Bankenkrise nächster Akt: Kein Grund zur Panik?

Seite 2: Scholz: "Wir haben gelernt"

Scholz behauptet nun, dass es seit dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers erhebliche Fortschritte gegeben habe. "Wir haben gelernt. "Lessons learned", das kann man an dieser Stelle sagen", meinte Scholz und fügte an.

Es sind erhebliche Reformen der öffentlichen Aufsichtsinstitutionen, aber auch für das Management von Banken durchgesetzt worden.

Man könne an der "sehr klaren und scharfen Reaktion" der US-amerikanischen, der britischen, der europäischen und auch der deutschen Behörden sehen, dass diese Lage sehr genau beobachtet sowie schnell und zügig gehandelt werde.

"Das ist das Beste, was man zur Sicherheit von Anlagen unternehmen kann. Insofern ist das wirklich kein Grund, dass sich irgendjemand hier in Deutschland große Sorgen machen muss", sagte Scholz.

Die Vorgänge um die Schweizer Großbank zeigen nun, wie in der Finanzkrise 2008, dass die Halbwertszeit von solchen Aussagen schon wieder sehr kurz ist.

Das Problem ist, dass es mit der Regulierung der Finanzmärkte alles andere als weit her ist. Darauf hatte unter anderem der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman immer wieder hingewiesen. "Wir haben die Lektion nicht gelernt", erklärte er vor drei Jahren.

"Wir stehen heute schlechter da, um mit einer Krise umzugehen, als 2007", schrieb er mit Blick auf die vielen Zombie-Banken und Zombie-Unternehmen, die künstlich über die Geldpolitik am Leben gehalten wurden. Wichtige Reformen im Finanzsystem seien bestenfalls zaghaft angegangen worden, das System sei weiterhin kaum reguliert.

"Im Allgemeinen haben wir sehr wenig getan, um die Probleme zu lösen, die die große Rezession verursacht haben", erklärt er. Jetzt sei man "ohne Stoßdämpfer" unterwegs: "Wenn sich morgen ein Kollaps ereignet, sind die Werkzeuge zur Reaktivierung der Wirtschaft viel schwächer." Er hatte schon damals die steigende Verschuldung von Unternehmen und Verbrauchern im Blick. Man sollte seine Worte ernst nehmen. "Sicher" sei nur, "dass wir nun schlechter vorbereitet sind".

In den USA ist die ohnehin unzureichende Regulierung, die Barack Obama etwas verstärkt hatte, von Ex-Präsidenten Trump sogar zum Teil wieder dereguliert worden. Zuvor wurde Banken mit Vermögenswerten im Umfang von 50 Milliarden Dollar etwas strenger auf die Finger geschaut.

SVB: Seit 2018 nicht mehr "systemrelevant"

Unter der Trump-Regierung wurde die Grenze aber von 50 auf 250 Milliarden Dollar heraufgesetzt, weshalb die SVB seit 2018 nicht mehr zu den "systemrelevanten" Instituten zählte. Nach Ansicht vieler stellte der Schwellenwert von 50 Milliarden eine "unnötige Belastung" dar. Natürlich hatte auch der SVB-Vorstandsvorsitzende Greg Becker im Kongress für die Anhebung des Schwellenwerts argumentiert.

Die Bank müsse viel Zeit und Geld aufwenden, um die Vorschriften einzuhalten, anstatt Kredite für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu vergeben. Er meinte, "mittelgroße" Banken wie SVB stellten "keine systemischen Risiken" dar.

Ein Problem vieler Banken ist, dass sie sich wie die SVB auch mit Staats- und Hypothekenanleihen vollgesaugt haben. Das Geld der Einleger musste aber gewinnbringend angelegt werden, dass im Fall der SVB von Start-Ups bei der Bank geparkt worden war.

Aber es ist bekannt, dass eine schnelle Anhebung von Leitzinsen irgendwo im Finanzsystem zu einem "Trauma" führen würden, worauf auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hinweist.

Er verweist auch darauf, dass der Chef der US-Notenbank (Fed) erst kürzlich vor dem Kongress versichert hatte, dass die finanzielle Lage der US-Banken solide sei. Süffisant fügt der Nobelpreisträger auch an, dass es der Fed-Chef Jerome Powell war, der unter Trump an der Schwächung der Bankenregulierung mitgestrickt hatte. Zwar meint Powell nun UXH, dass man sich keine Sorgen machen müsse, doch Stiglitz verweist auf "zahlreiche historische Erfahrungen" die darauf hindeuten, "dass wir uns Sorgen machen sollten".

Das Problem ist nicht auf die SVB beschränkt, dass bei steigenden Zinssätzen ältere Anleihen an Wert verlieren. Ihre Kurse sinken an den Geldmärkten. Das ist dann ein geringeres Problem, wenn man die Anleihe bis zum Ende der Laufzeit halten kann und der Staat die Anleihe plus Rendite ausbezahlt.

Wer aber verkaufen muss, da wie bei der SVB – oder auch bei der Credit Suisse – die Anleger viel Geld aus Bank abziehen, macht hohe Verluste. Der aktuelle Marktwert von alten Anleihen liegt nämlich nun deutlich unter ihrem Nennwert, also unter dem Wert, den der Staat nach Ablauf zurückzahlt.

Ein wenig beachtetes Problem ist, dass angesichts einer hohen Inflation auch länger laufende Anleihen über die Geldentwertung deutlich an Wert verlieren. Die wurden nicht selten wegen der Geldschwemme sogar zu sehr geringen Zinssätzen oder sogar mit negativen Renditen von den Staaten losgeschlagen. Sie verlieren derzeit mit der hohen Inflation zusätzlich deutlich an Wert.

Auch das wird zum Problem für Banken, bleibt die Inflation weiter hoch. Die Notenbanken befinden sich nun in einer Zwickmühle, in die sich eigenhändig manövriert haben. Das Grundproblem liegt daran, dass viel zu lange mit einer Zinsnormalisierung gewartet wurde. Erst als die Inflation aus dem Ruder lief, wurde schnell gehandelt wurde, vielleicht zu schnell. Das führt nun wiederum zu großen Problemen.

Die FED ist nun in der sehr schwierigen Lage, zu entscheiden, ob der gerade von Jerome Powell angekündigte Kurs zur verstärkten Inflationsbekämpfung beibehalten und ein deutlicher Zinsschritt nächste Woche verkünden wird, wie der Fed-Chef Powell gerade in Aussicht gestellt hatte.

Geht die FED den Zinsschritt nicht, macht sie deutlich, dass die Lage im Bankensystem ernster ist, als sie zugibt. Vermutlich wird sie den Mittelweg gehen, den Leitzins weiter erhöhen, aber statt um 50 Basispunkte nur um 25 Punkte wie zuletzt im Februar.