Forscher entwickeln "grünen" Beton ohne CO2-Ausstoß
Forscher entwickeln umweltfreundlichen Biobeton ohne CO2-Ausstoß. Neues Verfahren setzt auf Cyanobakterien als Grundlage. Kann Bauen bald zum Klimaschutz beitragen?
Beton spielt im modernen Bauwesen eine wichtige Rolle. Doch neben vielen positiven Eigenschaften hat Beton einen entscheidenden Nachteil: Bei seiner Herstellung entstehen große Mengen Kohlendioxid. Der Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen beträgt rund sieben Prozent.
Verursacher ist hauptsächlich der Zement, ein Hauptbestandteil von Beton. Allein in Deutschland emittierte die Zementindustrie nach Angaben des Umweltbundesamtes im Jahr 2018 rund 20 Millionen Tonnen Kohlendioxid – etwa fünf Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland und rund 16 Prozent der Emissionen der Industrie.
Forscher arbeiten intensiv daran, Beton mit neuen Technologien "grün" zu machen. Im Mai wurde ein Verfahren vorgestellt, bei dem die Herstellung von Zement und Stahl zusammengelegt wird, was den CO2-Ausstoß auf nahezu Null reduzieren könnte.
Forscher entwickeln grüne Alternativen zu herkömmlichem Beton
Deutsche Forscher haben nun ein Verfahren für Biobeton entwickelt, das ganz ohne Zement auskommt. Dabei wird nicht nur kein Kohlendioxid freigesetzt, sondern sogar im Baustoff gebunden. Auch US-Wissenschaftler haben ein Verfahren vorgestellt, mit dem CO2 in Beton gebunden werden kann. Mit diesen Verfahren könnte das Bauen in Zukunft sogar aktiv zum Klimaschutz beitragen.
Das Verfahren zur Herstellung von Biobeton haben Forscher der Fraunhofer-Institute für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) und für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) entwickelt. Unter dem Namen "BioCarboBeton" könnte das Gemisch noch von sich reden machen.
Biobeton: Wie Cyanobakterien den Baustoff revolutionieren könnten
Grundlage des Verfahrens sind Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt. Sie bilden seit Jahrmillionen im Zusammenspiel von Licht, Feuchtigkeit und den richtigen Temperaturen Kalkstein und formen dabei Stromatolithen, biogene Sedimentgesteine. Den Forschern ist es gelungen, diesen natürlichen Prozess in einem technischen Verfahren nachzuahmen.
Dabei werden Cyanobakterien in einer Nährlösung kultiviert, in der sie sich durch Fotosynthese vermehren. Damit sie Stromatolithen bilden können, wird eine Calciumquelle wie Calciumchlorid zugegeben. Werden anschließend Zusatz- und Füllstoffe wie Sand, Basalt oder nachwachsende Rohstoffe zugesetzt, entstehen durch Mineralisierung gesteinsartige Feststrukturen.
Dabei wird Kohlendioxid aus der Atmosphäre fixiert und im Material gebunden. Zusätzlich kann CO2 aus industriellen Prozessen in das Gemisch eingebracht und so gespeichert werden.
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Die homogen gemischte Bakterienmasse wird in Formen gefüllt und verfestigt sich durch weitere Mineralisierung. Alternativ können auch poröse Substrate hergestellt werden, die anschließend mit der Cyanobakterienkultur behandelt werden.
Durch gezielte Auswahl der Füllstoffe und Steuerung der Prozessparameter lassen sich Produkte für unterschiedliche Anwendungsszenarien herstellen, vom Dämmstoff über Ziegel bis zu Mörtel oder Fassadenputz. Das Forscherteam arbeitet nach eigenen Angaben nun daran, die Mengen zu skalieren und die gewünschten Festkörpereigenschaften zu bestimmen, um das Verfahren für Hersteller wirtschaftlich zu machen.
CO2 in Beton speichern: US-Forscher optimieren Herstellungsprozess
Ein Forscherteam der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois hat eine weitere Möglichkeit gefunden, Kohlendioxid in Beton zu speichern, ohne dessen Festigkeit zu beeinträchtigen. Statt einer normalen wässrigen Lösung wird im Herstellungsprozess eine mit CO2 angereicherte Lösung verwendet. Mit anderen Worten: Statt klarem Wasser wird kohlensäurehaltiges Wasser für die Herstellung verwendet.
In Laborexperimenten konnte so eine CO2-Speichereffizienz von bis zu 45 Prozent erreicht werden. Mit dem neuen Verfahren wollen die Forscher die CO2-Emissionen der Zement- und Betonindustrie, die für acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, zumindest teilweise kompensieren.
Bisherige Ansätze, bei denen CO2 entweder in ausgehärtete Betonsteine injiziert oder direkt bei der Betonherstellung beigemischt wird, hatten mit einer geringen Speichereffizienz, einem hohen Energieverbrauch und einer geschwächten Betonfestigkeit zu kämpfen.
Bei dem neuen Verfahren der Northwestern University wird das CO2 zunächst in Wasser mit etwas Zementpulver eingebracht. Diese kohlensäurehaltige Suspension wird dann mit den anderen Zutaten vermischt. Auf diese Weise erreichten die Forscher eine hohe Konzentration von Kalziumkarbonat-Mineralen im Beton, ohne dessen Festigkeit zu beeinträchtigen.
Die Studien zeigen, dass in der Zement- und Betonindustrie noch viel Potenzial steckt, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Sei es durch neuartige Biomaterialien oder durch die Optimierung bestehender Prozesse. Gerade angesichts des immensen Bedarfs an Baustoffen für die Infrastruktur könnten solche Innovationen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.