Arbeit im Rentenalter: Mehr als eine Million Menschen ab 67 noch erwerbstätig

Ein Rentner geht spazieren. Oder doch zur Arbeit?

Spaziergang oder Arbeitsweg? Symbolbild: Pixabay Licence

Jeder Fünfte erhält nach 45 Jahren weniger als 1.200 Euro Rente. BSW nennt Österreichs Rentenmodell als Alternative. Das sind die Unterschiede.

Neben der Forderung nach mehr Arbeitsstunden pro Woche sind aktuell auch Vorstöße in Richtung Erhöhung des Renteneintrittsalters keine Seltenheit: Zumindest, wer im Büro sitzt, soll nach Meinung des Gesamtmetall-Vorsitzenden Stefan Wolf sogar bis 70 arbeiten.

Immer mehr Menschen arbeiten jenseits der 67

Unterdessen arbeiten in Deutschland mehr als eine Million Menschen, die bereits 67 Jahre oder älter sind. Dies geht laut einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor, die das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) abgefragt hat. 1,049 Millionen Menschen ab 67 waren demnach im vergangenen Jahr erwerbstätig – Tendenz steigend: Im Jahr 2021 seien es rund 871.000 Menschen gewesen, vor zehn Jahren rund 660.000.

Das Gros für Wagenknecht nicht auf Selbstverwirklichung zurück, sondern darauf, dass Betroffenen die Rente nicht zum Leben reicht: Die ehemalige Linken-Politikerin bezeichnete es am Montag als politischen Skandal, dass jede fünfte Person im Rentenalter nach 45 Jahren weniger als 1.200 Euro Rente bekommt. Die Durchschnittsrente nach 45 Jahren liegt bei 1.604 Euro.

Weniger Altersarmut: Vorbild Österreich?

Wagenknecht nannte laut Medienberichten als Vorbild das Nachbarland Österreich, wo die Durchschnittsrente für langjährig Versicherte rund 800 Euro höher liege. "Was dort geht, muss auch bei uns möglich sein", so Wagenknecht.

"Wir brauchen höhere Renten nach dem Vorbild Österreichs und eine Rentensteuerbremse." Gemessen am EU-Durchschnitt sei das Rentenniveau in Deutschland um rund zehn Prozentpunkte zu niedrig.

Nicht nur höherer Beitrag: Unterschiede im Rentensystem

Die Unterschiede im Rentensystem bestehen nicht nur im höheren Beitragssatz, der in Österreich bei 22,8 Prozent liegt, sondern auch darin, dass er nicht paritätisch zwischen Unternehmen und Beschäftigten aufgeteilt ist. Arbeitgeber kommen für 12,55 Prozent auf, Beschäftigte für 10,25 Prozent.

In Deutschland liegt der Beitragssatz momentan bei 18,6 Prozent, Beschäftigte zahlen davon aber mit 9,3 Prozent ihres monatlichen Bruttolohns exakt die Hälfte – und müssen zudem nach 2025 mit steigenden Beitragssätzen rechnen.

Auch Beamte zahlen im Nachbarland ein

Hinzu kommt, dass Beamte und Selbständige in Österreich ebenfalls in die Rentenversicherung einzahlen. In Deutschland zahlen Beamte nicht ein und erhalten im Alter formell keine Rente, sondern ein steuerfinanziertes Ruhegehalt, das mit 65,6 des letzten Gehalts wesentlich höher liegt als eine Rente mit 48 Prozent.

Kritisiert wird an Wagenknechts Vergleich, dass sie nicht darauf eingehe, dass in Österreich erst nach 15 Versicherungsjahren eine Rente bezogen werden kann und auch deshalb die Durchschnittsrenten höher seien. Das Einkommen von Seniorinnen und Senioren mit niedrigen Versicherungszeiten setzt sich in Deutschland aus Rente und Sozialleistungen zusammen.