Aufregung wegen Royal Marines

Die Schweizer Alpen dienten neben Oman, Norwegen und Schottland für die britischen Royal Marines als Übungsanlage für den Afghanistaneinsatz

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Die Aufregung war groß. Die Schweiz sei eine einzige Kampfbahn der Royal Marines, wurde berichtet. Ausgelöst hat die Hektik ein Artikel in einem Nachrichtenmagazin, wonach die britische Elitetruppe seit über zwanzig Jahren in den Alpen Gebirgsausbildung durchführt - ohne die Schweizer Behörden darüber je in Kenntnis gesetzt zu haben. Dass die als Touristen und in zivil auftretenden britischen Soldaten in der neutralen Alpenrepublik trainieren, wird indes von den zuständigen Stellen der britischen Armee nicht verschwiegen. Zahlreich sind auch die öffentlich zugänglichen Hinweise auf die Gebirgskurse.

"...those attending are on duty." Die Information auf der Homepage der Royal Air Force lässt keine Zweifel. Britische Soldaten, die an der Joint Services Alpine Meet vor zwei Jahren in den westlichen Schweizer Alpen teilgenommen hatten, waren "on duty", sprich: leisteten Dienst im Auftrag Ihrer Majestät. Was ohne größerer Aufwand seit Jahren recherchierbar ist, wusste das Schweizer Verteidigungsdepartement VBS offenbar nicht. Als vor einer Woche das Nachrichtenmagazin Facts erstmals über die Trainingslager der Briten berichtete, hat die Verantwortlichen im VBS kalt erwischt. Trotz längerem Suchen wurde außer einem unbedeutenden Schreiben keine Genehmigung für den Aufenthalt der fremden Truppe gefunden. Dies obwohl das "Mountain & Arctic Warfare Cadre", die Bergkampfeinheit der englischen Royal Marines, seit mehr als zwanzig Jahren in die Schweiz zum Klettern, Biwakieren und Abseilen kommt.

Zu einer diplomatischen Demarche kam es indes nicht. Verteidigungsminister Samuel Schmid.htm ließ ausrichten, er freue sich über jeden Touristen, der in der Schweiz sportlichen Tätigkeiten nachgeht. Auch die Tourismusdirektoren der Alpenkurorte wünschen sich selbstverständlich, dass die anständigen jungen Briten weiterhin ins Land kommen und ihr Geld in Hotels, Appartements und Bars lassen.

Brisanter als die Tatsache der britischen Armeebesuche in der neutralen Alpenrepublik an sich scheint deren Entstehungskontext zu sein. Hinter der Angelegenheit steckt offenbar der ehemalige Schweizer Geheimdienstoberst Albert Bachmann, der in den 70er Jahren den "Spezialdienst" leitete, die Staybehind-Truppe der Schweizer Armee http://zoom.mediaweb.at/zoom_4596/schweiz.html. Bachmann organisierte ein Gegengeschäft zwischen der britischen Eliteeinheit SAS und seinem "Spezialdienst": SAS-Leute kamen in die Alpen, während Schweizer Agenten in Südengland in konspirativen Techniken ausgebildet wurden. Auch von dieser Ausbildungskooperation, die als Grundlage für die Gebirgsausbildung der Royal Marines angesehen wird, weiß das Verteidigungsdepartement offenbar nichts. Nach den Medienberichten sollen nun aber auf unbürokratische Weise die Übungen schriftlich geregelt werden.