Bangladesch: Jagd auf Aufklärer

Schon zum dritten Mal in diesem Jahr wurde ein säkularer Blogger auf offener Straße von Vermummten ermordet

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In Bangladesh werden die Islamisten stärker. Schon Ende des letzten Jahres zogen in einem von Hefajat-e-Islam organisierten Protest um die 100.000 aufgebrachte islamische Fundamentalisten durch die Hauptstadt Dhaka, um ein härteres Vorgehen gegen Blasphemie zu fordern. Wer den Islam oder den Propheten beleidigt, so die Forderung, sollte mit der Todesstrafe bestraft werden. Insbesondere wurde die Regierung dazu aufgerufen, gegen Dutzende von "atheistischen Bloggern" vorzugehen. Im Februar 2013 war der Blogger Ahmed Rajib Haider mit einer Machete getötet worden, vor der Demonstration waren bereits vier Blogger festgenommen worden. Sie wurden beschuldigt, religiöse Gefühle verletzt zu haben (Bangladesch: Islamisten gegen Blogger).

Bild: Imran Sarker

Hefajat-e-Islam wurde 2010 gegründet, um gegen die für die muslimischen Fundamentalisten zu säkulare Bildung in Bangladesh zu protestieren. Wenn man sich daran erinnert, dass die Taliban immer wieder Angriffe auf Schulen ausführten und dass Boko Haram in Nigeria auch als Protest gegen die Schulbildung entstanden ist, wird deutlich, dass es sich um eine gefährliche und fanatisierte Bewegung handelt, die das Recht in die eigene Hand nimmt und brutal Andersdenkende ausschaltet. Damit sollen säkulare und islamkritische Menschen eingeschüchtert werden.

Schon zum dritten Mal in diesem Jahr wurde ein atheistischer Blogger heute in Bangladesch auf offener Straße kaltblütig hingerichtet, man muss eigentlich sagen: abgeschlachtet. Eine Bande von vier vermummten Männern jagte den 33-jährigen Blogger Ananta Bijoy Das in der Stadt Sylhet am frühen MOrgen, als er gerade zur Arbeit ging. Auf einer belebten Straße gingen nach der Polizei vermutlich vier Männer mit Macheten auf den jungen Mann los, verfolgten ihn und hackten zuerst auf seinen Kopf und dann auf seinen Körper ein. Die Angreifer konnten fliehen, der schwer verletzte Das lag 20 Minuten auf der Straße, bis Hilfe kam, als er ins Krankenhaus eingeliefert wurde, war er bereits gestorben.

Der Polizeikommissar Hasan wollte zu den Motiven der Mörder nichts sagen, woran man bereits die Macht der Islamisten erkennen kann, aber es ist bekannt, dass auch Das auf einer Liste der Islamisten stand, auf der sich auch der im Februar auf ähnliche Weise mit Macheten in Dhaka ermordete Blogger Avijit Roy befand. Bei dem Angriff wurde auch dessen Frau verletzt. Roy, ein US-Bürger, hat die Website Mukto-Mona (Freier Geist) gegründet und betrieben, auf der der religiöse Fundamentalismus jeder Art kritisiert und für freies, säkulares und rationales Denken geworben wird. Für diese Website hatte auch Das geschrieben und sich u.a. kritisch mit dem Islam und dem Hinduismus auseinandergesetzt, er gab auch das Magazin Jukti (Logik) heraus. Erst im März war der Blogger Washiqur Rahman mit Macheten zerstückelt worden.

Zwar wurde ein Islamist wegen des Mordes an Roy und zwei Schülern einer Madrasa im Fall des Mordes an Rahmen von der Polizei festgenommen, die Blogger werfen den Sicherheitskräften aber vor, nicht ausreichend gegen die Islamisten vorzugehen und diejenigen zu schützen, die für freie Meinungsäußerung eintreten. Nach der Ermordung von Roy war es zu Protesten vor allem von Studenten gekommen. Imran Sarker, der den Bloggerverband in Bangladesch leitet und Sprecher der 2013 gegründeten Shahbag-Bewegung ist, wirft der Regierung vor, dass in Bangladesch "eine Kultur der Straflosigkeit" herrsche: "Jeder kann mit der Ermordung eines progressiven freien Denkens davonkommen."

Für den Mord an Roy hatte sich erst letzte Woche Al Qaida auf dem Indischen Subkontinent (AQIS) als verantwortlich erklärt. Sie habe Blasphemisten in Pakistan und Bangladesh getötet. Die Polizei geht der Spur nach, dass ein Ansarullah Bangla Team (ABT) oder Ansar Bangla-7 für den Mord an Roy verantwortlich sein könnte. ABT stehe al-Qaida sehr nahe.