BAföG-Reform noch kein großer Wurf
Seite 2: Realitätsferner Mietzuschlag
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Laut Gesetzentwurf soll der Mietzuschlag für auf eigene Rechnung wohnende Studierende von 325 auf 360 Euro heraufgesetzt werden. Auch dies ist zu kurz gesprungen. In traditionellen Studierenden- und in Großstädten kostet eine Unterkunft häufig 500 Euro und mehr, in München werden für ein WG-Zimmer mitunter 700 Euro aufgerufen. Bei einem BAföG-Höchstsatz von planmäßig 931 Euro bliebe davon kaum etwas übrig.
Der DGB schlägt deshalb eine regionale Staffelung der Wohnpauschale gemäß den Bedingungen der örtlichen Wohnungsmärkte vor. Tatsächlich gibt es Standorte, an denen 360 Euro den Bedarf übersteigen. In Cottbus zum Beispiel zahlen Studierende im Schnitt nur 230 Euro für ein WG- Zimmer. Im Bundesmittel sind es jedoch schon 414 Euro pro Monat und mit jedem Jahr wird das Wohnen teurer.
Hier zeigt sich einmal mehr das Kardinalproblem beim BAföG: Seine finanzielle Ausstattung hält mit den realen Erfordernissen nicht mit und dies schon sehr lange nicht mehr. Dabei war das Instrument ursprünglich so konzipiert, dass die bewilligten Mittel im Falle eines Vollzuschusses zur Deckung des Lebensunterhalts genügen müssen. Je weiter sich die Politik von diesem Anspruch entfernte, desto mehr büßte es an Bedeutung ein.
Zahl der Geförderten im freien Fall
1972, ein Jahr nach Einführung der Sozialleistung durch die sozial-liberale Koalition unter Willy Brandt (SPD) bezogen 44 Prozent aller Hochschüler in Deutschland entsprechende Hilfen. 2020, etliche sogenannte Reformen später, waren es nur mehr rund elf Prozent und aktuell – Zahlen dazu liegen noch nicht vor – dürften es noch weniger sein. Dabei setzten sich die Verheerungen in 16 Jahren Regentschaft durch Helmut Kohl (CDU) in den 2000er-Jahren nahtlos fort.
Von 2002 bis 2008 sowie zwischen 2010 und 2016 erstreckten sich zwei Sechs-Jahres-Phasen, in denen die Fördersummen komplett eingefroren waren. Zahllose junge Menschen purzelten aus der Förderung, weil die Elternfreibeträge nicht mit der Preis- und Lohnentwicklung Schritt hielten. Und immer mehr verzichteten aus freien Stücken auf ihre Ansprüche, weil die Erträge den Aufwand nicht lohnen und die Aussicht auf eine spätere Verschuldung abschreckt.
Stark-Watzinger ist angetreten, wie ihre Amtsvorgängerinnen Johanna Wanka und Anja Karliczek (beide CDU), eine "Trendumkehr beim BAföG" einzuleiten. Für die geplante Erhöhung des Elternfreibetrags um 20 Prozent von 2.000 auf 2.400 Euro sowie des Vermögensfreibetrags für Geförderte auf 45.000 Euro hat sie zurecht Lob geerntet. Dasselbe gilt für die Heraufsetzung der Altersgrenze auf 45 Jahre. Bisher erlischt der Anspruch mit 30 Jahren. Wer in "höherem" Alter nach abgeschlossener Lehre oder verfehlter Berufswahl ein Studium nachholen wollte, ging leer aus.
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