Auswärtiges Amt: Kriegsmarketing statt Friedensdiplomatie?

Seite 3: Im Dschungel der Stiftungen

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Wirft man einen näheren Blick auf das Netzwerk aus Stiftungen und Lobbygruppen, die mittlerweile rings um das Auswärtige Amt angedockt haben, dann entsteht der Eindruck einer Blase, deren Bewohner sich am liebsten gegenseitig zitieren und das dann für einen produktiven Ideenaustausch halten.

So erschien zum Beispiel im März dieses Jahres in der taz ein Artikel, der Reformvorschläge für das Ministerium diskutierte, im Ton wohlwollend bis euphorisch:

Dass sich das Auswärtige Amt inzwischen neben der täglichen Pressearbeit nun auch mit strategischer Kommunikation beschäftigt, ist ein echter Fortschritt. (…) Eine regelbasierte Weltordnung erhalten, Europa reformieren, Krisen bewältigen - die deutsche Außenpolitik hat deutlich an Gewicht gewonnen.

taz

Hochrangige Beamte des Auswärtigen Amtes empfahlen diesen Text öffentlich, unter ihnen Andreas Kindl, Beauftragter für strategische Kommunikation, und Staatsminister Michael Roth. Der gelobte Zeitungsartikel stammte allerdings gar nicht von einem Journalisten, sondern von einer Mitarbeiterin der Berliner Denkfabrik Global Public Policy Institute (GPPi), welche selbst zu einem erheblichen Teil vom Auswärtigen Amt finanziert wird und Projekte in Zusammenarbeit mit dem Ministerium durchführt.

Wie das GPPi mir auf Nachfrage mitteilte, stammen aktuell ungefähr ein Sechstel der Institutsgelder vom Außenministerium. Andere Finanziers sind George Soros, die EU-Kommission, die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung oder auch die Bosch- und die Volkswagen-Stiftung. Im GPPi-Beirat sitzt Alexander Soros, der Sohn des umtriebigen Multimilliardärs.

Milliardäre machen Politik

So sieht offenbar die in der SWP-GMF-Studie empfohlene "Denklandschaft" aus, die "politische Kreativität ermöglicht". Man kennt sich, mag sich, berät sich und bezahlt sich. GPPi-Chef Wolfgang Reinicke startete in den 1970er Jahren als Börsenhändler bei der Dresdner Bank in London, machte dann in den USA Karriere (Yale, USAID, Weltbank, Brookings) und hat heute eine Professur an der von George Soros finanzierten Central European University in Budapest inne.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete im Rahmen ihrer Recherchen zu Steuerparadiesen, dass Reinicke bis zum Tod von Gunther Sachs dessen Multimillionen-Vermögen verwaltet hatte, als "Direktor zweier Firmen auf den Cookinseln" und "Geschäftsführer oder Verwaltungsrat in vier Luxemburg-Firmen".

Reinickes Denkfabrik GPPi steht nun, wie gesagt, in engem Austausch mit dem Auswärtigen Amt. Dessen Beauftragter für strategische Kommunikation traf sich im März mit einer Lobbyistin vom Atlantic Council (finanziert u.a. von NATO, westlichen Regierungen, Banken, Öl- und Rüstungsindustrie) und empfahl der Öffentlichkeit nachdrücklich die von ihr mitverfasste Studie "Demokratische Verteidigung gegen Desinformation". Darin wird stolz berichtet:

Im vergangenen Jahr berieten wir uns regelmäßig mit europäischen Partnern - Akademikern, Journalisten, Aktivisten, Regierungsbeamten und Analysten -, die sich in der Debatte zum Thema Desinformation engagieren. Diese Gemeinschaft kam im September 2017 in Washington zusammen, beim ersten transatlantischen Forum zu strategischer Kommunikation und digitaler Desinformation, StratCom DC, veranstaltet vom Atlantic Council. Mehr als hundert Experten aus fast allen europäischen Staaten nahmen teil, um neue Forschungen und Lösungen zu diskutieren.

"Demokratische Verteidigung gegen Desinformation"

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