Airbus in Manching: "Nur noch eine Wartungsbude"?
Der Konzern will in seiner Rüstungs- und Raumfahrtsparte 2.400 Stellen abbauen - Bayern-Standort von Schließung bedroht
Der aus Messerschmitt, Focke-Wulf, Aérospatiale und mehreren anderen Flugzeugherstellern entstandene Airbus-Konzern hat im letzten Jahr bei der Auslieferung von Verkehrsflugzeugen zwar erstmals den amerikanischen Boeing-Konzern überholt (vgl. "Von Clowns designt", "die von Affen beaufsichtigt werden"), will aber in seiner Rüstungs- und Raumfahrtsparte 2400 der dort insgesamt 34.000 Stellen abbauen. Zu diesem bereits Ende letzten Jahre angekündigten Vorhaben wurden nun die Details bekannt.
Von den Arbeitsplätzen, die bis Ende nächsten Jahres gestrichen werden, sind derzeit 365 im Vereinigten Königreich, 400 in Frankreich, 630 in Spanien und 830 in Deutschland angesiedelt. Der Großteil der Arbeitsplätze wird an den Standorten in Bayern gestrichen: In Ottobrunn bei München fallen 250 der dort insgesamt 2.500 Stellen weg, in Manching bei Ingolstadt (das am Wochenende vom erweiterten Selbstmord einer Airbus-Angestellten erschüttert wurde) 500 von 5.500.
"Hauptprodukt" des Manchinger Standorts sind die Eurofighter-Kampfflugzeuge, mit denen man unter anderem im benachbarten Österreich nicht sehr zufrieden ist. Dort will man sie nach mehreren parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und Ermittlungen der Justiz nach und nach ausmustern und andere Kampfflugzeuge kaufen, die kostengünstiger, besser ausgerüstet, weniger mängelbehaftet und "Tag und Nacht einsatzbereit" sein sollen. Durch diesen Umstieg erwartet sich die Alpenrepublik Einsparungen zwischen 100 Millionen und zwei Milliarden Euro (vgl. Österreichischer Verteidigungsminister zeigt Airbus an).
Die Ermittlungen gegen den Airbus-Konzern, die der ehemalige österreichische Vereidigungsminister Hans-Peter Doskozil 2017 mit einer Eurofighter-Betrugsanzeige auslöste, sollten einem Bericht des österreichischen Nachrichtenmagazins Profil unter der türkis-blauen Regierung und deren Interims-Nachfolgeregierung eigentlich eingestellt werden (vgl. "Setzts euch z'samm und daschlogts es") - aber nachdem Airbus in den USA nun "nicht deklarierte Zahlungen" im Zusammenhang mit diesem Geschäft mit der Alpenrepublik einräumte, interessiert man sich nun doch weiter dafür und hat ein Rechtshilfeansuchen an die US-Justiz gestellt. Die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner von Volkspartei spricht in diesem Zusammenhang von einem möglichen "Anspruch auf Wiedergutmachung" gegen Airbus.
Entscheidung über Eurofighter oder F-18 als Tornado-Nachfolger könnte länger auf sich warten lassen
Ein anderes Problem, das es mit dem Eurofighter gibt, sind die Ansprüche des US-Militärs an die Nachfolger der Bundeswehr-Tornados, die im Rahmen der "nukleare Teilhabe" amerikanische Kernwaffen tragen können müssen (vgl. Bundeswehr sucht neuen Atombombenträger). Einem bislang weder bestätigten noch dementierten Bericht der Süddeutschen Zeitung nach haben die amerikanischen Militärzertifizierungsbehörden durchblicken lassen, dass eine für etwa 45 der 90 Flieger notwendige Zertifizierung bei den Eurofightern voraussichtlich drei bis fünf Jahre länger auf sich warten lassen würde als bei den F-18.
Offizieller Grund für die längere Dauer ist dem amerikanischen Zeitvoranschlag nach, dass Vorgängermodelle der aktuellen F-18 bereits zertifiziert wurden. Das klingt nicht unplausibel, auch wenn es darüber hinaus Mutmaßungen gibt, die US-Administration halte die Zulasser im Interesse der Verkäufe eigener Rüstungsfirmen nicht unbedingt zu gefährlich engen Zeitplänen für die Zertifizierung der Eurofighter an (vgl. Bundeswehr: Vorentscheidung für F-18 statt Eurofighter?).
Die deutsche Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wollte eigentlich bis Ende März entschieden haben, ob sie als Ersatz für die Tornado-Kampfflugzeuge Airbus-Eurofighter oder amerikanische F-18 von der Boeing-Tochter McDonnell Douglas kauft. Den Berliner Informanten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) nach könnte diese Entscheidung nun wegen der "unsicheren politischen Lage" etwas länger auf sich warten lassen.
"Future Combat Air System"
Den Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zufolge will die französische Staatsführung außerdem verhindern, dass die Bundesregierung einen Teil ihrer Tornado-Nachfolger nicht beim Eurofighter-Konsortium, sondern bei Boeing bestellt (vgl. Französische Staatsführung will angeblich verhindern, dass Bundesregierung F-18 kauft). Hintergrund dieses Blockadewillens soll das geplante deutsch-französisch-spanische "Future Combat Air Systems" (FCAS) sein, das die Franzosen "Système de combat aérien du futur" oder kurz "SCAF" nennen (vgl. Deutsch-französisch-spanisches "Luftkampfsystem der Zukunft").
Der Betriebsrat von Airbus Defence befürchtet, dass dieses FCAS-Kampfflugzeug vielleicht gar nicht wie geplant gebaut wird, wenn das deutsche Verteidigungsministerium die bald nicht mehr wirtschaftlich reparablen Tornados nicht mit Eurofightern, sondern mit F-18 ersetzt. Dann, so die Arbeitnehmervertreter zur FAZ, könnte Manching vielleicht ganz geschlossen werden oder wäre "nur noch eine Wartungsbude".