Agrarministerkonferenz: Dürfen Brachflächen für Getreideanbau genutzt werden?

Seite 4: Ernährungssicherheit geht auch ökologisch

Die drohende Nahrungsmittelkrise werde dazu benutzt, Krisen gegeneinander auszuspielen und notwendige Maßnahmen für Klimagerechtigkeit und Reformen der Agrarpolitik hintenan zu stellen, kritisiert Reiko Wöllert, Landesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in Mitteldeutschland.

Er fordert die Agrarminister dazu auf, sich weiter für Klima- und Umweltziele und eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen. Über bestehende Agrarstrukturgesetze sollen bäuerliche Betriebe bei Pacht und Kauf gestärkt und Existenzgründungsprämien flächendeckend eingeführt werden.

Auch die Ökoverbände warnen davor, die Ökologischen Vorrangflächen aufzuweichen. Resiliente Öko-Systeme und stabile, regionale Liefer- und Wertschöpfungsketten seien Voraussetzung für sichere Ernten, erklärt Peter Röhrig. Voraussetzung für eine zukunftsweisende Tierhaltung sei eine flächengebundene, heimischen Futterversorgung, betont der geschäftsführende Vorstand des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Zudem müsse die Lebensmittelproduktion unabhängig werden von mineralischen Stickstoffdüngern.

Der im Februar bei der EU-Kommission eingereichte nationale GAP-Strategieplan müsse auf das 30-Prozent-Bio-Ziel der Bundesregierung ausgerichtet und deutlich nachgebessert werden, fordert auch Jan Plagge. Angestrebt ist eine Ökofläche von etwa fünf Millionen Hektar.

Zu Beginn dieses Jahres wurden gerade mal 1,78 Millionen Hektar ökologisch bewirtschaftet – knapp elf Prozent der landwirtschaftlichen Fläche. In der nächsten Förderperiode bis 2027 sollen nur 14 Prozent gefördert werden. Damit würden in den nächsten sechs Jahren gerade mal drei Prozent Ökofläche hinzukommen, kritisiert der Bioland- Präsident.

Dass in den verbleibenden drei Jahren bis 2030 die Ökofläche etwa um 16 Prozent wachsen wird, hält Plagge für unrealistisch. Die Zahl der geförderten Ökofläche müsse - ebenso wie die Finanzmittel für den Ökolandbau - nach oben korrigiert werden, lautet seine Forderung.

Der Ökolandbau sei ein gesamtbetriebliches Anbausystem, in dem Brachen und Bodenruhe integriert seien, konstatiert Gerald Wehde, Geschäftsleiter Agrarpolitik und Kommunikation bei Bioland mit Bezug auf die Prämienzahlungen. Die EU-Ökoverordnung sehe keinerlei Verpflichtung zur Produktion auf allen Ackerflächen vor. Somit müsse die Ökoprämie auch auf Brachflächen ausgezahlt werden. Einem entsprechenden Antrag aus Bayern sollten die Agrarminister daher zustimmen.

Hintergrund ist, dass auch Ökobetriebe nach der neuen Regelung künftig der Verpflichtung zu vier Prozent "unproduktiver Flächen" auf Ackerland verpflichtet sind. Weil sie auf diesen Flächen keine Markterlöse erwirtschaften, würden sie – nach derzeitiger Planung – keine Öko- Förderung aus der Zweiten Säule der GAP erhalten.