Adieu, Verschwörungs-Apol(l)ogeten: Das Schweigen der Sowjets
Seite 2: Gagarin-Schock
Angesichts der schlechten Quellenlage, der fehlenden Daten, Fotos und geschönten Presse-Kommentare etc. verwundert es nicht, dass diverse Verschwörungstheoretiker den legendären Flug Gagarins schnell ins Reich der Legenden verwiesen. Auch Gagarin historische Tat wurde vom bösen Geist der Mondlandungslüge heimgesucht. Für die Moon-Hoax-Anhänger war seine vermeintliche Premiere im All ebenso ein perfides Täuschungsmanöver wie die sechs Apollo-Missionen der NASA.
Mit Blick auf Gagarin ist der Vorwurf einiger Mondverschwörungsanhänger unmissverständlich: Der historische Erstflug hat nicht stattgefunden und war ein inszenierter reiner Propagandaakt, eine rein nationale PR-Aktion. Moskau sei 1961 technisch zu einem solchen Schritt noch nicht in der Lage und vielmehr daran interessiert gewesen, vier Jahre nach dem Sputnik-Schock einen weiteren, den Gagarin-Schock, folgen zu lassen. Der Weltöffentlichkeit sollte die Überlegenheit der sowjetischen Technik und die des eigenen politischen Systems vor Augen geführt werden. Mit einem geheimen Staatscoup sollte machtvoll demonstriert werden, wer beim Wettlauf ins All die Nase vorn hat, so der Einwand der Skeptiker.
Gagarin-Hoax
Lässt man sich einmal auf die Spekulation ein, Gagarins Raumflug sei wirklich ein sowjetisch-propagandistisches Täuschungsmanöver gewesen, stellt sich unweigerlich die Frage, ob Washington infolge seines sehr guten Agenten-Netzwerkes hiervon nicht automatisch Wind bekommen hätte. Musste die CIA oder NSA hierüber nicht zwangsläufig Kenntnis haben?
Schenkt man den Worten des Münchener Bestseller-Autoren Gerhard Wisnewski Glauben, dann war dies in der Tat so.
In seinem 2005 veröffentlichtem Buch "Lügen im Weltraum: Von der Mondlandung zur Weltherrschaft" geht der studierte Politikwissenschaftler und führende deutsche Moon-Hoax-Vertreter von der Prämisse aus, dass der Flug des Kosmonauten nicht stattgefunden hat. Obwohl die amerikanische Presse Gagarins Weltumrundung kritisch kommentierte und die US-Administration mitsamt NASA-Behörde den ganzen Vorgang mit Skepsis beäugte, machten keiner von ihnen den sowjetischen Schwindel publik. Und dies aus gutem Grund, glaubt Wisnewski:
Den Flug in Frage zu stellen, wäre zumindest ein unfreundlicher, wenn nicht sogar feindlicher Akt gewesen. Außerdem hätten die USA vor der Weltöffentlichkeit als schlechter Verlierer dagestanden.
Die USA habe seinerzeit ihre Bedenken bewusst überspielt und den Erstflug des Kosmonauten deshalb nicht angeprangert, weil die sowjetische Lüge ihnen dabei half, das stockende Raumfahrt- respektive das Mondprogramm "so richtig in Fahrt zu bringen."
Der überzeugte Apollo-Skeptiker Gernold L. Geise, ein weiterer deutscher Protagonist der Moon-Hoax-Szene, geht in seinem Buch "Die Schatten von Apollo" (2003) in seiner Argumentation noch einen Schritt weiter und stellt sogar die Existenz des Eisernen Vorhangs und somit auch die Authentizität des Space Race glattweg in Frage:
Es ist bis heute nicht einwandfrei geklärt, wie sehr Russen und Amerikaner hinter dem Rücken der Weltöffentlichkeit zusammengearbeitet haben, der das Märchen vom 'Kalten Krieg' erfolgreich vorgegaukelt wurde, um auf beiden Seiten durch eine Ankurbelung der Rüstungsausgaben die eigene Wirtschaft zu stärken.
Den CIA-Verantwortlichen hätte damals die unzureichende Dokumentation des Fluges von Gagarin ins All ebenso auffallen müssen. Nicht zuletzt hätten sie beim Studium des einzigen, nur wenige Sekunden langen und in qualitativer Hinsicht schlechten Filmschnipsels Skepsis walten lassen müssen. Aber dennoch übten sich die Vereinigten Staaten in diesem Punkt in Zurückhaltung. "Die Amerikaner hatten den ersten Raumfahrtschwindel toleriert, der von der UdSSR aller Welt vorgemacht wurde."
Geise spinnt diesen Gedanken aber noch weiter und verknüpft ihn mit der Moon-Hoax-Debatte. Für ihn ist evident, dass die Sowjetunion 1961 in der Bredouille und erpressbar war, weil die Amerikaner von dem vermeintlichen Schwindel rund um den Wostok-1-Flug wussten und ihr Wissen jederzeit als Druckmittel einsetzen konnten. Hätte Amerika die "Gagarin-Fälschung" publik gemacht, hätte die damalige Sowjetunion vor aller Welt ihr Gesicht verloren. Daher hielt Moskau auch still, als die Apollo-Missionen zum Mond fingiert wurden:
Damit dürften die Amerikaner die Sowjets in der Hand gehabt haben. Hätten die Sowjets nur einziges Wort zu Apollo gesagt, hätten die USA Gagarin auffliegen lassen. 'Gentleman's Agreement [sic!] sagt man dazu: 'Kavaliersabkommen'
Gernold L. Geise