Aufstände im Iran: Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten

Solidaritätsaktion für die Frauenproteste im Iran in Melbourne / Australien. Foto: Matt Hrkac / CC-BY-2.0

Die Proteste in der islamischen Republik dauern an. Doch fehlen ihnen Führung und Ziele. Hier erfahren Sie, wie es zu der Rebellion kam und wie es weitergeht.

Die Proteste im Iran halten an. Nur durch brutale Gewalt und einer umfassenden Internetsperre gelingt es der islamistischen Führung, die Kontrolle zu bewahren. Was unterscheidet diese Aufstände von früheren Protesten? Und wie könnten sie ausgehen?

Auch in den letzten Jahren kam es im Iran immer wieder zu landesweiten Protesten. Was ist diesmal anders?

Auslöser der letzten großen Demonstrationen waren Wahlfälschungen (2009) oder die marode Wirtschaft (2019). Meistens erübrigten sich die Forderungen der Demonstranten in grundlegenden Reformen des Systems. Doch die wurden ihnen verwehrt, die Proteste jedes Mal gewaltsam niedergeschlagen.

Nun trifft die Wut der Menschen den Kern der Islamischen Republik Iran: die islamischen Sittenregeln und ihre Durchsetzung mittels diktatorischer Mittel. Dazu gehört vor allem die religiös begründete, systematische Diskriminierung der Frauen. Zum ersten Mal unterstützen auch die (meist sehr jungen) iranischen Männer proaktiv den Freiheitskampf der Frauen.

Die iranische Führung beschuldigt ausländische Kräfte (vor allem USA und Israel), die Proteste organisiert zu haben. Wie groß ist die Gefahr tatsächlich, dass die Auflehnung der Iraner vereinnahmt wird?

Sowohl ausländische als auch iranische Gruppen (etwa die islamisch-kommunistischen Volksmudschaheddin) versuchen bereits, die aktuellen Proteste für die eigenen politischen Ziele einzuspannen. Die Angst vor solchen Vereinnahmungen und Einmischungen ist groß im Iran.

Die Erinnerungen an den irakischen Angriff 1981, als Saddam Hussein kurz nach der Islamischen Revolution die Schwäche des Irans ausnutzen wollte, um das Land zu erobern, sitzen den Iranern noch tief in den Knochen. Selbst aktive Regimegegner haben deshalb bisher den Weg der Reformen bevorzugt, um einen Wandel herbeizuführen.

Der Gedanke an eine neue Revolution war den meisten Iranern verdächtig, sie fürchteten das Risiko militärischer Interventionen oder gar eines Bürgerkriegs. Doch das ändert sich gerade. Indem das Regime die Hoffnungen der Reformer jahrzehntelang enttäuscht hat, sehen vor allem junge Iraner, die die Schrecken der Islamischen Revolution und des Irak-Iran-Kriegs nicht selbst miterlebt haben, im gewaltsamen Umsturz den letzten Ausweg aus der islamistischen Kleptokratie.

Die Tötung einer Frau hat die Proteste ausgelöst. Wer war Mahsa Amini?

Die kurdische Frau Mahsa Amini wurde Anfang September von der islamischen Sittenpolizei wegen ihrer nicht islamkonformen Kleidung verhaftet. Sie starb in Polizeigewahrsam mutmaßlich an den Folgen der brutalen Behandlung.

Die Behörden sprechen von Herzproblemen, Aminis Vater aber beharrt darauf, dass seine Tochter in bester Gesundheit war. Mahsa Amini war keine Aktivistin, sondern eine gewöhnliche Frau, eine Tochter, Freundin und Schwester. Daher kommt der hohe Identifikationswert mit ihr. Einer der Slogans der Demonstranten lautet: "Wer immer unsere Schwester getötet hat, den werden wir töten."

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.