Adieu, Moon Fake: Die Nixon Tapes
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Es überrascht schon, dass die Bedeutung der Nixon-Tonbänder für die Moon-Hoax-Debatte bislang noch nicht thematisiert wurde. Obwohl der historische Quellenwert der "Nixon Tapes" hoch ist, untersuchte diese keiner bis heute auf folgende Frage hin: Gibt es auf den geheimen Aufnahmen Nixons irgendwelche Anhaltspunkte für einen Moon-Fake? Schließlich hat sich Nixon auf den Bändern mit sehr provozierenden Kommentaren verewigt und kein Blatt vor dem Mund genommen. Er hat über Gott und die Welt gesprochen und viele Geheimnisse offen herausgeplaudert, nur nichts über einen Moon Hoax zum Besten gegeben - wie übrigens auch all die von ihm belauschten Gäste und Astronauten im Weißen Haus, im EEOB und in Camp David.
Der 37. Präsident der Vereinigten Staaten, der Republikaner Richard Milhous Nixon (1913-1994), war kein Kind von Traurigkeit, sondern ein im besten machiavellischem Sinn konsequenter und radikaler Machtpolitiker, dessen politische Gerissenheit sich nicht zuletzt in seinem bereits 1950 kreierten Spitznamen "Tricky Dick" widerspiegelte.
Teil 1: Adieu, Moon Hoax Theory!
Teil 2: Adieu, Verschwörungs-Apol(l)ogeten: Das Schweigen der Sowjets
Abgekapselt mit Palastgarde
Nixon liebte die Abgeschiedenheit, bisweilen sogar die Einsamkeit. Ungerne traf er sich der Einzelgänger mit Experten aus anderen Behörden, Politikern und Diplomaten. Seine Aversion gegen die für einen amerikanischen Präsidenten eigentlich demokratische Pflicht, Kabinettssitzungen regelmäßig abzuhalten, ist legendär. Anstelle im illustren Kreis seiner Minister den offenen Diskurs zu pflegen, kapselte sich Nixon vom Kabinett, dem Kongress, ja sogar zeitweise vom im westlichen Flügel des Weißen Hauses gelegenen Oval Office ab. Anstatt die dort bestens organisierte Infrastruktur zu nutzen, bezog er einige Meter weiter im Eisenhower Executive Office Building (EEOB) ein privates Büro, in dem auch ein Teil der "Nixon Tapes" aufgenommen wurde. In ihm fühlte sich der exzentrische Politiker zuweilen wohler als in der offiziellen Dienststelle.
Stärker als jemals ein anderer Präsident zuvor konzentrierte Nixon während seiner Ägide die Macht im Weißen Haus - und degradierte dabei die Ministerien weitgehend zu Vollzugsorganen. Sein Misstrauen gegenüber der Ministerialbürokratie, die er von politischen Gegnern und Ivy-League-Absolventen unterwandert sah, war so groß, dass er nur seinem eigenen Stab respektive seinem engsten Umfeld vertraute. Dieses rekrutierte sich vornehmlich aus Beratern, die im Weißen Haus ein- und ausgingen.
Einer der dem erlauchten Nixon-Zirkel angehörte war kein Geringerer als Henry Kissinger. Als außen- und sicherheitspolitischer Berater und Außenminister (seit 1973) zählte er nicht nur zur exklusiven Runde vertrauter Republikaner und Spezialisten, die Nixon oft konsultierte. Vielmehr half er wie die Entourage der "Palastgarde" dabei, ein effektiv operierendes Informationsnetzwerk zu etablieren, das sich gleichwohl in Teilen verselbstständigen sollte. Am Ende waren vier der engsten Berater Nixons derart tief in kriminelle Machenschaften verstrickt, dass sie nicht nur ihren Hut nehmen, sondern mit dem Selbigen hinter schwedische Gardinen wandern mussten, hierunter auch Nixons unverwüstlicher Stabschef Harry Robbins (Bob) Haldeman.
Internes Netzwerk
Kissinger hingegen, dessen Weste etwas reiner, aber nicht ganz unbefleckt war, rettete sich nach Nixons Demission ins nächste Kabinett, in dem er weiterhin als Außenminister fungierte. Dass er selbst kein Kind von Traurigkeit war, beweisen die so genannten "Kissinger-Wanzen".
Die "Kissinger-Wanzen" stehen für den von Kissinger initiierten Lauschangriff auf Mitarbeiter des National Security Council (NSC=Nationaler Sicherheitsrat) und auf ausgewählte Journalisten. Darüber hinaus wurden ab Mitte 1969 auch Mitarbeiter des State Departement (US-Außenministerium) im Auftrag Kissingers beschattet, insbesondere deren Telefonleitungen angezapft.
Die nächsthöhere Stufe der illegalen Abhör- und Spionagepolitik Nixons sollte mit dem so genannten Huston-Plan erklommen werden. Der nach einem seinem Berater im Weißen Haus benannte und von Nixon abgesegnete, aber letzten Endes als Folge von Watergate doch nicht verwirklichte Plan sah vor, allen Sicherheitsbehörden vom FBI bis zum CIA mehr Kompetenzen und Rechte zu übertragen. Diesem zufolge sollte die direkte Kontrolle das Weiße Haus übernehmen. Ausgestattet mit mehr Exekutivrechten, sollten die Protagonisten vom Amtssitz des Präsidenten aus alle Aktionen koordinieren. Auf allen Ebenen sollte diese primär Staatsfeinde, Vietnamkriegsgegner und Linksradikale abhören und deren Briefverkehr überwachen. Um an weitere Informationen zu gelangen, waren systematische Wohnungseinbrüche vorgesehen. Selbst die Errichtung eines Internierungslagers für Anti-Kriegs-Demonstranten stand eine Zeit lang zur Disposition.
"Pentagon Papers" als warnendes Beispiel
Als das auf Abhorchaktionen und Wohnungseinbrüche spezialisierte Spionage-Netzwerk auf Hochtouren lief, zeigte sich zugleich seine Anfälligkeit. Vorgewarnt hätte Nixon eigentlich durch die Veröffentlichung der "Pentagon Papers" sein müssen, die in seine Amtszeit fiel. Mit der von dem damaligen Verteidigungsminister Robert McNamara in Auftrag gegebenen vertraulichen 7000-seitigen Studie dokumentierten das Pentagon und das US-Außenministerium die Vorgeschichte und Entwicklung des Indochina-Kriegs von 1945-1965 aus politischer und militärischer Perspektive. Seit 2011 sind die zeitgeschichtlichen Quellen online vollständig abrufbar.
Als der damals noch völlig unbekannte Daniel Ellsberg, seinerzeit ein hochrangiger Offizier im Verteidigungsministerium, die Papiere kopierte und einen Teil davon an die New York Times weiterleitete, war das Skandal programmiert und Ellsberg mit einem Male in aller Munde. Schließlich offenbarten die Akten, dass die USA seit Harry S. Truman den Vietnamkrieg von langer Hand vorbereitet und die hohen menschlichen Verluste billigend in Kauf genommen hatten. Sie zeigten auch, dass Washington entgegen allen Beteuerungen bewusst falsche Informationen weitergeleitet hatte. Trotz aller Anstrengungen Nixons und seines Stabes, die Artikelserie in der New York Times zu zensieren und deren Verbreitung zu verhindern, veröffentlichten neben der weltbekannten Zeitung im Juni 1971 noch 18 weitere Blätter Auszüge aus den Geheimdokumenten mitsamt Leitartikeln und Kommentaren.