Ansteckender Krieg

Nicht nur im Sudan und im Tschad, auch in den angrenzenden Gebieten der Zentralafrikanischen Republik wird gekämpft

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Laut Human Rights Watch wurden im Bürgerkrieg im Norden der Zentralafrikanischen Republik mittlerweile mehr als hunderttausend Menschen vertrieben und viele Hundert getötet. Dem Bericht der Menschenrechtsorganisation zufolge, verübten sowohl die Rebellen als auch die Regierungstruppen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen.

Die Provinzen der Zentralafrikanischen Republik. Karte: Wikimedia Commons Das Bild Politische Karte der Zentralafrikanischen Republik stammt aus der freien Mediendatenbank Wikimedia Commons und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Der Urheber des Bildes ist Domenico-de-ga.

Der Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik begann bereits Mitte 2005 unter tatkräftiger Einmischung von Rebellengruppen und Regierungen im Tschad und im Sudan. Mittlerweile umfasst das Bürgerkriegsgebiet mehr als 100 Quadratkilometer. Ein im April dieses Jahres geschlossenes Friedensabkommen erwies sich als weitgehend wirkungslos.

Im Nordwesten des Landes führt die Gula-Rebellenarmee UFDR ("Union des forces Démocratiques et du Rassemblement en République Centrafricain") Krieg. Sie war ursprünglich mit dem derzeitigen Präsidenten François Bozizé verbündet, einem Angehörigen des Mehrheitsvolks der Gbaya. Allerdings wechseln die Bündnisse und Fronten in dem Kriegsgebiet traditionell schnell und problemlos. Angeführt werden die Gula-Rebellen häufig von Personen, die von der Regierung als Wildhüter ausgebildet wurden.

Von Oktober bis Dezember 2006 konnte die UFDR, der unter anderem Massenhinrichtungen, rechtswidrige Tötungen, wahllose Angriffe auf Zivilisten und Plünderungen vorgeworfen werden, die Kontrolle über vier Städte erlangen. Erst mit massiver französischer Militärhilfe gelang es den Regierungstruppen die Städte im Dezember 2006 wieder zurückzuerobern. Auch der Präsident des Tschad, der Bidayat-Zaghawa Idriss Déby, schlug sich auf die Seite der Regierung der zentralafrikanischen Republik, die das Regime in Khartum beschuldigte, die Gula-Rebellen zu unterstützen, welche teilweise von Darfur aus operieren.

Neben den überwiegend moslemischen Gula leben in den umkämpften Provinzen Vakaga und Bamingui-Bangoran auch die vorwiegend christlichen Kara, die mehrheitlich moslemischen Runga und die teils dem Christentum, teils traditionellen Religionen anhängenden Sara. Die beiden letzteren finden sich auch im Tschad, sind dort aber kaum an den militärischen und politischen Eliten beteiligt. Ethnische Spannungen gibt es vor allem zwischen den Gula und einer fünften Gruppe, den meist christlichen Yulu, die auch im Sudan beheimatet sind, wo sie allerdings den Islam angenommen haben. Yulu aus der Zentralafrikanischen Republik werden beschuldigt, in Zusammenarbeit mit Regierungstruppen Gula vertrieben und Dörfer angesteckt zu haben.

Den Regierungstruppen werden im Human-Rights-Watch-Bericht unter anderem Massenhinrichtungen und widerrechtliche Tötungen vorgeworfen. Durch Vertreibungen und das Niederbrennen von etwa 10.000 Häusern sind nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) mittlerweile mindestens 102.000 Menschen auf der Flucht. Vor allem einer in Bossangoa stationierten "Präsidententruppe" werden schwere Kriegsverbrechen vorgeworfen. Sie soll unter anderem an 11. Februar 2006 mindestens 30 Zivilisten getötet haben.

Weniger bedeutend als die UFDR ist eine zweite Rebellengruppe, die "Armée Populaire pour la Restauration de la République et la Démocratie" (APRD). Sie besteht aus der Präsidialgarde des gestürzten Präsidenten Félix Patassé, der die Zentralafrikanische Republik von 1993 bis 2003 beherrschte und aus Dorfmilizen in der nordöstlichen Provinz Ouham-Pendé. Die Rebellenarme hat etwa 1000 Mitglieder. 200 davon sind mit automatischen Gewehren ausgerüstet, der Rest kämpft teilweise mit selbst hergestellten traditionellen Waffen. Die schlechte Ausrüstung deutet darauf hin, dass die Gruppe bisher keine Unterstützung von ausländischen Mächten erfuhr. Ihr wird die Erhebung von "Kriegssteuern" und Viehdiebstahl vorgeworfen. Außerdem die Entführung von Mitarbeitern einer humanitären Hilfsorganisation. Die ARPD sieht sich selbst als Verteidiger der Dörfer gegen "Zaraguinas" - marodierende Gruppen aus dem Tschad, die Arabisch und Fulbe sprechen und sich auf Kindesentführung und Lösegelderpressung spezialisiert haben.

In der EU und der UN wird derzeit die Entsendung einer "Schutztruppe" in die Zentralafrikanische Republik und den Tschad diskutiert. Vor allem der neue französische Außenminister Kouchner, ein erklärter Interventionist, spricht sich für eine starke Truppenpräsenz in der ehemaligen französischen Kolonie aus.