Adieu, Mondlandungsleugner: Apollo-Bänder und Nixons Hausastronaut

Bild: NASA

Die Mondverschwörungstheoretiker machen sich immer rarer und ihre Anhänger haben an Verve verloren - Teil 4

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Die "Nixon Tapes" sind geheime Aufnahmen von Telefonaten und politischen Meetings, die im Auftrag von Richard Nixon von Februar 1971 bis Juli 1973 größtenteils im Weißen Haus aufgenommen wurden. Sie dokumentieren eindrucksvoll, wie informationsbesessen und kontrollsüchtig Nixon war. Obwohl dieser auf den Tapes niemals ein Blatt vor dem Mund genommen hat, finden sich auf den Aufnahmen keine Hinweise auf ein Moon Fake. Dies gilt auch für seine Begegnungen mit Apollo-Astronauten, insbesondere für seine Unterredungen mit seinem Vertrauensastronauten. Weder Nixon noch seine Besucher machten damals auch nur die kleinste Andeutung, mit der die lunaren Verschwörungsanhänger punkten können - vor allem auch auf den "Apollo-Tapes" nicht.

Für alle Mondverschwörungstheoretiker muss es eine herbe Enttäuschung sein, dass der 37. Präsident der Vereinigten Staaten, Richard Nixon, auf seinen historischen Tonbandaufzeichnungen kein Sterbenswort über eine mutmaßliche Apollo-Verschwörung à la Moon Hoax verloren hat. Aus den aufgezeichneten 3700 Gesprächsstunden geht jedenfalls nichts Suspektes hervor, das die Theorie einer ehemals lunaren Konspiration rechtfertigen würde. Vor allem Nixons Schweigen auf den "Apollo-Bändern" zu einem möglichen Moon Fake spricht Bände. Sein Schweigen lässt aufhorchen, weil das Gros der Gespräche zu einer Zeit mitgeschnitten wurde, als das Apollo-Programm noch voll im Gang war und Nixons Intrigen und Lauschangriffe ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hatten.

Hoher Quellenwert

Dass weder Nixon noch sein Stab, seine Berater und geladenen Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft sowie Raumfahrt die finstere Mondverschwörung mit irgendeinem Kommentar garnierten, ist umso bemerkenswerter, weil die Nixon-Tonbänder aus der Sicht des Historikers von hohem Quellenwert sind.

Diese NASA-Fotomontage soll daran erinnern, dass Nixon unmittelbar nach der Landung von Apollo 11 mit den Astronauten via Telefon Grüße übermittelte. Bild: NASA

In der Geschichtswissenschaft zählen die "Nixon Tapes" nämlich zu den Primär-, streng genommen sogar zu den Überrestquellen, die je nach Fragestellung für einen Geschichtsforscher sehr hohe Aussagekraft haben. Per definitionem sind Überrestquellen unabsichtlich überlieferte Informationen aus der Vergangenheit. Sie haben den nagenden Zahn der Zeit zufällig überlebt. Ihre Urheber und Verfasser haben diese nicht gezielt für die Nachwelt hinterlegt. Eine auf die Zukunft gerichtete Tendenz haben derlei Quellen nicht.

Im Fall der Nixon-Tonbänder trifft dies voll und ganz zu, weil Nixon die Daten nur für den privaten Gebrauch gespeichert hat und an einer Veröffentlichung seiner persönlichen verbalen Randbemerkungen nicht im Geringsten interessiert war. In dieses Bild passt auch, dass Nixon nach den Watergate-Enthüllungen einen sehr großen Aufwand betrieben hat, die Verbreitung seiner Tonbandaufnahmen zu verhindern. Als die Existenz des Tonbandsystems von Alexander Butterfield, einem Berater-Assistenten im Weißen Haus, im Juli 1973 enthüllt wurde, wehrte sich Nixon mit Händen und Füßen gegen die Forderung des Watergate-Untersuchungsausschusses des Senats, das Material herauszugeben. Keiner sollte von seinen privaten Entgleisungen und unbedachten Äußerungen Kenntnis bekommen.

Um seine persönlichen Geheimnisse zu wahren, scheute sich Nixon nicht davor, einige Tonbandskripte zu fälschen und einige wenige Aufnahmesequenzen nachträglich zu löschen. Sehr deutlich kam diese Geisteshaltung zum Ausdruck, als Nixon das Gespräch mit seinem Stabschef Bob Haldeman absichtlich löschte, das er drei Tage nach dem Watergate-Einbruch geführt hatte. Noch heute rätseln Historiker darüber, was Nixon in den fehlenden 18,5 Minuten wohl zum Besten gegeben hat, die angeblich nur zufällig eliminiert worden sein sollen, aber mit größter anzunehmender Wahrscheinlichkeit im Auftrag Nixons gezielt überspielt wurden.

Enger Kontakt zu Apollo-Astronauten und NASA

Nixons Kontroll- und Informationswahn spiegelt sich auf vielen Ebenen wider. Davon war auch sein Verhältnis zur NASA und zum Astronautenkorps geprägt. Ihm gelang es, mit der US-Raumfahrtbehörde und den Apollo-Crews derart eng auf Tuchfühlung zu gehen, dass zurecht davon ausgegangen werden darf, dass eine geheime NASA-Moon-Hoax-Operation ohne sein Wissen und das seiner Berater kaum durchführbar gewesen wäre. Selbst eine Top-Secret-Sektion und finstere Organisation innerhalb der NASA hätte den Schwindel ohne Nixon & Co. nicht einfädeln können. Keine NASA-Gruppe wäre imstande gewesen, eine solch perfide Aktion quasi im Solo-Modus hinter verschlossenen Türen durchzuführen. Vor allem deshalb nicht, weil Nixon bestens über die internen Abläufe in der US-Raumfahrtbehörde unterrichtet war - dank eines Top-Astronauten, den er für sich einspannen konnte und der ihn immerfort auf dem Laufenden hielt.

Immer nah beim NASA-Geschehen. Richard Nixon beim Start von Apollo 12. Bild: NASA

Natürlich stellt sich hier vorab die Frage, warum sich ein kleiner Zirkel innerhalb der NASA überhaupt die Mühe machen sollte, die Mondlandung in Eigenregie zu fälschen und auf eigene Rechnung zu finanzieren. Die Öffentlichkeit und Medien eine Zeit lang hinters Licht zu führen, wäre für eine kleine konspirative Gruppe vielleicht noch realisierbar gewesen. Aber das System Nixon komplett zu umgehen, wäre mit einem unverhältnismäßig großen Kraftaufwand verbunden gewesen, der auch die Kosten unweigerlich nach oben getrieben hätte. Hieran knüpft sich automatisch die Frage, welchen Nutzen eine konspirative anonyme Gruppe aus den fingierten Mondlandungen hätte ziehen sollen.

Nein, da für Nixon die Mondastronauten und somit die NASA eine Herzensangelegenheit waren und ein großer Prestigefaktor obendrein, war der US-Präsident über alle internen Vorkommnisse in der NASA bestens im Bilde. Dies aus gutem Grund, sonnte sich Nixon doch in dem Erfolg der NASA. Und ein erfolgreiches Apollo-Programm erhöhte seine Chancen, die anstehende Wiederwahl 1972 für sich zu entscheiden. Just diese Grundhaltung warfen ihm die liberalen Blätter der Ostküste, allen voran die Washington Post und New York Times, ohne Unterlass vor.

Dass Nixon den wissenschaftlichen Erfolg der Apollo-11-Mission zu einem privaten ummünzen wollte, wurde ihm natürlich auch vom gegnerischen politischen Lager immer wieder vorgehalten. Dieser nicht zu unterschätzende Gesichtspunkt führte dazu, dass Nixon, wann und wo auch immer er öffentlich auftrat, stets unter der strengen Beobachtung vieler investigativer Journalisten stand. Diese dokumentieren und kommentierten jeden seiner Schritte - so gut es ging. Unter ständiger Observation der gegnerischen Presse stehend, wäre dem US-Präsidenten fürwahr nicht viel Raum und Platz geblieben, um seinen Part in der groß angelegten Konspiration à la Moon Fake zu spielen.

Um zu verstehen, wie Nixon in Bezug auf das Raumfahrtprogramm tickte, muss vorausgeschickt werden, dass Nixon wirklich von der Raumfahrt fasziniert war und unverkennbar ein Faible für Astronauten hatte. Tatsächlich hielt Nixon generell große Stücke auf Raumfahrer. Sie verkörperten für ihn die besten amerikanischen Ideale und Tugenden und waren in seinem Weltbild die amerikanischen Helden par excellence.

Somit verwundert es nicht, dass Nixon während seiner Amtszeit die Gewohnheit pflegte, alle Apollo-Crews vor und nach der jeweiligen Mission im Oval Office zu begrüßen, um mit ihnen auch abseits des Pressetrubels einige persönliche Worte zu wechseln. Praktisch alle Teams, ob diese nur den Mond umrundet, auf ihm gelandet oder wie im Fall von Apollo 13 das Missionsziel verfehlt hatten, wurden von ihm im Weißen Haus persönlich begrüßt. Und wenn ihm danach war, zitierte er abseits des Protokolls manchmal auch vereinzelt Apollo-Astronauten ins Weiße Haus.

Wenn Nixon mit Apollo-Astronauten zusammentrifft, bekommt sein Gesicht Farbe und sein Gang eine besondere Dynamik", berichtete einst der Time-Life-Korrespondent und Zeitzeuge Hugh Sidey. "Für ihn waren diese die Söhne, die er nicht hatte.

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