Asche auf ihr Haupt

Tagebau "Vereinigtes Schleenhain". Bild: High Contrast. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Über kreative Abfallbeseitigung, die christlich-soziale Liebe zum Auto und die kognitiven Dissonanzen rechter Politiker

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Der sächsische Landtagsabgeordnete Gerd Lippold wirft den dortigen Landesbehörden und den Betreibern der Braunkohlekraftwerke rechtswidrige Entsorgung der Flugasche sowie der Filterrückstände ihrer Anlagen vor. Letzte Woche hat der grüne Politiker daher bei der Staatsanwaltschaft Leipzig Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des "Verdachts auf unerlaubten Umgang mit Abfällen" erstattet.

Im Freistaat zeigt man sich nämlich besonders kreativ bei der Beseitigung der Kraftwerks-Hinterlassenschaften. Was anderswo teuer auf speziellen Deponien verwahrt wird, verbaut man dort einfach in "Landschaftsbauwerken", wie in der "Spreyer Höhe" in der ostsächsischen Gemeinde Boxberg oder verfüllt damit Tagebaulöcher wie im Tagebau "Vereinigtes Schleenhain" in der Nähe Leipzigs.

Dort, so Lippold in einer Presseerklärung, würden die hochgradig belasteten Abfallstoffe mit dem Grundwasser in Kontakt kommen. Das wäre durchaus problematisch, denn die Asche und das bei der Entschwefelung anfallende Restwasser sind mit allerlei Schadstoffen wie Cadmium, Quecksilber, Arsen, Blei, Uran und anderem versetzt.

In einer Antwort auf eine kleine Anfrage Lippolds räumt das sächsische Umweltministerium ein, dass im Tagebau "Vereinigtes Spreenhain" seit 1999 8,4 Millionen Tonnen Abfallstoffe eingelagert wurden. Weitere 16,5 Millionen Tonnen landeten demnach im "Landschaftsbauwerk" - anderswo hieße derlei Halde - "Spreyer Höhe". Bisher. Jährlich fallen in Sachsens Braunkohlekraftwerken weitere zwei Millionen Tonnen Kraftwerksasche an.

In der besagten Antwort lässt das Umweltministerium wissen, dass der ebenfalls bei der Entschwefelung anfallende, mit Quecksilber belastete Gips zum Teil als Baustoff eingesetzt werde. Eine Anfrage bei den zuständigen Bundesbehörden habe ergeben, dass es dafür keine Zulassung gibt.

Beachtliche 4,563 Tonnen Quecksilber waren im Jahre 2013 in der im Kraftwerk Lippendorf bei Leipzig verbrannten Braunkohle enthalten, so das Umweltministerium. Zehn Prozent davon landeten im Gips, 69 Prozent im Restwasser, wurden also zur Verfüllung des Tagebaus eingesetzt, und 16 Prozent, also rund 0,75 Tonnen, wurden mit dem Rauchgas direkt an die weitere Umgebung abgegeben.

Der Umgang mit dem Gips ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Lippold mit seinen Vorwürfen Recht haben könnte. Wie es aussieht, hat man sich im Umweltministerium erst aufgrund seiner Nachfrage erkundigt, ob der Gips überhaupt als Baustoff verwendet werden darf. Außerdem verweist Lippold darauf, dass die Landesregierung die Beseitigung der Abfälle auf Grundlage des Bergrechts regle.

Das sei aber nicht zulässig, da es sich bei den fraglichen Materialien nicht um Reststoffe des Bergbaus sondern industrieller Prozesse handele. De Abgeordnete forderte die Landesregierung auf, umgehend mit Probebohrungen festzustellen, ob bereits Schadstoffe ausgetreten seien.

Betonmischer

Über den ungebrochenen Autowahn des Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU), manifestiert im neuen Bundesverkehrswegeplan, haben wir ja bereits berichtet. Insgesamt sind für Neubau, Erhaltung und Ausbau der Verkehrswege bis 2030 269,6 Milliarden Euro vorgesehen.

Hinzu kommen noch weitere gut 40 Milliarden Euro, die nach 2030, dem Zieljahr der Planung, für angefangene Projekte fällig werden. Von den genannten Mitteln entfallen 49,3 Prozent auf die Straße, 41,6 Prozent auf die Schiene und auf die Wasserstraße 9,1 Prozent. Beim Punkt Neu- und Ausbau ist der Anteil der Straße mit 53,6 Prozent noch etwas höher. Das Auto bleibt also des Verkehrsministers liebstes Kind.

Stau auf der A 81 bei Rottenburg. Bild: Alexander Blum, Public Domain

Der Bund für Umwelt und Naturschutz bezeichnet das vom Bundeskabinett gebilligte Dobrindt-Papier als gesetzwidrig und als einen "Anti-Klimaschutzplan". Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei eine Farce gewesen, und obwohl vom Gesetz vorgeschrieben, seien bei keinem der über tausend Fernstraßenprojekte Alternativen ausreichend geprüft worden.

Der Verband spricht von schweren methodischen Fehlern in der Planung und gar von Manipulationen an verschiedenen Gutachten wie zum Beispiel bei der Expertise zum Weiterbau der A20 im Süden Schleswig-Holsteins. Dobrindt habe wie ein Gutsherr aus dem vorigen Jahrhundert geplant, der seinen Günstlingen Gefälligkeiten erweisen wolle, wird der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger in einer Stellungnahme des Verbandes zitiert. (Die Position des Bundesverkehrsministers findet sich hier.)

Auch von der parlamentarischen Opposition kommt viel Kritik. Bei der Linkspartei heißt es, dass von Klimaschutz keine Rede mehr sein könne. Die Umsetzung des Plans werde zu mehr Autoverkehr führen. Bei den Grünen meint man, "Betonmischer" hätten sich durchgesetzt. Der Plan sei ein Instrument zur Beglückung von Wahlkreisen der Koalition.

Der Bundesverkehrswegeplan mit den Ausbaugesetzen für Straße, Schiene und Wasserstraße enttäuscht auf ganzer Linie. War die Grundkonzeption noch recht fortschrittlich, so ist im Ergebnis wenig davon übrig geblieben. Die Prioritäten sind falsch gesetzt, vorrangig werden Autobahnen und Bundesstraßen aus- und neugebaut. Jede kleine Ortsumfahrung mit erwarteten 3000 Autos am Tag wurde aufgenommen, während regionale Schienenprojekte fehlen.

Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag