Films erreichten Besucherzahlen für sehr unwahrscheinlich. Obwohl natürlich die Stimmung fehlt und das technische Niveau wesentlich geringer ist, wenn man sich den Film vielleicht mit einer geringen Auflösung alleine an seinem Heimcomputer anschaut, als im Kino die 35mm-Kopie mit mehreren Menschen zusammen. Ich halte es eher für wahrscheinlicher, dass man sich die DVD kauft, auf der unser Kurzfilm neben anderen günstig produzierten enthalten ist, und sich mit Freunden einen schönen Videoabend macht. Aber auch wenn viele Leute sich den Film herunterladen und ihn hinterher nicht kaufen wollen oder im Kino anschauen möchten, so hat man sich vielleicht doch ein kleines Zuschauerpolster für spätere Projekte geschaffen, sprich, die Leute hegen vielleicht in Zukunft Interesse an Filmen, in denen einer der Beteiligten involviert ist.

Wie beurteilst Du die Bedeutung des Internet für den Bereich Low/No Budget?

Stefan Lampadius: Das Internet ist sehr wichtig für diesen Bereich. Einmal als Kommunikationsbasis und Netzwerk für die vielen Filmemacher bundesweit, als Informationsquelle für Schaffende und dann natürlich als Werbeplattform für fertige Projekte. Im Gegensatz zu kommerziellen Filmen fehlen das Geld und die Stars, um auf sich aufmerksam zu machen. So können durch geschickte Verlinkung von Seiten, auf denen ein Filmprojekt genannt und vielleicht angeboten wird, Verschlagwortung bei Suchmaschinen, Einträge in Newsgroups und speziellen Fachforen, Downloadangeboten bei Tauschbörsen etc. eventuell interessante Filme und talentierte Künstler entdeckt werden. So lässt sich auch das entsprechende Publikum für Filme finden.

Wie beurteilst Du die Situation des No-Budget-Films in Deutschland im Allgemeinen?

Stefan Lampadius: Die zahlreichen und langjährigen Festivals in der BRD zeigen ja, dass es viele Angebote und ein Publikum für die No- und Low-Budget-Filme gibt. Durch die flächendeckende Verbreitung der digitalen Medien ist die Produktions- und Vermarktungsbandbreite von No- und Low-Budget-Filmen wesentlich größer und deren technische Qualität besser geworden. Kann jeder seine Musik heute zuhause am Rechner machen, so gilt dies zunehmend auch für den Film.

Und was speziell die No- und Low-Budget-Filmemacher auch nicht außer acht lassen sollten, das ist der zur Zeit boomende DVD-Markt. Auch daraus könnten meines Erachtens viele kleine unabhängige Labels und Filmproduzenten Kapital schlagen. Das "Heimkino" wird ja, was Klang und Bild angeht, immer perfekter, die DVDs werden immer günstiger und viele Leute haben gar nicht die Möglichkeit, sich No-Budget-Filme anzuschauen, da diese nie in einem Kino ihrer Nähe laufen werden. Deshalb sollte man versuchen, solche Filme auf DVD verfügbar zu machen und diese mit Hilfe des Internet zu vermarkten und zu vertreiben.

Was sind Deine nächsten Projekte?

Stefan Lampadius: Zunächst steht noch eine Mischung aus Konzert- und szenischem Film zur Debatte. Dann steht eventuell "Das Leben des C. Brunner, Teil 2" auf dem Programm. Nach drei Jahren hat er es endlich geschafft, die ersten Haarlichtungen sind entstanden und der Bauch liegt schwer am Magen. "Herr Brunner" steht vor der praktischen Prüfung an einer Filmhochschule, nachdem er die erste Runde bestanden hat...

Angaben zum Film:

Das Leben des C. Brunner
Regie & Kamera: Christoph Brunner. Ton: Tobias Poppe. Drehhelfer: Alexander Trejo. Mit Steffen Jürgens und Stefan Lampadius.

Der Film läuft im Kino als Vorprogramm zu Der Ärgermacher und ist auf DVD als Teil der Kurzfilmzusammenstellung Wir können alles. Außer Hollywood. Independent Days Vol. 01 erschienen. Eine eigene Homepage zum Film ist in Arbeit.