Adieu, Verschwörungs-Apol(l)ogeten: Das Schweigen der Sowjets

Bild: NASA

Die Mondverschwörungstheoretiker machen sich immer rarer und ihre Anhänger haben an Verve verloren - Teil 2

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Vor mehr als zehn Jahren näherte sich die Debatte über die Mondverschwörung ihrem Höhepunkt. Ihre Anhänger postulierten, dass die US-Weltraumbehörde NASA in Zusammenarbeit mit irgendwelchen konspirativen Gruppen die Mondlandungen aus propagandistischen Gründen simuliert hat, um das eigene Versagen zu kaschieren. Doch derweil ist die Moon-Fake-Diskussion abgeebbt. Hierfür gibt es diverse Gründe. Einer davon ist, dass viele Moon-Hoax-Anhänger inzwischen realisiert haben, dass das Schweigen der Geheimdienste der UdSSR, das der sowjetischen Presse und Propaganda nicht von ungefähr kommt, dass dieses Schweigen sogar die Echtheit der Mondlandungen untermauert.

Teil 1: Adieu, Moon Hoax Theory!

Als sich der 27-jährige sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin am 12. April 1961 um 9.07 Uhr Moskauer Zeit mit der zweistufigen Wostok-1-Rakete (auch Vostok 1) als erster Erdbewohner ins All begab, schlug er eine neue Seite in den Annalen der Menschheit auf und markierte zugleich eine der größten Zäsuren aller Zeiten. Der "Kolumbus des 20. Jahrhunderts", wie Gagarin kurz nach seiner Weltumsegelung bezeichnet wurde, brach zu einem neuen Ufer auf, von dem es kein Zurück mehr geben sollte. Er brachte den ersten Dominostein in der Geschichte der Raumfahrt zum Fallen und ebnete den Weg ins All, dem bis heute knapp 600 Raumfahrer gefolgt sind.

Bereits acht Jahre nach seiner Premiere wirbelten mit Neil Armstrong und Buzz Aldrin die ersten Menschen per pedes den grauweißen Mondstaub auf. Zehn weitere wandelten auf Armstrongs und Aldrins Spuren und beehrten den Mond mit einer Kurzvisite.

Orbitaler Top-Secret-Trip

Doch so unumstritten die historische Leistung Gagarins in der Forschung heute auch sein mag - die Quellenlage gilt dennoch als höchst unbefriedigend. Was damals im Vorfeld, während und kurz nach seinem Flug im Einzelnen geschah, blieb lange Zeit völlig nebulös, weil sich sein Raumflug ganz nach dem Willen des damaligen Regimes abseits der Öffentlichkeit, fernab der Zivilisation und jenseits allen medialen Trubels abzuspielen hatte.

Während 1969 bei der Apollo-11-Mission praktisch jede Sekunde vom Start bis zur Rückkehr der Mondastronauten peinlichst genau dokumentiert wurde, protokollierte 1961 kein einziger neutraler Beobachter und unabhängiger Chronist im Verlaufe der insgesamt 148 Minuten währenden Mission das Geschehen. Als Gagarin, eingequetscht in seiner wenig komfortablen und beengten Kapsel, seine einmalige Weltumrundung zelebrierte, hatte sich die sowjetische Führung seinerzeit selbst von der Welt abgekapselt.

Juri Gagarin. Viele Moon-Hoax-Befürworter zweifeln auch an seiner historischen Tat. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Gagarins Raumflug hat de facto stattgefunden, nicht zuletzt deshalb, weil auch der amerikanische Geheimdienst seinerzeit nicht Gegenteiliges offenlegte. Bild: alldayru.com

Schließlich fand das höchst riskante Abenteuer des bis dahin völlig unbekannten Leutnants, dem Experten eine Überlebenschance von 47 Prozent attestierten, unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter strengster Geheimhaltung statt. Keine Reporter oder Fotografen, weder ausländische noch inländische, wurden zum Raketenstart und ins Kontrollzentrum geladen oder durften der Landung beiwohnen. Kein unabhängiger Zeitzeuge konnte die Authentizität seines Fluges bestätigen. Noch heute liegen von dem Flug kaum aussagekräftige Fotos oder überprüfbare Filmaufnahmen vor. Nur einige im Dienste des Militärs stehende Kameraleute filmten das Großereignis, von dem nur eine kurze sekundenlange Sequenz von minderer optischer Qualität erhalten und dokumentiert ist.

Hinzu kommt, dass die einzigen Journalisten vor Ort ausgewählte Vertreter der staatlichen großen Nachrichtenagentur TASS ("Telegrafenagentur der Sowjetunion") waren. Sie sahen das Geschehen naturgemäß vollends durch die kommunistische Brille und berichteten über Gagarins großen Tag getreu den Vorgaben der Propaganda und Zensoren. Jeder Fauxpas, jeder Fehler, jede Unregelmäßigkeit wurde verschwiegen. Derart effektiv, dass die TASS den gesamten Flug Gagarins als völlig "normal" und "planmäßig" hinstellte, obwohl die Wahrheit eine andere war.

Denn neu veröffentlichten Quellen zufolge befand sich Gagarin mindestens einmal in mittelbarer und ein anderes Mal in unmittelbarer Gefahr. "Niemand hat beim Flug von Gagarin mehr gelogen, getrickst, verschwiegen und gefälscht als die damalige Sowjetführung unter Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow. Das Sündenregister ist ellenlang und bis heute noch nicht ganz aufgearbeitet", konstatierte der Gagarin-Biograf Gerhard Kowalski nüchtern.