Atomkriegsgefahr in Korea

Auch wenn es nur ein Säbelrasseln sein sollte, so droht eine neue Rüstungsspirale in Fernost

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Seit Wochen dauert die Atomkrise um Korea an. Der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un hat Südkorea, Japan und den USA wiederholt mit einem Krieg gedroht und dabei selbst den Einsatz von Atomwaffen nicht ausgeschlossen. Ob er die dazu notwendigen Raketen und Atomgefechtsköpfe verfügt, ist unter Experten umstritten. Es heißt, wahrscheinlich ist alles nur Säbelrasseln aus innenpolitischen Machterhaltungsgründen. Jedenfalls ist der diplomatische Flurschaden schon jetzt gewaltig. In Fernost droht eine neue Rüstungsspirale.

Soviel Bellizismus gab es noch nie. Der nordkoreanische Diktatorenschnösel Kim Jong Un hat bekanntlich eine Vorliebe für "Walt Disney"-Comics: "Piff", "Paff", "Puff", "Boiiing!" und "Wummm!". Er drohte innerhalb von zwei Wochen gleich drei Nachbarstaaten mit Krieg und schloss selbst einen Ersteinsatz von Atomwaffen nicht aus. Die internationale Staatengemeinschaft war diesem provokativen Rausch ziemlich hilflos ausgeliefert. Man versuchte, die Politik des fröhlich-frechen Tyrannenknaben noch als "rational" darzustellen, suchte nach innenpolitischen Rechtsfertigungen für dessen Verhalten und war sichtlich bemüht, die eigene Zivilbevölkerung zu beruhigen: Dem großspurigen Tyrannen würden schlicht die militärisch-technischen Mittel fehlen, um seine deklarierten Absichten in die Tat umsetzen zu können. Alles sei nur eine mediale Inszenierung, die sich seit Jahrzehnten jedes Frühjahr in abgeschwächter Form wiederholen würde, wenn die südkoreanisch-amerikanischen Militärmanöver beginnen.

So sprach die US-Regierung am 30. März von einer "langen Geschichte der Kriegsrhetorik und Drohungen". Dies ist aber nur bedingt richtig, schließlich schickten die Nordkoreaner auch noch einen Satelliten ins All, testeten ihre erste Uran-Bombe und lösten damit ein allgemeines Wettrüsten auf der koreanischen Halbinsel und in der ganzen Region aus. Gleich mehrere Staaten versetzten ihre Streitkräfte in Alarmbereitschaft.

Wie groß die gegenwärtige Atomkriegsgefahr tatsächlich ist, werden die Historiker erst in ein paar Jahrzehnten herausarbeiten können. Wenn man heute danach fragt, hängt die Antwort davon ab, wen man gefragt hat. Während die Militärexperten vor der internationalen Atomkriegsgefahr warnen, meinen die Regionalexperten für Korea, dass das Propagandagetöse aus Nordkorea bloß innenpolitischen Zwecken diene. Jedenfalls ist man seit Beginn der Krise von staatlicher Seite bemüht, die reale Gefahr eines Atomkrieges nicht allzu sehr ins öffentliche Bewusstsein eindringen zu lassen. Schließlich müssen die Regierungen in den USA, Südkorea und Japan eine landesweite Massenpanik befürchten. Außerdem "droht" eine Erosion der internationalen Akzeptanz von Atomwaffen.

Politik am Rande des Abgrunds

"Brinkmanship" nennt man diese "Politik am Rande des Abgrunds" seit Beginn des Kalten Krieges zu Anfang der fünfziger Jahre. Der damalige US-Außenminister John Forster Dulles meinte damit die Bereitschaft zur Durchsetzung politischer Interessen auch eine Krise zu provozieren, die sogar einen (Atom-)Krieg billigend in Kauf nimmt. Mithin ein gefährliches "Spiel mit dem Feuer".

Im Verlauf des Kalten Krieges hatte es wiederholt solch eine Atomkriegsgefahr gegeben (1956, 1962, 1967, 1973, 1983, etc.). aber oft unterlagen sie strengster militärischer Geheimhaltung, etwa als der amerikanischer General Douglas McArthur im Koreakrieg Atomwaffen einsetzen wollte, oder die Nukleardrohungen wurden in wohlgesetzten Worten mehr oder weniger verklausuliert ausgesprochen, wie bei der Fernsehansprache von US-Präsident John F. Kennedy am 22. Oktober 1962, die den Auftakt zur Kubakrise bildete. Aber so direkt und unverfroren wie Kim Jong Un hat noch kein militärpolitischer Machthaber mit einem Atomkrieg gedroht.

Während des Kalten Krieges konnte der Ausbruch eines nuklearen Krieges letztendlich immer wieder vermieden werden. Dieser Erfolg war manchmal das Ergebnis eines rationalen Krisenmanagements, manchmal war es schlichtweg "Glück", wie der frühere US-Verteidigungsminister Robert McNamara einmal einräumte.

Wer sich auf "Brinkmanship" einlässt, muss seinen Gegner genau kennen. Das nordkoreanische Regime wird das Verhalten von US-Präsident Barack Obama in den Konfliktlagen in Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien genau studiert haben - mit dem Ergebnis, dass sie mit einem solchen Präsidenten ein "war game" wagen können. Aber wer "Brinkmanship" erfolgreich betreiben will, muss seine Eskalationsdominanz sicherstellen, die diplomatischen Regeln perfekt beherrschen und seinen Apparat unter Kontrolle haben. Davon kann im Fall von Nordkorea nicht die Rede sein.

In jedem Fall bleibt ein "Restrisiko" durch menschliches Versagen, Desinformation oder einem technischen Störfall, das einen Fehlalarm auslöst, der zu einem "Krieg aus Irrtum" (engl. accidental war) führen kann. So warnte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am 9. April 2013: "Ein kleiner Zwischenfall, verursacht durch einen Fehlschlag beziehungsweise einen Fehler, kann dazu führen, dass die Situation unkontrollierbar wird."

Tatsächlich kam es in den letzen Wochen bereits zu kleineren Zwischenfällen:

  • Am 26. März 2013 warf ein südkoreanischer Wachsoldat im Landkreis Hwacheon eine Handgranate, weil er meinte, in einem Gebüsch habe sich etwas bewegt. Daraufhin wurden die südkoreanischen Truppen vor Ort für mehrere Stunden in erhöhte Gefechtsbereitschaft ("Chindoge-1") versetzt.
  • Am 10. April verbreitete der Zivilschutz der japanischen Stadt Yokohama (3,7 Millionen Einwohner) eine Falschmeldung über einen angeblichen nordkoreanischen Raketenstart und löste damit eine lokale Massenpanik aus. "Es liegen Informationen über einen Raketenstart aus Nordkorea vor", lautete die vorproduzierte Meldung für den Fall der Fälle, die versehentlich online gestellt worden war. Erst nach zwanzig Minuten wurde der Fehler bemerkt.
  • Am 11. April gab es erneut Fehlalarm: Die Luftfahrbehörde in der japanischen Stadt Fukuoka meldete irrtümlich den Start einer nordkoreanischen Rakete. Die Warnung wurde an alle Flugsicherheitszentren gesendet. Nach vier Minuten erfolgte das Dementi.
  • Am 13. April folgte der dritte Raketenfehlalarm innerhalb von vier Tagen: Ein japanischer Beamter der Luftfahrtbehörde in Osaka wollte eigentlich eine Warnung wegen eines kleinen Erdbebens herausschicken, das am gleichen Tag den Westen Japans erschütterte. Stattdessen verschickte er eine in Erwartung eines nordkoreanischen Angriffs vorbereitete Raketenwarnmeldung an 87 Flughafenbüros. Daraufhin wurde zumindest ein Inlandflug verschoben. Nach sechs Minuten wurde der Irrtum bemerkt und die Falschmeldung zurückgezogen.

Zur Zeit bereitet das nordkoreanische Militär den (Salven-)Abschuss von mehreren Kurz- und Mittelstreckenraketen vor. Vermutlich handelt es sich "nur" um Raketentests, aber wenn die Raketen auf Japan zufliegen, wer kann dann innerhalb weniger Minuten feststellen, dass es sich nur um "Tests" handelt?

Die bisherigen "Pannen" hatten keine negativen Auswirkungen, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass sich noch gravierende Fehler oder Fehleinschätzungen ereignen oder ereignet haben, über die die Öffentlichkeit bisher nicht informiert wurde. Am 3. April gab sich US-Verteidigungsminister "Chuck" Hagel in einer Rede vor der National Defense University in Washington selbstkritisch: "Wir nehmen diese Bedrohung ernst. Man braucht nur einmal falsch zu liegen, und ich möchte nicht der Verteidigungsminister sein, der falsch liegt."

Außerdem erhöht sich mit dem Andauern der Krise die Gefahr eines Präventiv- oder Präemptivschlag. So gab der südkoreanische Verteidigungsminister Kim Kwan Jin am 1. April 2013 bekannt, dass Südkorea einen Plan zur aktiven Zügelung Nordkoreas ausgearbeitet habe, der u. a. einen Präemptivangriff vorsieht. Hinzu kommt, dass aufgrund der geringen strategischen Tiefe auf der koreanischen Halbinsel, der hohen Truppenkonzentration und der Mobilität der Streitkräfte beider Seiten die volle Gefechtsbereitschaft innerhalb von Stunden oder Tagen hergestellt und ein Angriff beginnen kann.

Auch im amerikanischen Kongress reden die Republikaner - nach einer Spiegel-Meldung vom 11. April 2013 – "immer lauter von einer militärischen Option." Möglich ist, dass auch einige US-Militärs entsprechende Überlegungen anstellen und einen Präventivkrieg befürworten, solange das nordkoreanische Atomarsenal noch nicht voll einsatzfähig ist und das Land noch nicht über eine funktionierende Interkontinentalrakete verfügt, mit der das US-Territorium angegriffen werden kann.

Davon ist in den bürgerlichen Massenmedien wenig zu hören. Stattdessen wird lieber betont, mit welcher stoischen Gelassenheit die Zivilbevölkerung in der südkoreanischen Metropole Seoul (9,8 Millionen Einwohner) auf die Drohungen aus Nordkorea reagieren. Die "Spiegel"-Korrespondentin Heike Sonnenberger berichtete aus Seoul:

Die Drohungen aus Kim Jong Uns Machtzirkel seien im Moment zwar lauter, aber nicht viel aggressiver als sonst, sagt eine Amerikanerin, die in Südkorea seit drei Jahren für eine Nachrichtenagentur arbeitet und ihren Namen lieber nicht nennen will. "Wenn sie plötzlich still wären, dann wäre etwas faul." Doch die Kims würden nichts unternehmen, was ihre Macht gefährden könnte. Und einen Krieg, so glaubt sie, würde das Regime nicht überstehen.

Aber auch "Ruhe" kann eine Form von Massenhysterie sein. Die Szenerie erinnerte an die Situation in der japanischen Hauptstadt im Jahre 2011, als die Bevölkerung ihren belanglosen Alltagsgeschäftigkeiten nachging, während ein paar Kilometer weiter zwei, drei Atomreaktoren explodierten. "Das ist nur eine eskalierende Serie rhetorischer Stellungnahmen. Die Frage ist, mit welchem Ende," erklärte die Pressesprecherin des US-Außenministeriums Viktoria Nuland am 5. April. Diese Frage stellt man sich auch in Deutschland: Nach einer Meinungsumfrage vom 9. April glaubten 31 Prozent der Deutschen, dass der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un seine Androhung eines Atomangriffs wahrmachen werde, gleichzeitig äußerten 54 Prozent, sie hätten Angst vor einem möglichen Krieg auf der koreanischen Halbinsel.

Zur Interpretation dieser Umfrageergebnisse ist anzumerken, dass die Berichterstattung in den bürgerlichen Massenmedien bescheiden ist. Nicht nur werden der Öffentlichkeit – wie üblich – die militärisch relevanten Informationen vorenthalten, in den Nachrichtensendungen der staatlichen Fernsehsender wird die Koreakrise möglichst kurz abgehandelt. In Einzelfällen überschritt die Berichterstattung zur Koreakrise die Grenze zum Schwachsinn. So fühlte sich Gregor Peter Schmitz auf "Spiegel Online" an ein Basketballmatch erinnert und Philipp Abresch, einer der berüchtigten "ARD"-Auslandskorrespondenten, bezeichnete den Konfliktverlauf im Morgenmagazin schlicht als "Theateraufführung".

Spekulationen über Motivationslage

In der Zeit des Kalten Krieges haben die Kremlologen der CIA versucht, durch akribische Auswertung sowjetischer Quellen herauszufinden, was innerhalb der kommunistischen Führungszirkel für Machtkämpfe tobten. So wurde bei Militärparaden auf dem Roten Platz aufmerksam registriert, wer in welcher Reihenfolge neben wem auf dem Lenin Mausoleum stand. Aber die kommunistische Dynastie in Nordkorea verweigert selbst solch kleine Einblicke in ihre Herrschaftssphäre.

Nach dem plötzlichen Herztod seines Vaters trat Kim Jong Un im Dezember 2011 dessen Nachfolge an. Diese Personalie musste überraschen, da Kim Jong Un mit dreißig Jahren noch relativ jung war. Außerdem wurde ihm Vorrang vor zwei älteren Brüdern eingeräumt. Soweit bekannt gab es innerhalb der Militärführung durchaus Widerstände gegen die Ernennung des roten Thronfolgers.

Doch Kim Jong Un verstand es, in seinem ersten Amtsjahr neue Akzente zu setzen. Zwar konnte er die Mangelwirtschaft nicht beseitigen und auch am nordkoreanischen Gulag-System mit 200.000 Internierten hat sich nichts geändert, aber dennoch machte sich in Nordkorea eine gewisse Aufbruchsstimmung breit, was auch auf die humaneren Umgangsformen des neuen Machthabers zurückzuführen ist. Für einen orthodoxen Kommunisten ungewöhnlich setzte er auf wirtschaftlichem Gebiet die Privatisierungspolitik fort. Bauern und Kleinhändler können ihre Produkte feil bieten und einen Teil des Gewinnes behalten, so dass sich im Land allmählich eine Mittelschicht herausbildet. Außerdem begann er im Rahmen der so genannten "Maßnahmen des 28. Juni" die staatliche Planwirtschaft zu liberalisieren. Nicht zuletzt weckte seine Neujahrsansprache zum 1. Januar 2013 Hoffnungen, dass er eine neue Öffnungspolitik gegen Südkorea anstreben würde.

Rätselraten um die Absichten von Kim Jong Un

Umso mehr musste überraschen, dass er wenige Wochen später aggressive, militaristische Drohungen gegenüber Südkorea, Japan und den USA aussprach. Aber nur wenige sehen darin echte Aggressionsabsichten. Politische Beobachter vermuten, dass dies alles nur eine mediale Inszenierung ist, um seine Machtposition nach innen zu stärken. Möglicherweise will sich Kim Jong Un nur als militärischer Führer aufspielen, der es sogar wagt, sich mit den USA anzulegen, um dadurch die Loyalität seiner Militärs einzufordern.

Die Militärs sind neben der Partei der Arbeit (PdAK) eine der beiden wichtigsten Machtzentren innerhalb des nordkoreanischen Herrschaftssystems. Anscheinend will Kim Jong Un deren Machteinfluss zurückdrängen, um durch Kosteneinsparungen bei den Militärausgaben die wirtschaftliche Entwicklung ankurbeln zu können, heißt es in den Medien. Aber dieses Argument kann nicht wirklich überzeugen. Warum sollten gerade die Militärs aus einer militärpolitischen Krise, die "erfolgreich" im Sinne des Regimes bewältigt wurde, geschwächt hervorgehen, schließlich hat gerade das nordkoreanische Propagandagetöse die Rüstungspolitik in Südkorea und Japan erneut angeheizt.

Außerdem wird spekuliert, Kim Jong Un könnte auf die USA nur deshalb Druck ausüben, um diese zu einer neuen Verhandlungsrunde zu zwingen. Dabei dürfte es nicht mehr nur um humanitäre Hilfe zur Überwindung der Wirtschafts- und Versorgungsprobleme in Nordkorea gehen. Vielmehr wäre ein mögliches Ziel solcher Unterredungen die Unterzeichnung eines Friedensvertrages als Minimalbedingung für die Fortexistenz des Regimes vor dem Hintergrund des amerikanischen Geredes über einen "regime change" in diesem oder jenem Schurkenstaat. Solche Verhandlungen dürften sehr schwierig sein, da die Nordkoreaner gerade in ihrem Atomarsenal die einzige Möglichkeit sehen, sich die Amerikaner militärisch vom Hals zu halten, während umgekehrt die USA gerade in dem nordkoreanischen Atompotential die größte Gefahr für sich selbst sehen.

Es bleibt abzuwarten, wie die Krise ausgehen wird. Der neue CIA-Direktor John O. Brennan erklärte am 11. April gegenüber dem Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses:

Kim Jong-un has not been in power all that long, so we don't have an extended track record for him like we did with his father and grandfather. That's why we are watching this very closely and to see whether or not what he is doing is consistent with past patterns of North Korean behavior.

Da es in Nordkorea weder eine politische Opposition noch eine unabhängige Presse gibt, das totalitäre Regime die öffentliche Meinung somit komplett steuern kann, könnte Kim Jong Un von heute auf morgen eine Abkehr von seiner Kriegsrhetorik vollziehen und sich als vermeintlichen "Sieger" präsentieren. In diesem Sinne hat Kim Jong Un tatsächlich nichts zu verlieren.

Krisenverlauf

  • 12. Dezember 2012: Die Trägerrakete Unha-3 beförderte erstmals einen Satelliten, Kwangmyŏngsŏng-3, ins All. Welche Funktion der zivile Himmelskörper hat, dessen Gewicht auf rund 100 kg geschätzt wurde, blieb unklar. Nach dem Abschuss bargen die US-Geheimdienste Reste der Trägerrakete aus dem "Gelben Meer", um sie im Rahmen der "foreign material exploitation" auszuwerten. Wahrscheinlich handelte es sich bei dem vermeintlichen Satellitenstart um den verkappten Test einer militärischen Interkontinentalrakete. Mit dem Test hat Nordkorea gegen eine entsprechende UN-Resolution verstoßen. Der Vizechef des Auswärtigen Ausschusses der russischen Duma kritisierte den Test: "Dieser Start bedroht zweifellos die nationale Sicherheit Russlands, denn er hat in unmittelbarer Nähe von der russischen Grenze stattgefunden." Im Nachhinein muss man den Beginn der akuten Atomkrise wohl auf diesen Tag zurückführen.
  • 20. Januar 2013: Der US-Präsident Barack Obama trat seine zweite Amtszeit an. Mehrere Schlüsselpositionen mussten neu besetzt werden. Zu den "Anfängern" gehören Verteidigungsminister Charles Timothy "Chuck" Hagel, Außerminister John Forbes Kerry und CIA-Direktor John O. Brennan.
  • 22. Januar: Der UN-Sicherheitsrat verschärfte seine Sanktionen gegenüber Nordkorea.
  • 29. Januar: Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un verhängte über sein Land den "Kriegszustand". Dies war überflüssig und musste überraschen, da der Koreakrieg am 27. Juli 1953 mit einem Waffenstillstand aber ohne völkerrechtlichen Friedensvertrag endete, so dass sich seitdem beide koreanischen Teilstaaten sowieso in einem dauerhaften "Kriegszustand" befinden.
  • 30. Januar: Drei Wochen nach Nordkorea trat auch Südkorea in den Kreis der Weltraumnationen ein: Der kleine Forschungssatellit Science and Technology Satellite-2C (STSAT-2C) wurde mit einer Trägerrakete KSLV-1 von Naro Space Center ins All geschossen. Der Satellit soll eine kleine Kamera zur Erdbeobachtung an Bord haben.
  • 12. Februar: Die nordkoreanischen Streitkräfte führten ihren dritten Atomwaffentest durch. Es soll sich erstmals um eine Uran-Bombe gehandelt haben. Die US-Geheimdienste starteten eine "air sampling"-Mission zur Sammlung von radioaktiven Fallout-Partikeln, weil sie so Rückschlüsse auf die Konstruktionsmerkmale der Bombe gewinnen wollten. Allerdings blieb die Inititative ohne Erfolg. In einer Dringlichkeitssitzung erklärte der UN-Sicherheitsrat, der Atomtest sei ein "eindeutige Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit".
  • 23. Februar: Die nordkoreanische Regierung beschuldigte Südkorea und die USA, einen "Aggressionskrieg" vorzubereiten, um das Land "isolieren und unterdrücken" zu können.
  • 25. Februar: Die neue südkoreanische Staatspräsidentin Park Geun Hye der konservativen Saenuri-Partei trat ihr Amt an. Sie ist die Tochter des früheren Junta-Generals Park Chung Hee, der 1979 vom eigenen Geheimdienst liquidiert wurde.
  • 1. März: Die südkoreanischen und amerikanischen Streitkräfte begannen mit ihren obligatorischen Frühjahrsmanövern. Die Übung FOAL EAGLE soll zwei Monate dauern. An dem Großmanöver nehmen rund 200.000 Soldaten beider Länder teil. Dazu fliegen die US-Streitkräfte ca. 10.000 GIs aus anderen Ländern ein. Hinzu kommen Atombomber der Typen B-52G/H Stratofortress und B-2A Spirit sowie ein Flugzeugträger. Die neue südkoreanische Staatspräsidentin Park Geun Hye erklärte gegenüber Nordkorea eine Politik mit "Zuckerbrot und Peitsche". So bot sie Nordkorea eine weitreichende Zusammenarbeit an, wenn es auf den Besitz von Atomwaffen verzichten sollte; andernfalls drohte sie mit Sanktionen: "Während Nordkorea bei Provokationen mit strikteren Gegenmaßnahmen rechnen muss, wird dessen Bereitschaft, die richtigen Entscheidungen zu treffen und den Weg der Veränderungen zu gehen, mit einem flexibleren Engagement beantwortet."
  • 6. März: Die nordkoreanische Marine begann mit einer U-Boot-Übung als Auftakt für ein größeres Manöver.
  • 7. März: Die nordkoreanische Regierung drohte den USA offen mit einem Ersteinsatz von Atomwaffen. So erklärte eine Sprecherin des Außenministeriums in Pjöngjang: "Da die USA im Begriff stehen, einen Atomkrieg anzufangen, werden wir das uns zu stehende Recht eines Präventivschlages gegen die Kommandozentralen der Aggressoren ausüben, um unsere höchsten Interessen zu schützen." Am selben Tag gab sich der Operettengeneral Kim Jong Un als potenten Feldherrn. Bei einem Manöverbesuch auf der Insel Mu erklärte er, sein Land sei bereit für einen "umfassenden Krieg". Bei der kleinsten Provokation werde er einen "großangelegten Vormarsch" anordnen. Demgegenüber erklärte der Sprecher des Weißen Hauses in Washington, Jay Carney, zuversichtlich: "Die Vereinigten Staaten sind voll und ganz in der Lage, sich gegen nordkoreanische Raketendrohungen zu verteidigen." Als Reaktion auf den Atomwaffentest verkündete der UN-Sicherheitsrat scharfe Sanktionen gegen die "Elite" des nordkoreanische Regimes. Verboten wurde der Export von Luxusautos, Rennwagen, Jachten und bestimmte Edelsteinen. Weitere Reiseverbote und Kontensperrungen wurden ausgesprochen. Der Beschluss wurde einstimmig gefasst.
  • 8. März: Die nordkoreanische Regierung kündet das seit dem 27. Juli 1953 bestehende Waffenstillstandsabkommen mit dem Teilstaat Südkorea auf. Außerdem wolle man den "heißen Draht" zur südkoreanischen Regierung kappen. Mindestens ein US-Atombomber vom Typ B-52G/H Stratofortress von der Anderson AFB auf Guam nahm an den amerikanisch-südkoreanischen Manövern teil. -*11. März: Die nordkoreanische Regierung kappte die so genannte "Rot-Kreuz-Leitung" bzw. "Peaceline" am Grenzübergang in Panmunjom. Die Nord-Süd-Telefonverbindung hatte für kleinere Vorfälle im Grenzbereich zur Verfügung gestanden. Die südkoreanischen und amerikanischen Streitkräfte begannen mit ihrer zehntägigen Kommandoübung KEY RESOLVE. An dem Manöver nahmen rund 10.000 südkoreanische und 3.500 amerikanische Soldaten teil.
  • 12. März: Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un wies bei einem Truppenbesuch auf der Insel Wonae seine Artilleriesoldaten an, das Quartier der südkoreanischen Marine auf der Nachbarinsel Baengnyong bei dem kleinsten Zwischenfall sofort zu zerstören: "Sobald der Befehl erteilt ist, sollt Ihr die Hüften der verrückten Feinde brechen, ihre Luftröhre durchschneiden und ihnen deutlich zeigen, was ein wirklicher Krieg ist."
  • 14. März: In Nordkorea sperrte die Regierung das Internet. Dazu verbreitete die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA die Meldung, das Internet sei in Folge eines feindlichen Computerangriffs ausgefallen.
  • 15. März: Die nordkoreanischen Streitkräfte testeten an der Ostküste zwei Kurzstreckenraketen vom Typ KN-02.
  • 19. März: Erneut beteiligte sich ein US-Atombomber B-52G/H Stratofortress an den Militärmanövern in Südkorea.
  • Mitte März: Der nordkoreanische Staatspräsident Kim Jong Un ordnete die Steigerung der Produktion von Artilleriegeschützen und Granaten an. Er erklärte: "Wenn erst der Krieg ausbricht, müssen wir Schlüsselpositionen des feindlichen Militärs und die Regierungseinrichtungen mit einem schnellen und überraschenden Schlag zerstören." Die nordkoreanische Regierung wies die Bewohner in der Grenzregion an, Nahrungsmittelvorräte für den Ernstfall anzulegen. Ein amerikanischer Atombomber B-52G/H Stratofortress führte über Südkorea einen Übungsflug durch.
  • 21. März: Das nordkoreanische Regime führte eine Alarmierungsübung durch. Dabei löste der Zivilschutz in Pjöngjang Luftalarm aus. Der Alarm wurde nach einer Stunde wieder aufgehoben.
  • 22. März: Die nordkoreanische Medien verbreiteten einen vierminütigen Propagandafilm mit dem Titel "Ein kurzer, dreitägiger Krieg". Das "Plot": Bei einem nordkoreanischen Einmarsch in Südkorea werden 150.000 US-Bürger gefangengenommen. Innerhalb von drei Tagen brechen in den südkoreanischen Städten die Versorgungssysteme zusammen. Daraufhin übernimmt die nordkoreanische Armee die Versorgung und leistet so einen Beitrag zur Wiedervereinigung. Die Stadt Washington fällt einem Großfeuer zum Opfer, New York wird durch einen Raketenangriff zerstört.
  • 26. März: Das nordkoreanische Regime erklärte, es habe seine strategischen Waffen und seine Langstreckenraketen in Alarmbereitschaft versetzt.
  • 27. März: Die nordkoreanische Regierung erklärte, sie habe den "heißen Draht" gekappt. Diese strategische Nord-Süd-Telefonverbindung für bilaterales Krisenmanagement bei militärpolitischen Spannungen war im Jahr 2000 eingerichtet worden.
  • 28. März: In Pjöngjang demonstrierten Tausende gegen die USA. "Tod den Imperialisten" und "Fort mit den US-Aggressoren" lauteten die Parolen. Die US-Air Force entsandte zwei strategische Atombomber B-2A Spirit nach Südkorea, die im Rahmen der laufenden Militärmanöver auf einem Übungsgelände (atomare?) Munitionsattrappen abwarfen.
  • 29. März: Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un traf sich zu einer Lagebesprechung mit der militärischen Führungsspitze und befahl, die Langstreckenraketen einsatzbereit zu machen, so dass ein Abschuss nach einer kurzen Vorbereitungszeit jederzeit möglich sei. Kim erklärte, die Zeit sei reif um "mit den US-Imperialisten abzurechnen". Daraufhin bestätigte ein südkoreanischer Armeesprecher, auf den Raketenbasen in Nordkorea sei eine erhöhte Aktivität von Personal und Fahrzeugen beobachtet worden.
  • 30. März: Die nordkoreanische Regierung verkündete zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen den "Kriegszustand". Gleichzeitig verkündeten die staatlichen Massenmedien in Pjöngjang, jede Provokation in der Nähe der Landes- und Seegrenzen werde in einen "umfassenden Konflikt und einen Atomkrieg" münden.
  • 31. März: Das ZK der nordkoreanischen Partei der Arbeit (PdAK) verkündete die neue "Byungjin"-Politik: Das Atomwaffenarsenal soll ausgebaut werden, um durch die dann möglichen Einsparungen bei den konventionellen Streitkräften die zivile Wirtschaft anzukurbeln. Die US-Air Force verlegte mindestens zwei Kampfflugzeuge vom Typ F-22 Raptor auf den südkoreanischen Fliegerhorst Osan.
  • 1. April: In Nordkorea wurde der bisherige Regierungschef Choe Yong Rim durch Pak Pong Ju ersetzt. Der Grund für dieses Revirement - mitten in der Krise - wurde nicht genannt. Pak Pong Ju gilt als Wirtschaftsfachmann, der sich u. a. für flexiblere Löhne und eine Teilprivatisierung der Landwirtschaft ausspricht. Seine Ernennung stützt das Regime von Kim Jong Un. In Seoul drohte die südkoreanische Staatspräsidentin Park Geun Hye mit einem massiven Gegenschlag und stellte ihren Militärs damit einen "Freibrief" aus: "Die Existenzberechtigung für das Militär ist es, das Land und das Volk vor Bedrohungen zu schützen. Wenn es zu Provokationen gegen unsere Bevölkerung oder unser Land kommt, sollen wir ohne jede politische Überlegung noch im frühen Stadium stark reagieren." Um die Öffentlichkeit zu beruhigen erklärte der Sprecher des Weißen Hauses in Washington, Jay Carney: "Trotz der harschen Worte aus Pjöngjang sehen wir bisher keine militärischen Veränderungen, keine groß angelegten Mobilisierungen oder Truppenbewegungen."
  • 2. April: Die nordkoreanische Regierung kündigte an, dass sie ihren früheren Atomreaktor in Nyŏngbyŏn wieder in Betrieb nehmen wolle. Die Anlage dient der Erzeugung von Plutonium.
  • 3. April: Der Generalstab der nordkoreanischen Volksarmee erklärte, die politische Führung habe den Einsatz von Atomwaffen offiziell genehmigt. Die Rede war von einem "gnadenlosen Einsatz". Die nordkoreanische Regierung sperrte den Zugang zur Wirtschaftssonderzone Kaesong. In dieser Enklave haben 123 südkoreanische Wirtschaftsunternehmen seit 2004 eine Niederlassung unterhalten, wo sie 53.000 nordkoreanische Billigarbeiter für sich schuften ließen. Allein im Jahr 2012 wurden dort Industriegüter (Textilien, Haushaltsgeräte, Autoteile, etc.) im Wert von 470 Millionen Dollar hergestellt. Für die nordkoreanische Seite war Kaesong eine wichtige Devisenquelle (ca. 87 Millionen Dollar jährlich). Nach Angaben der nordkoreanischen Regierung durften die ebenfalls in Kaesong beschäftigten 860 südkoreanischen Führungskräfte zwar nach Südkorea zurückkehren, aber nicht wieder einreisen. Daraufhin verließen rund 260 Südkoreaner das Gebiet. Demgegenüber erklärte der südkoreanische Verteidigungsminister Kim Kwang Jin überflüssigerweise, falls die eigenen Landsleute in Kaesong festgehalten würden, würde man sie gegebenenfalls gewaltsam befreien. Die Schließung der Wirtschaftsenklave ist nicht nur kontraproduktiv für die nordkoreanische Wirtschaftsentwicklung, sie ist darüber hinaus politisch brisant, weil die nordkoreanische Regierung damit die einzige verbliebene Gemeinsamkeit zwischen den beiden koreanischen Teilstaaten aufkündigte. Der neue amerikanische Verteidigungsminister "Chuck" Hagel erklärte in seiner Antrittsrede vor der National Defense University in Washington, von der nordkoreanischen Politik gehe eine "echte und klare" Gefahr aus. "Wir tun alles, was wir können, arbeiten mit den Chinesen und anderen daran, die Situation auf der Halbinsel zu entschärfen." Das Pentagon kündigte an, in den kommenden Wochen zwei bis drei Einheiten ihres Raketenabwehrsystems Terminal High Altitude Air Defense System (THAAD) auf die Insel Guam zu verlegen, um die dortige Atombomberbasis zu schützen.
  • 4. April: Die nordkoreanischen Streitkräfte brachten eine Rakete an der Ostküste in Stellung. Zunächst hatte es geheißen, es handele sich um eine Interkontinentalrakete vom Typ KN-08, aber der südkoreanische Verteidigungsminister Kim Kwan Jin stellte schließlich klar, es sei "nur" eine Mittelstreckenrakete vom Typ Musudan. Die US-Army verlegt das 23rd Chemical Battalion mit 250 Soldaten aus den USA zurück nach Uijeongbu in Südkorea.
  • 5. April: Die nordkoreanischen Streitkräfte verlegten eine zweite Mittelstreckenrakete an die Ostküste. Die südkoreanische Marine brachte zwei Zerstörer mit einem AEGIS-Raketenabwehrsystem vor ihren Küsten in Stellung. Die nordkoreanische Regierung forderte Deutschland, Großbritannien, Rumänien, Russland und die Volksrepublik China etc. auf, ihre Botschaften in Pjöngjang bis zum 10. April zu schließen, da danach die Sicherheit der Botschaftsangehörigen nicht mehr garantiert werden könne. Die Auswahl der Länder ist offensichtlich beliebig, die Begründung mutet wie eine verkappte Drohung an. Die acht deutschen Diplomaten ignorierten die Forderung. Die US-Navy kündigte an, die beiden Zerstörer USS McCain und USS Decatur sowie eine schwimmende ABM-Radarstation würden in die Region verlegt. Der UN-Generalsekretär, der Südkoreaner Ban Ki Moon, warnte: "Atomwaffen sind kein Spielzeug. Man hat die Dinge zu weit getrieben. Ich bin besorgt, denn jeder Kalkulationsfehler und jede Fehleinschätzung können in der jetzigen Lage auf der koreanischen Halbinsel eine Krise auslösen, die äußerst schwerwiegende Folgen hätte." Der frühere kubanische Machthaber Fidel Castro mahnte die nordkoreanische Führung zur Zurückhaltung. Die Gefahr einer atomaren Vernichtung sei erstmals wieder so groß wie zu Zeiten der "Kubakrise" im Oktober 1962.
  • 6. April: Nach einer Meldung der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo plant die US-Regierung die Stationierung einer Aufklärungsdrohne vom Typ Global Hawk auf einem US-Fliegerhorst in Japan.
  • 7. April: Die nordkoreanische Regierung sagte eine für Mitte April geplante Reise ihres Generalstabschefs General Jung Seung Jo in die USA ab. In Südkorea erklärte der Chef des Nationalen Sicherheitsrates Kim Jang Soo: "Wenn ein lokaler Krieg ausbricht, muss Nordkorea mit schwerer Vergeltung rechnen."
  • 8. April: Das nordkoreanische Regime drohte Japan. Im Leitartikel der Parteizeitung "Rodong Sinmun" hieß es: "Wir warnen Japan noch einmal davor, blind der US-Politik zu folgen." Japan werde "einen hohen Preis für sein leichtsinniges Verhalten bezahlen müssen". Der südkoreanische Minister für Wiedervereinigung, Rvoo Kihl Jae, teilte mit, dass das Regime in Nordkorea einen vierten Atomtest vorbereite. Diese Meldung wurde noch am gleichen Tag von der südkoreanischen Regierung selbst dementiert.
  • 9. April: Die nordkoreanische Regierung machte die Sonderwirtschaftszone Kaesong zehn Kilometer nördlich der Demarkationslinie bis auf weiteres dicht. Alle nordkoreanischen Arbeiter wurden quasi ausgesperrt. Das nordkoreanische "Asien-Pazifik-Friedenskomitee" gab sich besorgt und forderte alle Ausländer auf, Südkorea zu verlassen: "Wir wollen, dass den Ausländern in Südkorea im Falle eines Krieges nichts passiert." Derweil mausert sich die Demarkationslinie entlang des 38. Breitengrades immer mehr zur Touristenattraktion. Die US-Air Force verzichtete bis auf weiteres auf den Teststart einer ausgemusterten, denuklearisierten Interkontinentalrakete vom Typ LGM-30 Minuteman-III auf der Vandenberg AFB (Kalifornien), um die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel nicht weiter anzuheizen. Der Kommandeur der US-Pazifikflotte, Admiral Samuel Lockklear, nannte Pjöngjangs Provokationen eine "direkte Bedrohung für die USA und ihre Verbündeten". Die japanischen Streitkräfte brachten drei Einheiten Anti-Raketen-Raketen Patriot PAC-3 in der Landeshauptstadt Tokio in Stellung.
  • 10. April: Die nordkoreanischen Streitkräfte brachten weitere Raketen in Stellung. In den Medien wurde über einen möglichen Salvenstart verschiedener Raketentypen spekuliert. Durch einen Hacker-Angriff fielen in Südkorea die Computer bei mehreren Fernsehsendern (KBS, MBC, YTN) und Banken (Jeju, Nonghyup und Shinhan) aus. Auf den Bildschirmen erschienen Totenköpfe. Das südkoreanische Verteidigungsministerium erhöhte die Alarmstufe für Cyber-War auf den Wert Drei einer fünfstufigen Skala. Die amerikanisch-südkoreanischen Streitkräfte erhöhten ihren Bereitschaftsstatus auf "WATCHCON 2", eine Stufe unterhalb des Kriegsalarms. Die chinesische Regierung stoppte private Touristenreisen nach Nordkorea; Geschäftsreisen sind weiterhin erlaubt. Der Zivilschutz der japanischen Stadt Yokohama brachte die Falschmeldung heraus, in Nordkorea sei eine Rakete gestartet worden, und löst damit eine lokale Massenpanik aus.
  • 11. April: Mittlerweile waren 2 Musudan-Raketen und 4 bis 5 kleinere Raketen (Scud, Nodong) startbereit, meldete die russische Nachrichtenagentur RIAN Novosti einen Tag später. Nach Einschätzung von Hideshi Takesaga, einem Nordkorea-Experten, dienen die möglichen Raketentests politischen Propagandazwecken: "Es ist zwar möglich, dass Raketen von Nordkorea abgeschossen werden, aber nur solange das nicht zu einem echten Kriegs führt. Das nordkoreanische Militär muss Tests durchführen, um zu beweisen, dass ihre Technologie einsatzbereit ist. Gerade die USA müssen glauben, dass die Raketen funktionieren. Dafür ist möglicherweise ein Raketentest oder auch noch ein Atomtest nötig." Die US-Streitkräfte erhöhten ihren Bereitschaftsstatus (Defense Condition) auf DEFCON 3 (Yellow). US-Verteidigungsminister "Chuck" Hagel erklärte, Nordkorea befände sich "sehr nahe an einer gefährlichen Linie". NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen begann eine fünftägige Reise nach Südkorea und Japan.
  • 12. April: Die nordkoreanische Regierung drohte Japan erneut mit einem atomaren Vergeltungsschlag. In einer Erklärung der Nachrichtenagentur KCNA hieß es: "Nordkorea hat die in der Vergangenheit von Japan betriebenen Aktivitäten nie vergessen, und diejenigen, die versuchen, von einem weiteren Krieg zu profitieren, müssen zum Tod in atomaren Flammen bereit sein." Die südkoreanische Regierung machte ihrem nordkoreanischen Pedant erstmals ein Gesprächsangebot: "Die nordkoreanische Regierung hat unsere Mitteilung erhalten und wir warten auf eine Antwort. Sollte ein offizielles konstruktives Angebot eingehen, so wäre es für uns unsinnig, darauf zu verzichten", erklärte Wiedervereinigungsminister Ryoo Kihi-Jae. Der US-Außenminister John Forbes Kerry begann eine Rundreise nach Südkorea, China und Japan. Aber er hatte den Nordkorea nichts anzubieten außer Gesprächen über deren nukleare Abrüstung.
  • Mitte April verbreitete die nordkoreanische Medienorganisation "Uriminzokkiri" einen vierminütiges Propagandavideo, in dem atomare KN-08-Interkontinentalraketen Honolulu, Los Angeles, Washington D. C. und Colorado Springs zerstören.
  • 13. April: Die nordkoreanische Staatszeitung "Rodong Sinmun" fantasierte: "Der Ausbruch eines Atomkrieges ist mittlerweile eine vollendete Tatsache (sic!), dank der amerikanischen und südkoreanischen Marionettenkräften." ()
  • 14. April: Ein Sprecher des nordkoreanischen Komitees für die friedliche Wiedervereinigung Koreas wies das südkoreanische Angebot, über die Zukunft der Sonderwirtschaftszone Kaesong Gespräche zu führen, zurück. Das wäre nur eine "leere" und "bedeutungslose" Geste, und damit wolle Südkorea nur seine Absicht kaschieren, in Nordkorea einzumarschieren.
  • 15. April: Die Nordkoreaner begehen ihren Staatsfeiertag, den 101. Geburtstag des kommunistischen Staatsgründers Kim Il Sung, der Großvater des amtierenden KP-Führers.
  • 30. April: Voraussichtliches Ende der amerikanisch-südkoreanischen Militärmanöver.

Das nordkoreanische ABC-Potential

Zwei militärtechnische Fragen stehen im Mittelpunkt der gegenwärtigen Nuklearkrise: Können die nordkoreanischen Raketen US-Territorium erreichen und besitzen diese einen Atomsprengkopf? Das kleine, verarmte Nordkorea ist einer von neun Staaten auf der Welt, die ein eigenes Atompotential aufgebaut haben.

Am 9. Oktober 2006 testeten die Nordkoreaner ihren ersten nuklearen Prototypen auf dem Testgelände Hwadaeri. Der Test ist umstritten, da die Bombe nur eine Sprengkraft von 0,55 KT hatte. Dem folgte ein weiterer Test am 25. Mai 2009 (ca. 20 KT). Ein letzter Test mit einer Sprengkraft von – nach unterschiedlichen Angaben - 6 bis 9 Kilotonnen fand erst am 12. Februar 2013 auf dem Atomtestgelände Punggye Ri statt. Dabei soll es sich erstmals um eine Uranbombe gehandelt haben. Über wie viele Atomsprengkörper Nordkorea verfügt kann nur spekuliert werden. Schätzungen reichen bis zu mehr als 20 Stück.

Damit ist Nordkorea zwar im Besitz der Atomwaffentechnologie, aber es verfügt damit noch nicht automatisch über ein Nukleararsenal, da die vorhandenen Atomsprengkörper noch sehr groß und schwer sind. Diese könnten – rein theoretisch - bisher nur mit einem Lkw ins Zielgebiet befördert werden. So verfügt die Luftwaffe weder über ein geeignetes Trägerflugzeug (schwerer Jagdbomber oder zwei- bis vierstrahliger Bomber) noch über entsprechende Raketen. Zwar plant die nordkoreanische Regierung, ihre Boden-Boden-Raketen langfristig mit Nuklearsprengköpfen auszustatten, aber - nach allgemeiner Expertenmeinung - ist dies bisher nicht geschehen. Dazu müssten die Nukleartechniker künftige Nuklearsprengköpfe erst weiter miniatuarisieren. Demgegenüber gibt es die abweichende Minderheiten-Einschätzung, dass die nordkoreanischen Nuklearphysiker bereits seit 2009 drei Raketengefechtsköpfe für die No Dong-1-Raketen (Wurfgewicht: 1.000 kg) hergestellt haben.

Über die Frage, ob es einen nordkoreanischen Atomgefechtskopf gibt oder nicht, ist innerhalb der USA eine heftige Diskussion entbrannt: Am 11. April 2013 erklärte Verteidigungsminister "Chuck" Hagel gegenüber dem House Armed Services Committee des Kongresses, dass Nordkorea nicht in der Lage sei, die USA mit einer Atomrakete anzugreifen.

Einen Tag später meldeten amerikanische Zeitungen, nach einem Bericht der Defense Intelligence Agency (DIA) haben es die Nordkoreaner tatsächlich geschafft, ihre Atomwaffen soweit zu verkleinern, dass sie auf eine Trägerrakete montiert werden könnten. "D.I.A. assesses with moderate confidence the North currently has nuclear weapons capable of delivery by ballistic missiles; however the reliability will be low," heißt es in der Geheimdienstanalyse mit dem Titel "DynamicThreat Assessment 8099: North Korea Nuclear Weapons Program". Über die Reichweite der nordkoreanischen Atomraketen wurden keine Angaben gemacht. Der DIA-Bewertung widersprach sogleich der Nationale Geheimdienstdirektor (DNI) James R. Clapper. Er erklärte, die DIA-Position entspräche nicht dem allgemeinen Konsens innerhalb der US-Geheimdienstgemeinde: "North Korea has not yet demonstrated the full range of capabilities necessary for a nuclear armed missile." Auch der Sprecher des südkoreanischen Verteidigungsministeriums, Kim Min-seok widersprach der DIA-Beurteilung: "We have doubt that North Korea has reached the stage of miniaturization." Möglicherweise wurde der DIA-Bericht nur deshalb der Öffentlichkeit zugespielt, um die Militärausgaben für die US-Raketenabwehrsysteme zu sichern.

Angesichts dieser Expertendiskussion darf man die Gefahren einer Langstreckenrakete, die "nur" mit einem konventionellen Gefechtskopf ausgerüstet ist, nicht unterschätzen. Ein Einschlag würde zwar "nur" wenige Tote fordern, aber man stelle einmal vor, eine nordkoreanische Boden-Boden-Rakete würde in Hawaii einschlagen, die psychologischen Folgen wären verheerend - eine Mischung aus "Pearl Harbor", "Sputnik-Schock" und "Elfter September".

In Zukunft wollen die Nordkoreaner ihre Atomrüstung noch verschärfen: Im Rahmen der neuen "Byungjin"-Politik möchte die nordkoreanische Führung ihr Atomwaffenpotential ausbauen, um dann die konventionellen Streitkräfte verkleinern zu können. Dadurch sollen die Rüstungsaufwendungen insgesamt zurückgefahren werden, um die freiwerdenden Ressourcen für die Entwicklung der zivilen Wirtschaft zu nutzen. Nordkorea solle so zu einer "großen politischen, militärischen und sozialistischen Wirtschaftsmacht und einem hochzivilisierten Land werden, das in die Epoche der Unabhängigkeit steuert".

In diesem Zusammenhang erklärte die nordkoreanische Abteilung für Atomenergie am 2. April, dass sie ihren früheren Atomreaktor in Nyŏngbyŏn wieder in Betrieb nehmen wolle. Der Magnox-Atomreaktor mit einer Leistung von 5 Megawatt war im Sommer 2007 auf internationalen Druck hin abgeschaltet worden. Die Anlage dient nicht nur der Stromerzeugung, hier kann auch (Waffen-)Plutonium erzeugt werden. Die Maßnahme diene der "qualitativen und quantitativen Stärkung der atomaren Streitmacht", erklärte die nordkoreanische Nachrichtenagentur. Allerdings verstößt die nordkoreanische Regierung mit der Wiederinbetriebnahme gegen eine frühere UN-Resolution.

Die nuklearen Anlagen unterstehen dem General Department of Atomic Energy (GDAE). Dessen Direktor ist z. Zt. Ri Je Son. Weitere Nuklearanlagen befinden sich in Chungjinsi, Hamhung, Kanggyesi, Kiljugun, Kusungsi, Phunggyere, Pjöngjang, Pyongsungsi und Taechongun. Neben seinen Atomsprengkörpern verfügt Nordkorea auch über mehrere tausend Tonnen Chemischer Waffen, mit denen u. a. ein Teil der Boden-Boden-Raketen ausgestattet ist. Es handelt sich um Senfgas, Phosgen und Nervengase (Sarin, Soman, Tabun und VX).Außerdem ist Nordkorea im Besitz von Biologischen Waffen mit vier Produktionsanlagen, darunter eine Fabrik in Wonsan. Die Vorräte werden auf 2.500 bis 5.000 Tonnen geschätzt.

Das nordkoreanische Flugkörperarsenal

Parallel zur Entwicklung eines eigenen Atompotentials baute die Regierung in Pjöngjang ein Flugkörperarsenal auf. Die weitreichenden Boden-Boden-Raketen unterstehen dem Raketenführungsbüro in Sŏngch'ŏn-kun, das z. Zt. von Generalleutnant Kim Rak-gyom kommandiert wird. Seit dem 26. März 2013 befinden sich die Raketenstreitkräfte in erhöhter Alarmbereitschaft.

Heutzutage stehen verschiedene Raketenmodelle unterschiedlicher Reichweite zur Verfügung. Aufgrund der militärischen Geheimhaltung bzw. begrenzter Aufklärungsmöglichkeiten sind die technischen Angaben zu den einzelnen Raketensystemen unterschiedlich. Bei Militärparaden fuhren die Streitkräfte wiederholt nur Raketenattrappen auf. Abweichende Beurteilungen betreffen insbesondere die Parameter Reichweite, Treffgenauigkeit und Wurfgewicht. Mit dem "Wurfgewicht" ist gemeint, welche Nutzlast eine Raketenspitze befördern kann, wovon wiederum die Sprengkraft des Gefechtskopfes abhängt. Dabei gilt, je schwerer der Gefechtskopf desto kürzer die Reichweite. Nach dem derzeitigen Stand stehen für die vorhandenen Flugkörper vor allem konventionelle, möglicherweise auch atomare oder chemische Sprengköpfe zur Verfügung. Allerdings haben wiederholte Fehlstarts in der Vergangenheit gezeigt, dass die Raketen technisch nicht sehr zuverlässig sind.

Das Gesamtpotential soll über 1.000 Flugkörper folgender Modelle umfassen:

  • Frog-7B (sowjetische Bezeichnung: 9M21-1 Luna-M): Es handelt sich um eine einstufige Boden-Boden-Rakete kurzer Reichweite. Die Rakete ist ungelenkt, daher stammt die amerikanische Bezeichnung "free rocket over ground" (Frog). Die Länge der Rakete beträgt 9,4 m bei einem Durchmesser von 0,54 m. Ihre Startmasse beträgt ca. 2,5 Tonnen. Ihr Gefechtskopf hat ein Gewicht von 500 bis 550 kg, nach anderen Angaben 390 kg. Die Zielabweichung (Circular Error Probable – CEP) beträgt 500 bis 700 m. Genau genommen gibt der CEP nicht die Treffgenauigkeit sondern die Treffgenauigkeitswahrscheinlichkeit an: Er besagt, bis zu welchem Radius die Hälfte aller auf ein Ziel abgefeuerten Flugkörper einschlagen, während der Rest irgendwo außerhalb von dieser Entfernung runterkommt. Die Rakete erreicht eine Geschwindigkeit von Mach 3.
  • KN-1: Die KN-1 ist ein Marschflugkörper zur Schiffsbekämpfung. Es handelt sich um eine koreanische Variante der russischen P-15 Rubesch (NATO-Code: SS-N-2 Styx) mit vergrößerter Reichweite (ca. 110 km). Der Marschflugkörper ist 6,5 m lang und 0,78 m dick, während die Flügelspannweite 2,40 m beträgt. Sein Gesamtgewicht liegt bei ca. 2.500 kg, davon entfallen 513 kg auf seinen panzerbrechenden Gefechtskopf vom Typ 4G15. Mit dem Waffensystem sind u. a. die Patrouillenboote ausgerüstet. Außerdem besitzt Nordkorea die chinesische Variante Fei Long-1/2 Silkworm.
  • KN-02 Toksa: Die KN-02 Toksa ist eine nordkoreanische Variante der russischen Totschka (NATO-Code: SS-21 Scarab). Totschka wurde in den sechziger Jahren vom sowjetischen Konstruktionsbüro Kolomna KBM als Nachfolgemodell für die Frog-7 entwickelt. Die Reichweite der Feststoffrakete beträgt rund 110 km. Die nordkoreanische Variante benutzt das Werferfahrzeug MAZ-630308.
  • Hwasong-5: Die Hwasong-5 ist eine Weiterentwicklung der russischen 9K72 Elbrus (NATO-Code: SS-1c Scud-B). Die Rakete transportiert einen 1.000 kg schweren Gefechtskopf über eine Strecke von 285 bis 330 km mit einer Treffgenauigkeit von ca. 450 m ins Ziel. Für die Rakete stehen verschiedene Gefechtsköpfe zur Auswahl: hochexplosiver Sprengstoff, Streubomben, chemischer und möglicherweise auch ein biologischer Kopf. Der Flugkörper erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von Mach 5. Nordkorea soll über rund 150 Exemplare verfügen. Gebaut wird die Rakete von der Fabrik Nr. 125 in Pjöngjang.
  • Hwasong-6: Bei der Hwasong-6 handelt es sich um ein nordkoreanisches Derivat der sowjetischen SS-1d Scud-C. Die Rakete hat – nach unterschiedlichen Angaben - bei einem Gefechtskopfgewicht von 450 bis 989 kg eine Reichweite von 500 bis 700 km. Die Zielabweichung soll angeblich nur 50 m betragen. Es dauert eineinhalb Stunden, um die Abschussbereitschaft einer Scud-C-Rakete herzustellen. Angeblich soll Nordkorea über 300 bis 600 Stück verfügen. Bei dem Werferfahrzeug handelt es sich um eine Eigenentwicklung der Vereinigten Automobilwerke in Tokchon.
  • SCUD-1 ER (andere Bezeichnung: KN-05?): Die "Scud-1 Extended Range" wurde ab 2003 in Dienst gestellt. Die Rakete ist bis zu 11,37 m lang und hat einen Durchmesser von 0,85 m. Das Startgewicht beträgt bis zu 5.600 kg bei einem Gefechtskopfgewicht von 700 bis 800 kg. Sie hat eine vergrößerte Reichweite von 750 bis 800 km. Insgesamt soll Nordkorea über rund 350 Raketen verfügen.
  • No Dong-1 (andere Bezeichnung: Rodong-1): Diese nordkoreanische Mittelstreckenrakete ist eine Weiterentwicklung der sowjetischen SS-1e Scud-D. Die Rakete hat eine Reichweite von 900 bis 1.000 km und trägt dabei einen Gefechtskopf mit einem Gewicht von ca. 1.000 kg. Mit einem leichteren Sprengkopf von 550 kg soll eine Reichweite von bis zu 1.600 km erreichbar sein. Die Treffgenauigkeit beträgt – in Abhängigkeit von der Reichweite – 2.000 bis 4.000 m. Insgesamt soll Nordkorea über mindestens 75 bis 200 Stück verfügen. Als Trägerfahrzeug wird der sowjetische Schwerlasttransporter MAZ-543 verwendet. Außerdem bauen die Nordkoreaner ein eigenes Werferfahrzeug auf Basis eines Schwerlasttransporters des italienischen Herstellers IVECO.
  • No Dong-2: Von diesem Modell wurde nur ein Prototyp entwickelt und das Projekt dann zugunsten der Taepo Dong-2 eingestellt.
  • BM25 Musudan (andere Bezeichnungen: No Dong B, Rodong-B, Taepodong X): Sie kann einen Gefechtskopf von 1.000 kg über eine Reichweite von ca. 3.000 bis 4.000 km befördern. Die Treffgenauigkeit beträgt ca. 1.300 m. Nach unterschiedlichen Angaben verfügt Nordkorea über 12 bis 200 Exemplare. Diese Flüssigkeitsrakete ist das nordkoreanische Derivat der sowjetischen U-Boot-Rakete R-27 (NATO-Code SS-N-6 Serb). Der nordkoreanische Nachbau wurde bisher noch nicht getestet. Bei einer Militärparade im Jahre 2010 vorgeführte Exemplare waren lediglich Attrappen. Die Mittelstreckenrakete wird von mobilen Werferfahrzeugen sowjetischer Bauart (MAZ-547 oder MAZ-7916) transportiert. ()
  • Taepo Dong-1 (andere Bezeichnung: Paektusan-1): Mit einem Gefechtskopf von 1.000 kg soll die Reichweite – nach unterschiedlichen Angaben – 2.200 bis 2.900 km betragen. Die Flüssigkeitsrakete kann nur von ortsfesten Startrampen aus abgeschossen werden, was sie verwundbar gegenüber gegnerischen Luftangriffen macht.
  • Taepo Dong-2 (andere Bezeichnungen: No Dong-3, Hwasong-2, Moksong-2, Paektusan-2): Die Taepo Dong-2 gilt als Interkontinentalrakete mit einer geschätzten Reichweite von 4.000 – 6.000 km. Die Rakete könnte damit die US-Westküste erreichen. Die Nutzlast beträgt 700 bis 1.000 kg. Mit einer Länge von 35,8 m und einem Gesamtgewicht von 79,2 t ist die TD-2 die größte Boden-Boden-Rakete im Arsenal. Die Flüssigkeitsrakete kann nur von ortsfesten Startrampen aus abgeschossen werden, was sie verwundbar gegenüber gegnerischen Luftangriffen macht. Ein erster Test am 5. Juli 2006 scheiterte, die Rakete stürzte nach einer Minute ab. Vermutlich besitzt Nordkorea z. Zt. über keine Raketen dieses Typs.
  • KN-08: Bei der KN-08 handelt es sich um das Projekt einer landgestützten Interkontinentalrakete mit einer Reichweite von angeblich 10.000 km. Dennoch bezweifelte der stellvertretender US-Generalstabschef Admiral James Winnefeld, dass diese Rakete US-Territorium erreichen könnte. Es ist unklar, ob diese Rakete tatsächlich bereits existiert. Bei einer Militärparade im Jahre 2012 wurde der Öffentlichkeit bisher nur eine Attrappe präsentiert. Ein Prototyp wurde bisher nicht getestet.
  • Unha-3: Die Unha-3 ist keine militärische Boden-Boden-Rakete, sondern wird als zivile Satellitenträgerrakete verwendet. Es handelt sich um eine Variante der Taepo Dong-2. Am 12. Dezember 2012 beförderte die Unha-3 erstmals einen Satelliten Kwangmyŏngsŏng-3 ins All. Startplatz war die Weltraumbasis Sohae. Mit der Entwicklung der Unha-3 wurde klar, dass Nordkorea im Prinzip jedes Ziel auf der Welt anvisieren kann. Allerdings ist die Rakete bei drei von vier Raketenstarts abgeschmiert. Abschussbasen der Boden-Boden-Raketen befinden sich u. a. in Kalgol-dong (Provinz Chagang) mit Raketen vom Typ Hwasong-5/6, Kittaeryŏng (Provinz Kwawon), Kusŏng (P'yongan-Provinz) mit No Dong-Raketen, Musadan-ri (Provinz Hamgyong), Okp’yŏng-dong (Provinz Kangwon) mit Hwasong- und No Dong-Raketen, Pongdong-ri an der Westküste und in Wonsan an der Ostküste. Außerdem besitzt die nordkoreanische Marine zwölf sowjetische U-Boote mit großer Reichweite. Es handelt sich um zwei Boote der Foxtrott-Klasse und zehn Boote der Golf-2-Klasse. Die Sowjets bestückten ihre U-Boote mit Flugkörpern, über die die nordkoreanische Marine aber nicht verfügt. Es ist nicht bekannt, ob die Nordkoreaner mittlerweile eine maritime Version der BM 25 Musudan herstellen konnten.
  • Seit dem 29. März befinden sich die nordkoreanischen Raketentruppen in erhöhter Gefechtsbereitschaft. Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un befahl, dass ein Abschuss der Langstreckenraketen nach einer kurzen Vorbereitungszeit jederzeit möglich sein müsse. Daraufhin meldete die südkoreanische Militäraufklärung eine erhöhte Aktivität von Personal und Fahrzeugen bei den Raketeneinheiten.

Im Verlauf der aktuellen Krise haben die nordkoreanischen Streitkräfte zwei neue Mittelstreckenraketen vom Typ Musudan und mehrere herkömmliche Kurzstreckenraketen vom Typ Scud bzw. Nodong an die Ostküste des Landes verlegt. Die Raketen wurden nicht auf ortsfesten Startrampen montiert, sondern auf mobilen Raketenwerfern, die dann in ihren getarnten Abschussbasen verschwanden. Dies nährt die Befürchtung, dass die Nordkoreaner nicht nur zwei weitere Raketentests, sondern einen echten Raketenangriff vorbereitet.

Nach nordkoreanischen Angaben richtet sich die Zielplanung vor allem gegen die USA. Zielobjekte seien die US-Militärbasen auf Guam, auf Hawaii und dem amerikanischen Festland. "Die USA dürfen nicht vergessen, dass der Militärstützpunkt auf Guam, von dem ihre Bomber B-52 starten, das japanische Territorium, wo ihre U-Boote stationiert sind, und der Marinestützpunkt auf Okinawa in der Wirkungszone unserer Präzisionswaffen liegen", drohte ein Vertreter des nordkoreanischen Oberkommandos am 21. März 2013.

Als das nordkoreanische Staatsfernsehen Bilder von einem Treffen von Kim Jong Un mit seinen Generälen am 29. März übertrug, sah man im Hintergrund eine Karte mit dem Titel "Plan für den Schlag auf den kontinentalen Teil der USA". Darin waren als Raketenziele Pearl Harbor (Hawaii), San Diego (Kalifornien), Washington D. C. und Gebiete im US-Bundesstaat Texas verzeichnet. Ob es sich bei diesem Vorfall um eine Geheimschutzpanne oder eine gezielte Desinformationsaktion handelte sei dahingestellt.

Die konventionellen Streitkräfte Nordkoreas

Im autoritären Staatsgefüge der sozialistischen Republik Nordkorea nimmt das Militär eine zentrale Stellung ein. Oberbefehlshaber ist z. Zt. der "Oberste Führer", Generalsekretär der kommunistischen Arbeiterpartei und "Generalfeldmarschall" Kim Jong Un. Formaler Regierungschef ist seit dem 1. April 2013 Pak Pong Ju; als Verteidigungsminister amtiert General Kim Kyok-sik. Die Position des Generalstabschefs ist z. Zt. vakant. Zentrales Führungsgremium ist das Militärpolitische Komitee der kommunistischen Partei. Das stalinistische Regime stützt seine Macht auf das privilegierte Offizierskorps, auf der anderen Seite fehlen den aufgeblasenen Streitkräften Nahrungsmittel, Treibstoff, Waffen, Munition und Ersatzteile.

Die Chosŏn inmin'gun (= Koreanische Volksarmee - KVA) ist zahlenmäßig sehr umfangreich (ca. 1,2 Millionen Mann), allerdings ist das Kriegsgerät technologisch völlig veraltet und nur bedingt einsatzbereit. So besteht seit 2006 ein UN-Waffenembargo, an das sich sogar Russland hält. Die Streitkräfte gliedern sich in fünf Teilstreitkräfte: Heer, Luftwaffe, Marine, Raketentruppen und Spezialkräfte. Aufgrund der hohen Militarisierung der Gesellschaft gelten bis zu einem Drittel der Bevölkerung als potentielle Reservisten. Da die Streitkräfte einen langandauernden Krieg nicht durchhalten könnten, verfolgt die Regierung eine Art Blitzkriegsstrategie: Durch einen Überraschungsangriff mit massiven Verbänden soll der Feind möglichst schnell niedergerungen werden, noch bevor die US-Streitkräfte größere Verstärkungen heranführen könnten.

Die nordkoreanische Militärführung erhöhte die Einsatzbereitschaft ihrer Streitkräfte und kündigte für März 2013 ein Großmanöver an. Seitdem ist es tatsächlich zu mehreren kleinen Übungen gekommen.

Das Heer (1,02 Millionen Soldaten) gliedert sich in 4 Infanterie-, 4 Motorisierte Schützen-, 1 Panzer- und 2 Artilleriekorps. Das 1., 2., 3, und 5. Infanterie-Korps soll in Grenznähe stationiert sein. Die Korps teilen sich wiederum auf in rund 40 Nominaldivisionen und 40 Brigaden, darunter starke Fallschirmjäger- und Marineinfanterieverbände. Bekannt wurden das 806. und 815. MotSchKorps und das 820. PzKorps. Rund zwei Drittel der Verbände sind im Abstand von 100 Meilen (= 160 km) zur 242 km langen und 4 km breiten Demarkationslinie entlang des 38. Breitengrades massiert. Die dortigen Truppenstellungen sind stark verbunkert. Nach Pressemeldungen wurden die Einheiten in diesem Gebiet in den letzten Wochen noch weiter verstärkt.

Das Heer verfügt über rund 3.500 Kampfpanzer (sowjetische T-54, T-55, chinesische T-59 und koreanische Eigenentwicklungen Ch'ŏnmna-ho und PÄ'okpung-Ho), 2.500 Schützenpanzer (sowjetische BMP-1, BTR-80, BTR-152 und chinesische Typ 63) und Amphibienpanzer (PT-76, PT-85). Außerdem gibt es mehrere Lkws der G-Klasse von der deutschen Daimler AG. Hinzu kommen – nach unterschiedlichen Angaben - 12.000 bis 21.000 Artilleriesysteme, darunter zahlreiche Feldraketenwerfer: russische BMD-20, BM-24 und chinesische Typ 63. Die Artillerieeinheiten können aus dem Stand heraus 500.000 Granaten pro Stunde abfeuern.

Die Luftwaffe wird von Generaloberst Ri Pyong-chol kommandiert. Wichtige Kommandobunker befinden sich Kaechon, Toksan und Hwangju. Das Luftverteidigungskommando hat sein Hauptquartier in Chunghwa. Die Luftwaffe besitzt 110.000 Soldaten und rund 600 Kampfflugzeuge. Die 50 russischen Mittelstreckenbomber Il-28 Beagle (bzw. der chinesische Nachbau H-5) stammen noch aus den fünfziger Jahren und sind wahrscheinlich kaum noch flugfähig. Zu den älteren Modellen zählen auch die Mig-19 Farmer, MiG-21bis/PF/PFM Fishbed, MiG-23ML Flogger und Su-7BMK Fitter, daneben stehen auch 35 modernere MiG-29 Fulcrum, sowie mehrere Su-25K und Su-28 Frogfoot aus den achtziger Jahren zur Verfügung. An Flugabwehrraketen stehen die üblichen russischen Modelle zur Verfügung: Krug, Kub, Igla, Newa, Wega, Wolchow, und die neue KN-06 etc.. Unklar ist, ob das alte Luftverteidigungssystem Tin Shield noch im Einsatz ist.

Die Marine verfügt über 60.000 Matrosen und setzt sich aus fast 400 Überwasserschiffen zusammen. Das Marinehauptquartier befindet sich in Pjöngjang. Die Marine ist aufgeteilt in die Westflotte (HQ Nampo) und die Ostflotte (HQ Toejo-dong). Zum Schiffsbestand zählen u. a. die Fregatte Soho und die beiden Fregatten der Najin-Klasse ("3025" und "3026"), Amphibienschiffe (Nampo-, Hantae- und Luftkissenboote der Kong Bang-Klasse), 72 U-Boote sowjetischer Bauart (Romeo-, Sang-O-Klasse), etc.. Die Marine ist auf rund zwanzig Kriegshäfen verteilt, darunter die beiden U-Boot-Basen in Chaho und Mayangdo.

Die "Sondereinheiten" verfügen angeblich über 200.000 Mann, allerdings ist der Begriff "Sondereinheit" mit Vorsicht zu genießen, da diesen Einheiten oft nicht die notwendige Spezialtechnik besitzen, wie man sie von den Sondereinheiten anderer Länder her kennt. Das VIII. Sondereinsatz-Korps dient der Ausbildung. Immerhin sind die Sondereinheiten mit einer Flotte von Doppeldeckern vom Typ An-2 Colt und circa 20 Mini-U-Booten (u. a. Yono-Klasse) ausgerüstet. Außerdem soll es unter den Grenzanlagen entlang der Demarkationslinie bis zu zwanzig Tunnel geben, von denen bisher nur wenige entdeckt wurden. In der Vergangenheit gelangten nordkoreanische Sonderkommandos und Infiltrationsagenten wiederholt bis nach Seoul oder töteten US-Soldaten. In den letzten Wochen wurden aber keine entsprechenden Vorkommnisse gemeldet.

Hinzu kommen 189.000 paramilitärischer Verbände: Grenztruppen (Choson Kyonbidae), Truppen für Innere Sicherheit, und "Rote Garde"-Parteimilizen (Nodong Chokwidae), etc. Insgesamt umfassen die verschiedenen bewaffneten Staatsorgane rund 9,4 Millionen Mann, das ist Weltspitze.

Streitkräfte Südkoreas, der USA, Russlands und Chinas

Die konventionellen Streitkräfte Südkoreas

Oberbefehlshaber der südkoreanischen Streitkräfte ist seit dem 25. Februar 2013 die Staatspräsidentin Park Geun Hye. Als Regierungschef fungiert Chung Hong Won, als Verteidigungsminister amtiert Kim Kwang Jin. Chef des Nationalen Sicherheitsrates ist Kim Jang Soo. General General Jung Seung Jo fungiert derzeit als Generalstabschef. Militärisches Hauptquartier ist das Combatant Commander's Operations Center (CCOC) beim Command Post Theater Air Naval Ground Operations (CP TANGO) auf dem Fliegerhorst K-16 in Songnam bei Seoul.

Die Streitkräfte unterhalten mehrere Alarmsysteme: Für den allgemeinen militärischen Bereitschaftsstatus der südkoreanischen und amerikanischen Streitkräfte gibt es die so genannte Watch Condition (WATCHCON). Die höchste Stufe ist WATCHCON ONE. Am 9. April erhöhten die amerikanisch-südkoreanischen Streitkräfte ihre Kampfbereitschaft von "3" auf "2", das bedeutet "vitale Bedrohung". Für Grenzalarme entlang der Demarkationslinie gibt es das Chindoge-System mit der "Eins" als höchster Stufe. Die Alarmstufe für Cyber-War wurde am 10. April auf den Wert "Drei" einer fünfstufigen Skala erhöht. Das Alarmsystem der Zivilverteidigung ist dreistufig.

Im Rahmen der aktuellen Krise hat die südkoreanische Armee ihre Präsenz an strategisch wichtigen Straßen und in den Städten erhöht. Die Nervosität der Soldaten hat merklich zugenommen. Die Militärs trafen Vorbereitungen, um zumindest einen Teil der drei Millionen Reservisten einzuziehen.

Die südkoreanischen Streitkräfte verfügen – nach unterschiedlichen Angaben - über insgesamt 655.000 bis 685.000 Soldaten, davon entfallen allein auf das Heer (Republic of Korea Army - ROKA) 522.000 Mann. Das Heer unter dem Kommando von General Cho Jung-hwan gliedert sich neuerdings in zwei operative Territorialkommandos. die sich weiter aufgliedern in 11 Korps, 49 Divisionen und 19 Brigaden. Das Special Warfare Command "Lion" verfügt über sieben Sondereinsatzbrigaden: 1. Brigade "Eagle" in Kimpo, 3. Brigade "Flying Tiger" (Seongnam), 5. Brigade "Black Dragon" (Inchon), 7. Brigade "Pegasus" (Iri), 9. Brigade "Ghost" (Pusan), 11. Brigade "Golden Bat" (Chunchon) und 13. Brigade "Black Panther" (Uichonbu). Hinzu kommt das 707. Sondereinsatzbataillon "White Tiger" in Maesanri, das zur Bekämpfung von Infiltrationsagenten eingesetzt wird und u. a. von der deutschen GSG-9 ausgebildet wurde. Auch die Ausrüstung der Sondereinheiten stammt z. T. aus Deutschland: Pistole USP 9, Maschinenpistole MP5, sowie die Scharfschützengewehre SSG 3000 und MSG-90. Einzige ABC-Abwehr-Einheit ist die 1st Chemical Defense Brigade bei Seoul. Rund zwei Drittel der Heeresverbände sind in der Nähe der Demarkationslinie disloziert.

Die Verteidigung erfolgt aus mehreren Befestigungslinien heraus, auf die sich die Truppen zurückziehen können, um einen Gegenangriff zu starten. Das Heer ist u. a. mit folgenden Waffensystemen ausgerüstet: rund 2.400 Kampfpanzern (amerikanische M48 Patton, russische T-80U/UK und die koreanische Eigenentwicklung K1[A1]) und 2.700 Schützenpanzern (amerikanische M-113, sowjetische BMP-3 und koreanische K21 und K200), Amphibienpanzer (KAAV7A1) rund 11.000 Artilleriesysteme (amerikanische M101 und M114, sowie koreanische KH178 und KH179, hinzu kommen Feldraketenwerfer: amerikanische M270 MLRS und koreanische K136), 7.000 Flugabwehrsysteme (amerikanische Stinger, französische Crotale, russische SA-16 Igla-1E und S-300) und 600 Hubschrauber (amerikanische UH-1, MD-500, CH-47, UH-60 und AH-1 Cobra sowie deutsche Bo105).

Die Luftwaffe (Han-guk Kong Goon bzw. Republik of Korea Air Force – ROKAF) unter dem Kommando von General Sung Il-hwan gliedert sich u. a. in acht Kampfgeschwader (F-4 Phantom II, F-5 Freedom Fighter, F-15K Slam Eagles und F-16 Fighting Falcon), ein Lufttransportgeschwader und drei Luftabwehrbrigaden. Sie besitzt 65.000 Mann und ca. 570 Kampfflugzeuge.

Die südkoreanische Marine (Republik of Korea Navy – ROKN) unter dem Kommando von Admiral Choi Yoon-Lee mit Hauptquartier in Gyeryong. Die Marine gliedert sich in drei Flotten: FROKN in Donghae, SROKN in Pyeongtaek und TROKN in Mokpo. Hinzu kommt eine Naval Special Warfare Brigade. Die ROKN verfügt über 68.000 Mann und 140 bis 170 Überwasserschiffe (u. a. 2 Kreuzer, 6 Zerstörer und 12 Fregatten) und 23 U-Boote. Zur Marine gehören auch drei Zerstörer der KDX-III King Sejongdaewag-Ham-Klasse (Sejong the Great, Yulgok Yi I, und Kwon Yul [vormals: Seoae Ryu Sung Ryong]), die mit dem amerikanischen AEGIS Combat System ausgestattet sind. Diese Schiffe verfügen entsprechend über das Radarsystem AN/SPY-1, sind aber nicht mit den amerikanischen ABM-Raketen vom Typ RIM-161 SM-3 ausgestattet, sondern verfügen nur über die RIM-66 SM-1/2.

Die Marineinfanterie (Republic of Korea Marine Corps) unter dem Kommando von Generalleutnant Lee Ho-yeon besteht aus 29.000 Mann und gliedert sich in die 1. Marineinfanterie-Division, die 2. Marineinfanterie-Division und die 6. Marineinfanterie-Brigade. Die paramilitärische Küstenwache verfügt über 4.500 Angehörige und verschiedene Schiffe.

Neben seinem Militärpotential verfügt Südkorea über ein ausgebautes Zivilschutzsystem (Republic of Korea Civil Defense Corps). Da die Landeshauptstadt Seoul nur rund 40 km von der Demarkationslinie am 38. Breitengrad entfernt liegt und sich somit in der Reichweite der nordkoreanischen Artillerie – der Kanone Koksan (170 mm) und Feldraketenwerfern (240 mm) – befindet, sind umfangreiche Zivilschutzmaßnahmen notwendig. Zum Schutz der Einwohner gibt es über 7.000 Schutzräume in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden; hinzu kommen U-Bahnstationen und unterirdische Einkaufspassagen. Die lokale ZS-Einsatzzentrale befindet sich im dritten Untergeschoss des Rathauses. Bei Alarmstufe "Drei" arbeiten hier bis zu 60 Personen. Alle paar Monate findet eine Zivilschutzübung statt.

In Südkorea nehmen die Stimmen derjenigen zu, die die Entwicklung einer eigenen Atomwaffe fordern. Gegenwärtig verhandelt die südkoreanische Regierung mit den Amerikanern über eine Änderung des Nuklearkooperationsabkommens von 1972. Die Regierung in Seoul strebt danach, in Zukunft die abgebrannten Brennelemente aus ihren 22 Atomkraftwerken selbst wiederaufarbeiten zu dürfen. Dies sei nötig, um das Atommüllproblem (ca. 10.000 t bis zum Jahr 2016) in den Griff zu bekommen. Kritiker befürchten, dies sei nur ein Vorwand, um sich Waffenuran zu beschaffen. Ein südkoreanische Regierungssprecher dementierte dies: "Diese Regierung hat keinerlei Absicht, nukleare Fähigkeiten in Bezug auf Waffen zu erlangen."

Die US-Streitkräfte in Südkorea

Der US-Präsident Barack Obama trat am 20. Januar 2013 seine zweite Amtszeit an. Mehrere Schlüsselpositionen mussten neu besetzt werden. Zu den "Anfängern" gehören Verteidigungsminister Charles Timothy "Chuck" Hagel, Außerminister John Forbes Kerry und CIA-Direktor John O. Brennan.

Im Rahmen ihres globalen Stützpunktsystems hat die selbsternannte Weltführungsmacht USA z. Zt. 28.500 Soldaten in Südkorea stationiert. Außerdem dienen einige südkoreanische Soldaten bei den US-Streitkräften in Korea. Das Hauptquartier der United States Forces Korea (USFK) befindet sich in der Garnison Yongsan in Seoul. Kommandeur der US-Truppen ist z. Zt. General James D. Thurman; der Chef des Stabes Generalleutnant John D. Johnson. Am 11. April erhöhten die US-Streitkräfte ihren Bereitschaftsstatus (Defense Condition) auf DEFCON 3 (Yellow).

Die Kriegspläne der amerikanisch-südkoreanischen Bündnisstreitkräfte tragen die Bezeichnung Operationsplan OPLAN 5027. Nach dem Grenzzwischenfall auf der Insel Yonpyong im November 2010 hat das US-Militär seine Militärstrategie überarbeitet. In Abhängigkeit vom Ausmaß eines Angriffs sieht der neue Operationsplan flexible Gegenmaßnahmen vor, aber insgesamt wurde die Einsatzschwelle der US-Truppen gesenkt. So wollen die USA schon bei einem begrenzten Zwischenfall der südkoreanischen Regierung militärischen Beistand leisten. Als wichtigste Zielobjekte nannte der frühere Kommandeur der US-Truppen in Korea, General a. D. Walter L. Sharp, die nordkoreanischen "Atomanlagen und ballistischen Raketen".

Die amerikanischen Heeresverbände verfügen über 17.000 GIs und sind in der so genannten 8th US Army organisiert. Diese setzt sich vor allem aus der 2nd Infantry Division mit HQ Camp Red Cloud zusammen. Die Division verfügt über rund 14.000 GIs, 140 Kampfpanzer M1 Abrams, 170 Schützenpanzer M2 Bradley, 30 Panzerhaubitzen M109, 70 Kampfhubschrauber AH-64 Apache und Flugabwehrraketen Patriot.

In Südkorea hat die US-Air Force fast 8.000 Soldaten und folgende Truppenteile disloziert: Die 7th Air Force unter dem Kommando von Generalleutnant Jan-Marc Jouas hat ihr Hauptquartier auf der Osan AB und betreibt u. a. das 607th Air and Space Operations Center (AOC). Es verfügt über zwei Kampfgeschwader. Das 8th Fighter Wing in Kunsan AB besteht aus zwei Staffeln mit Jagdflugzeugen F-16C/D (Block 40), und das 51st Fighter Wing in Osan AB besteht aus einer weiteren Staffel mit F-16C/D (Block 40) und einer Staffel mit A-10C Warthog zur Panzerbekämpfung. Hinzu kommt die 5th Reconnaissance Squadron mit Aufklärungsflugzeugen U-2S in Osan AB. Außerdem hat die US-Air Force in Japan zwei weitere Kampfgeschwader mit F-16C/D (Block 50) bzw. F-15C/D, zwei Sondereinsatzstaffeln mit MC-130H/P und eine Eloka-Staffel mit RC-135V/W (82nd Reconnaissance Squadron in Kadena AB) stationiert. Hinzu kommen weitere Verstärkungen durch die Pacific Air Force (PACAF) mit Hauptquartier auf der Joint Base Harbor-Hickam in Hawaii. Im Kriegsfall würden die US-Luftwaffe ihre Luftüberlegenheit ausspielen, um die nordkoreanischen Truppenkonzentration in den Tälern und Schluchten zwischen den Gebirgsketten zu vernichten.

Die US-Navy betreibt die Jinhae Naval Base und ist in Südkorea mit 250 Matrosen präsent. Hinzu kommt die Marineinfanterie (Marine Forces Korea - MARFOR-K). Außerdem ist auf der Halbinsel das Special Operations Command Korea (SOCKOR) stationiert.

Die US-Streitkräfte haben ihre früher in Südkorea gelagerten Atomwaffen schon vor Jahren abgezogen. Aber vor dem Hintergrund der aktuellen Krise sprachen sich in Meinungsumfragen mehr als 60 Prozent der südkoreanischen Bevölkerung für die Stationierung von Atomwaffen in Südkorea aus.

Zur Verstärkung ihrer in Südkorea stationierten Verbände können die US-Streitkräfte auf ihr gesamtes PACOM-Militärpotential im pazifischen Raum zurückgreifen. Dies betrifft insbesondere die US-Streitkräfte in Japan, die amerikanische Pazifikflotte und die Truppen an der Westküste der USA: So verfügt allein die US Pacific Fleet über insgesamt 140.000 Soldaten, 180 Kriegsschiffe und 2.000 Flugzeuge.

Aktuelle US-Truppenverstärkungen

Die US-Streitkräfte haben ihr in Südkorea stationiertes Militärarsenal in den letzten Wochen verstärkt. Dies geschah zunächst aus Anlass der geplanten Militärmanöver, dann als Reaktion auf die nordkoreanischen Angriffsdrohungen. Nicht in jedem Fall lässt sich eine Truppenverlegung dem ein oder anderen Grund zuordnen.

Am 4. April verlegte die US-Army das 23rd Chemical Battalion mit 250 Soldaten aus den USA zurück nach Uijeongbu in Korea.

Am 28. März verlegte die US-Air Force zwei strategische Atombomber vom Typ B-2A Spirit vom 509th Bomb Wing (Whiteman AFB, Missouri) nach Südkorea, um an der Militärübung teilzunehmen. Die beiden Stealth-Bomber könnten im Kriegsfall jeweils 16 Wasserstoffbomben (B-61-Varianten) abwerfen.

Am 31. März entsandte die US-Air Force mindestens zwei Kampfflugzeuge vom Typ F-22 Raptor von der AFB Kadena (Japan) nach Osan in Südkorea. Aufgrund der langen US-Interventionsgeschichte hätte man eigentlich erwartet, dass die amerikanische Regierung gleich ein ganzes Geschwader verlegt, dies war aber anscheinend nicht der Fall. Dennoch ist die Verlegung der Maschinen überaus interessant: Bei der Raptor handelt es sich um ein "Stealth"-Flugzeug, das nicht oder kaum vom gegnerischen Radar erfasst werden kann. In diesem Zusammenhang wurde nicht bekannt, ob die beiden Flugzeuge auch in den nordkoreanischen Luftraum eindrangen, um Foto-Aufklärung zu betreiben.

Die japanische Nachrichtenagentur Kyodo gab am 7. April bekannt, dass die USA eine Aufklärungsdrohne vom Typ RQ-4 Global Hawk in Japan stationieren wollen.

Die US-Navy schickt u. a. zwei Flugzeugträger-Kampfgruppen in den Westpazifik. Anfang April schipperte das U-Boot SSN-766 USS Charlotte (Los Angeles-Klasse) von Pearl Harbor (Hawaii) nach Korea.

Ausbau der Raketenabwehrsysteme

Die US-Verstärkungen beziehen sich nicht nur auf die südkoreanische Halbinsel und Japan, sondern erstrecken sich auf den ganzen Nordpazifik als potentiellen Bedrohungsraum. Dabei geht es insbesondere um einen Ausbau der amerikanischen Raketenabwehr in Südkorea, Japan, Guam und dem amerikanischen Festland. Es handelt sich um verschiedene technische Systeme, die sich gegenseitig ergänzen und überlappen. Auch die Streitkräfte Südkoreas und Japans sind mit den US-Systeme ausgerüstet.