BGH: Elternhaftung bei Filesharing abhängig von der Belehrung

Eltern müssen nachweisen können, dass sie ihre Kinder ausreichend über das "Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen" belehrt haben

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Für Eltern ist das heutige Urteil des BGH zur Haftung bei File-Sharing von urheberrechtlich geschützten Material von besonderem Interesse.

Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofes zur "Schadensersatzpflicht wegen Teilnahme an einer Internet-Tauschbörse" präzisiert ein früheres aus dem Jahr 2012.

In seiner damaligen Rechtsprechung fand sich die seither viel zitierte Richtlinie:

Nach Ansicht des BGH genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kindes, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren.

Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht.

In einem der drei Filesharing-Fälle - die mit erheblichen Schadensersatzforderungen seitens Vertreter der Musikindustrie (200 Euro pro heruntergeladenem Musikstück) und der Erstattung von Abmahnkosten verknüpft sind - fanden die Richter des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs die Belehrung der Eltern nämlich ungenügend, um die Bedingungen für die Haftungsfreiheit zu erfüllen.

Die minderjährige Tochter einer Beklagten hatte der Polizei und sowie einem Landgericht gegenüber ein Geständnis abgelegt. Die 14-Jährige soll dabei angegeben haben, "nicht gewusst zu haben, dass solche Tauschbörsen illegal seien".

Aus diesen Aussagen folgerte das vorinstanzliche Berufungsgericht, dass die Beklagte ihre Tochter nicht entsprechend belehrt hat. Der BGH schloss sich dem an. Er verwies auf seine Richtlinien von 2012, wonach Eltern ihrer Aufsichtspflicht dann genügen, wenn "sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren" - und ergänzte:

Der Umstand, dass die Beklagte für ihre Kinder allgemeine Regeln zu einem "ordentlichen Verhalten" aufgestellt haben mag, reicht insoweit nicht aus.

Die maßgebliche Entscheidung des BGH, die bei künftigen Gerichtsurteilen nicht nur auf das Herunterladen von Musikstücken aus Tauschbörsen Anwendung finden wird, sondern auch beim Herunterladen von Filmen und Spielen, rückt die Eltern damit mehr in die Nachweispflicht, als man dies nach dem "Musterurteil" aus dem Jahr 2012 vielleicht annehmen mochte.

Künftig können Kläger und Richter, die strenge Maßstäbe bei Urheberrechtsverletzungen anlegen, das Kriterium einer "ausreichenden Belehrung" deutlich stärker in Anschlag bringen. Und Eltern stehen nun mehr in der Pflicht, die ausreichende Belehrung nachzuweisen.

Das BGH hat übrigens in allen drei Filesharing-Fällen die vorgängigen Urteile des Oberlandesgerichts bestätigt. Kläger waren Warner Music, Sony Music, Universal Music und EMI. In allen drei Fällen waren Familien die Beklagten, die nun zur Kasse gebeten werden. Anwälte sprechen von einem "bahnbrechenden Sieg der Musikindustrie".