Atomare US-Alleingänge und die Debatte um die Nukleare Teilhabe
- Atomare US-Alleingänge und die Debatte um die Nukleare Teilhabe
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Keines der Argumente, die von Befürwortern der Nuklearen Teilhabe ins Feld geführt werden, hält einer näheren Überprüfung stand
Die "Nukleare Teilhabe" (NT) und die damit zusammenhängende Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland gilt vielen Politikern und Militärs als eine Art heilige Kuh, die unter keinen Umständen geschlachtet werden darf. Dementsprechend aufgeregt fielen die meisten Reaktionen aus, als sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich Anfang Mai 2020 mit kritischen Äußerungen an die Öffentlichkeit wagte: "Atomwaffen auf deutschem Gebiet erhöhen unsere Sicherheit nicht, im Gegenteil."
Der SPD-Fraktionschef verwies dabei völlig zu Recht darauf, das - ohnehin seit eh und je hochgradig fragwürdige - Konzept habe sich spätestens seit Amtsantritt der US-Regierung von Donald Trump endgültig überholt. Seine damit zusammenhängende Forderung nach einem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland brachte ihm nicht nur aus der CDU, sondern teils auch aus den eigenen Reihen scharfe Kritik ein.
Bei näherer Betrachtung hält aber keines der Argumente, die von Befürwortern der Nuklearen Teilhabe ins Feld geführt werden, einer näheren Überprüfung stand. Spätestens mit der jüngst erfolgten Stationierung neuer U-Boot-Atomwaffen bricht das Argumentationsgebäude für die Nukleare Teilhabe nun endgültig in sich zusammen.
Nukleare Teilhabe: Anfänge und Stand
Das Bindeglied zwischen der US-Nuklearstrategie und derjenigen der NATO ist die Nukleare Teilhabe. Mit ihr sollen die Mitglieder politisch in die Strategieplanung und technisch in den etwaigen Einsatz von US-Atomwaffen im Rahmen der NATO eingebunden werden: Auf der politischen Ebene soll - idealtypisch - innerhalb der seit Dezember 1966 existierenden "Nuklearen Planungsgruppe" (NPG) die Nuklearstrategie des Bündnisses und die Rolle der US-Atomwaffen besprochen werden.
Was die technische Dimension anbelangt, so geht es dabei darum, dass einige Mitgliedsstaaten sich bereit erklärt haben, nicht nur US-Atomwaffen auf ihrem Boden zu stationieren, sondern auch entsprechende Trägersysteme (Flugzeuge) und Mannschaften zu stellen, um diese Bomben bei Bedarf ins Ziel zu bringen. Ungeachtet der politischen Debatten innerhalb der NPG verbleiben allerdings die zentralen Entscheidungsbefugnisse über einen etwaigen Atomwaffeneinsatz - insbesondere die Codes zum Scharfmachen der Bomben - in den Händen der USA.
Aktuell sind fünf NATO-Staaten - Deutschland, Italien, Belgien, die Niederlande und die Türkei - in die Nukleare Teilhabe eingebunden, wobei Schätzungen zufolge - die Daten unterliegen der Geheimhaltung - insgesamt zwischen 150 und 200 taktische US-Atomwaffen in diesen Ländern lagern.
Hierzulande reichen die Anfänge der Nuklearen Teilhabe viele Jahrzehnte zurück: Nachdem erste US-Atomwaffen wohl bereits im März 1955 in Deutschland stationiert worden waren, beschloss der Bundestag am 25. März 1958 nach heftigen Debatten auch offiziell die Beschaffung nuklearer Trägersysteme und die Stationierung von Atomwaffen. Inzwischen sind es wohl noch 20 US-Atomwaffen, die in Büchel (Rheinland-Pfalz) lagern, wobei noch im Jahr 2010 einem Antrag von allen damals im Bundestag vertretenen Fraktionen zugestimmt wurde, der ihren Abzug forderte:
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, […] sich auch bei der Ausarbeitung eines neuen strategischen Konzepts der NATO im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten mit Nachdruck für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen.
Augenscheinlich hat sich aber der Wind inzwischen erheblich gedreht: Spätestens mit der Eskalation der westlich-russischen Beziehungen im Zuge der Ukraine-Krise ab 2014 erfreute sich die Nukleare Teilhabe wieder größter Beliebtheit.
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