Asbest in Gebäuden: Gesundheitsrisiko und teure Altlast für Eigentümer
Asbest galt lange als Wunderbaustoff. Doch der krebserregende Faserstoff steckt noch immer in Millionen Häusern. Soll der Staat bei der Sanierung helfen?
Der Österreicher Ludwig Hatschek hatte die Faserzementplatte Ende des 19. Jahrhunderts erfunden und im Jahre 1900 als Verfahren zur "Herstellung von Kunststeinplatten mit hydraulischen Bindemitteln" zum Patent angemeldet.
Ab 1903 erfolgte der Vertrieb der Produkte aus Vöcklabruck unter dem Markennamen Eternit. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Eternit als das "beste Dach der Gegenwart" beworben, das "feuer- und sturmsicher, wetterfest, reparaturlos, leicht, vornehm und billig" sei.
Asbestbelasteter Faserzement steckte in der Folge in Dacheindeckungen aus gewellten oder ebenen Platten sowie künstlich hergestelltem Schiefer. Daneben kam er in Fassadenverkleidungen, Fensterbänken und in Rohren für alle Bereiche des Tief- und Hochbaus sowie Lüftungsrohren und Abgaskaminen zum Einsatz.
Auch Gartenartikel wie Blumenkästen wurden über viele Jahre aus Eternit gefertigt. Aber auch Produkte in welchen kaum jemand Asbest vermutet wie Fliesenkleber, Putze, Kitte und Spachtelmassen können asbesthaltig sein.
Als Asbest gefährlich wurde
Obwohl die Gefahren von asbesthaltigen Bauteilen schon Anfang der 1970er-Jahre bekannt geworden waren, wurden Faserzementplatten, auch Eternitplatten genannt, bis 1989 mit Asbest hergestellt und wurde in Deutschland erst im Jahre 1993 streng verboten. Wer ein Dach aus Faserzementplatten bis Baujahr 1991 besitzt, kann mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es asbesthaltig ist.
Asbestfasern werden erst dann wirklich gefährlich, wenn sie freigesetzt werden. Das kann jedoch auch ohne menschliche Aktivitäten geschehen, Asbestzement wird über die Jahre hinweg brüchig. Daher kann von einem alten Asbest-Dach oder einem alten Blumenkasten immer eine Gefahr ausgehen.
Zwar fällt man beim Einatmen von Asbestfasern nicht sofort tot um. Der Lungenkontakt mit Asbest kann jedoch lebensgefährlich sein und auch Jahrzehnte später zu Asbestose oder Rippenfellkrebs führen.
Eingeatmete Asbestfasern können je nach Konzentration und Dauer der Aufnahme durch Einatmen Asbestose, eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege und Lunge, auslösen. Asbestose wird schon seit 1936 als Berufskrankheit anerkannt. Die meisten Berufskrankheiten mit Todesfolge werden auch heute noch durch Asbest verursacht.
Da Asbestfasern tief in die Lunge eindringen und in angrenzende Gewebe und Organe wandern und dort nach ungefähr 30 Jahren Tumore in Kehlkopf, Lunge und anderen Organen bilden können, verursachte der berufsbedingte Umgang mit Asbest auch 2017 noch 63 Prozent aller Todesfälle infolge einer Berufskrankheit, wie das Nationale Asbestprofil Deutschland feststellt.
Asbest ist in bestehenden Gebäuden auch heute noch weitverbreitet
Asbest wird immer dann gefährlich, wenn Fasern freigesetzt und eingeatmet werden. Das gilt neben der natürlichen Verwitterung, zum Beispiel im Falle einer Renovierung, Sanierung oder einem Gebäudeabbruch.
Zur Orientierung beim Umgang mit Gebäuden aus dem Asbestzeitalter, die vor dem 31. Oktober 1993 gebaut oder ausgebaut wurden, sollte man sich über die Asbestgefahren informieren, sonst riskiert man, dass Menschen gefährdet und das Gebäude und seine Umgebung mit Fasern kontaminiert werden. Als erste Handreichung gibt es dafür die "Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua).
Fachleute unterscheiden bei Asbestprodukten zwischen schwach gebundenen Produkten wie Asbestpappe und fest gebundenen wie Asbestzement. Von Materialien und Produkte mit schwach gebundenem Asbest geht dabei eine konstante Gefahr aus, weil sie gerne Asbestfasern als feinen Staub abgeben.
Für Arbeiten mit asbesthaltigen Produkten gelten grundsätzlich die Asbestrichtlinien der einzelnen Bundesländer. Diese unterscheiden sich zwar im Detail, weil der Umgang mit Asbest im Föderalismus Ländersache ist. Sie besagen jedoch allgemein, dass nur Fachfirmen mit der notwendigen Sachkunde für die Sanierung von schwach gebundenem Asbest beauftragt werden dürfen.
Auch bei einem nur geringen Asbestgehalt, etwa in einem Putz, können durch Arbeiten, die Staub erzeugen, letztlich hohe Faserkonzentrationen in der Umgebung entstehen. Bei allen Arbeitsschritten bis zum Abtransport müssen deswegen Stäube unbedingt vermieden werden.
In der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 519 der baua ist festgelegt, welche Schutzmaßnahmen für Mensch und Umwelt bei Arbeiten mit Asbest getroffen werden müssen.
Warum gibt es keine Abwrackprämie für asbesthaltige Gebäude?
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt fordert von der Politik eine Förderung für Asbest-Sanierungen, um einen Anreiz zu schaffen, das gefährliche Material endgültig aus Altbauten entfernen zu lassen. Nach ihrer Aussage wurde Asbest in der Zeit zwischen 1950 und Ende 1980, als das Material als Baustoff gedient hatte, in rund 9,2 Millionen Wohngebäuden in der Bundesrepublik eingesetzt.
Die Förderung einer Asbest-Sanierung hält sich jedoch bislang in Grenzen. So können Eigentümer eine Asbest-Sanierung für eine selbstgenutzte Immobilie als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen. Außerdem können sie bis zu 20 Prozent der Handwerkerkosten steuermindernd verbuchen.
Infolge des Gebäude-Energiegesetzes muss man bei einem Austausch der Dacheindeckung inzwischen auch eine Dämmung des Daches vornehmen und wenn der zur Verfügung stehende Raum weder für eine Zwischen- noch für eine Untersparrendämmung ausreicht, muss das benötigte Volumen durch eine genehmigungspflichtige Anhebung des Dachstuhls bzw. Kniestocks mit Aufmauerung gesichert werden.
Ob diese Anhebung genehmigt wird, hängt von der zuständigen Gebietskörperschaft ab, erhöht jedoch in jedem Fall die Sanierungskosten und der Sanierungswillige muss sich auch um die PV-Pflicht bei Neubauten und Dachsanierungen kümmern.