Anti-Big-Brother

Ministerpräsident Beck spricht von Geschmacksverirrungen

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Die erste Staffel brachte die Medienschützer auf den Plan. Doch mit der kleinen auferlegten Verpflichtung, den Bewohnern eine Stunde am Tag ohne Kameras zu gewährleisten, konnte die Sendung wie geplant 100 Tage bei RTL2 laufen. Jetzt hat die zweite 106-tägige Big-Brother-Staffel begonnen, aber kein Medienschützer fühlte sich mehr berufen, diesem Treiben auf dem Bildschirm Einhalt zu gebieten. Viele der neuen Bewohner sehen sich jetzt schon als Star und langweilen die Fernsehzuschauer mit künstlichen Selbstdarstellungen vor den Containerkameras. Nacktheit ist nun nicht mehr natürlich, sondern wird von einigen Bewohnern regelrecht inszeniert. Und die Sendung ist tatsächlich für den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie "Beste Unterhaltungssendung" nominiert worden.

Um die Medienschützer (Auch Big Brother (BB) ist nicht allein ist es leiser geworden. Längst geht es nicht mehr darum, "ob" gesendet wird, sondern allenfalls "wie". Das Sendeformat an sich ist schon in den Alltag übergegangen. Ministerpräsident Kurt Beck aus Rheinland-Pfalz mit der Forderung auf Absetzung der Sendung und auch die CDU-Expertin Maria Böhmer, die noch die erste BB-Sendung als "Anschlag auf die Menschenwürde" (Big Brother: Schluss mit lustig?) ansah, lassen nichts mehr zu diesem Thema öffentlich verlauten. Gegenüber Telepolis äußerte sich Kurt Beck allerdings heute am Rande des Symposiums über den Digitalen Rundfunk im 21. Jahrhundert, dass Big Brother eine Geschmacksverirrung im Deutschen Fernsehen bleibe. Er bezeichnete es als eine "wirklich abenteuerliche Entwicklung, wenn die wirklich den Deutschen Fernsehpreis erhalten."

Bei den 14- bis 29-jährigen Zuschauern ist die seit dem 16. September laufende zweite Staffel der Sendung jedoch inzwischen Marktführer, was dem Hauptsponsor Bravo sehr gefallen dürfte. Für viele Jugendliche bietet Big Brother die Möglichkeit mitzureden und sich mit dem einen oder anderen Container-Bewohner zu identifizieren. Real-Life-Formate kommen bei den Jugendlichen außerordentlich gut an.

Besonders imponiert es Jugendlichen, dass dadurch selbst Typen wie Zlatko zum Star werden können. Das hat anscheinend auch die momentanen Bewohner motiviert, sich den Kameras im Haus noch stärker zu präsentieren. Da wird mal eben schnell gestrippt, ein kleiner direkter Plausch mit einer der im Haus vorhandenen 28 Kameras gehalten oder ein Selbstgespräch vor einem der 60 im Haus installierten Mikrofone geführt. Einer der Bewohner träumt schon von einer Boy-Group-Karriere. Die letzte Staffel hat allen Beteiligten gezeigt, dass sich das ursprüngliche Leben in jedem Fall verändert und die schnelle Mark nicht nur in der ausgelobten Siegprämie verdient werden kann.

Doch die Sendung "Big Brother" wird nicht nur von politischer Seite weiterhin kritisiert, bei Yahoo hat sich sogar ein Anti-Big-Brother-Forum gebildet. Unter dem Motto: "Endlich ein Forum gegen die Verblödung" tauschen sich Gleichgesinnte aus. So fragt sich "sladdi killer" öffentlich, wie lange man sich das noch antun müsse.

"Hallo liebe Normal-Menschen, denn diejenigen, die diesen Schwachsinn von BB sehen, sind meines Erachtens schon nicht mehr normal! Was kann man einem Publikum noch vor die Nase setzen, bis es endlich aufwacht, und erkennt, dass es hier nur um Verdummung geht? [...]
Gegen solche Ideenlosigkeit ist wirklich kein Kraut mehr gewachsen. Hier verdient sich nur einer eine goldene Nase, und das ist der Sender. Ich bin erstaunt, dass so viele Menschen ihr Geld auf diese dumme Art aus dem Fenster werfen. Vielleicht kommen diese Zuschauer selbst noch auf den Weg der Normalität zurück, es wäre schade, wenn diese Schwachmatensendung in deren Köpfen als etwas besonders einfallreiches hängen bleibt."