Bankenkrise nächster Akt: Kein Grund zur Panik?

Symbolbild: Unsplash

Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) wirft ein scharfes Schlaglicht auf fehlende Regulierung und falsche Geldpolitik. Mit den Turbulenzen um die Credit Suisse ist die Krise nun auch in Europa angekommen.

Es musste eigentlich allen klar gewesen sein, dass es im Bankensektor wieder knallen würde. Die Frage war nur, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort es zuerst zu großen neuen Bankenpleiten kommen würde.

Dass es mit der Silicon Valley Bank (SVB) nach der US-Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 nun zur zweitgrößten Bankenpleite in der Geschichte der USA kam, deutet schon die Dimension des Problems an.

Damals wurden Schockwellen über den gesamten Planeten geschickt. Man sollte also Beruhigungsformeln, wie sie jetzt, auch von Bundeskanzler Olaf Scholz, gepredigt werden, nur mit größter Vorsicht genießen. Denn die Hausaufgaben wurden seit der Finanzkrise vor 15 Jahren nicht oder nur sehr unzureichend gemacht.

Einbruch bei der Schweizer Bank Credit Suisse (CS)

Dass es nach einer scheinbaren Beruhigung an den Börsen am gestrigen Mittwoch an den Kapitalmärkten wieder zu heftigeren Turbulenzen kam, zeigt die anhaltende Nervosität. Denn die Sorge vor einer tiefer gehenden Bankenkrise dominiert die Finanzmärkte. Besonders stark gingen die Aktien aus dem Finanzsektor wieder in den Keller.

Außerordentlich heftig war der Einbruch bei der Schweizer Bank Credit Suisse (CS). Der Aktienkurs der angeschlagenen Großbank brach zeitweise um 30 Prozent ein. Die Papiere waren zwischenzeitlich nur noch 1,55 Franken (1,59 Euro) wert. 2007 lag der Wert noch bei 96 Franken.

Etwas Beruhigung – der Handel mit CS-Aktien musste zwischenzeitlich immer wieder ausgesetzt werden – gab es nach der Eröffnung der US-Börsen. Allerdings schlossen die CS-Papiere um gut 24 Prozent im Minus bei 1,70 Franken. Das Vertrauen in die Bank ist zusehends geschwunden.

Credit Suisse hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken eingefahren. Seit Monaten ziehen, wie bei der SVB in den USA, die Kunden ihr Geld ab. Allein im vierten Quartal 2022 flossen gut 110 Milliarden Franken ab, im gesamten Vorjahr waren es rund 123 Milliarden.

Der saudische Großaktionär

Der Kursrutsch hatte aber vor allem damit zu tun, dass der saudische Großaktionär Saudi National Bank (SNB) weitere Finanzhilfen für die Bank "absolut" ausgeschlossen hat. Das erklärte SNB-Aufsichtsratschef Ammar Abdul Wahed Al Khudairy in einem Interview gegenüber Bloomberg TV. Die Bank ist seit vergangenem Herbst der größte Aktionär der Credit Suisse.

"Das Konkursrisiko wird so hoch gehandelt wie noch nie", hat die Schweizer Handelszeitung getitelt. Sie verwies darauf, dass die Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) auf Rekordhöhe geschossen sind.

Aktuell müssen Gläubiger der CS 4.80 Franken bezahlen, um 10.000 Franken abzusichern, die sie der Bank geliehen haben.

Handelszeitung

Die Börsen gingen in Europa und weltweit erneut in den Keller. Ganz vorne bei den Verlusten waren Bankaktien. Der deutsche Leitindex Dax ging am Mittwoch mit einem Verlust von 3,3 Prozent aus dem Handel, er wurde wieder deutlich unter die Marke von 15.000 Zählern gedrückt.

Ein neuer Akt der alten Krise

Real haben wir es aber mit keiner neuen Bankenkrise zu tun, sondern nur mit einem neuen Akt der alten Krise, die seit 2008 zum Normalzustand mutiert ist. Denn die wurde nie überwunden, sondern über die Geldpolitik der Notenbanken nur verdeckt.

Wir hatten an dieser Stelle wiederholt darauf hingewiesen: Die Notmaßnahmen, mit denen die Notenbanken einst auf die Finanzkrise reagierten, waren nie zurückgenommen worden. Nur kurzzeitig wurde zwischenzeitlich das Gelddrucken vermindert.

Beim kleinsten Anzeichen einer abflauenden Konjunktur beschleunigte die EZB die Notenpressen wieder. In der Corona-Krise liefen sie dann auf Hochtouren.

Die Geldschwemme wurde aus großer Not heraus dann erst im letzten Jahr - viel zu spät - zurückgenommen. Da hatte sich die fatale Wirkung in Form einer ausufernden Inflation längst ausgebreitet. Deutlich war die Inflation schon vor dem Ukraine-Krieg angestiegen, der gerne als Ausrede benutzt wird.

Dabei war die Inflation in Deutschland schon im November 2021 auf sechs Prozent gestiegen, als der Überfall nicht einmal absehbar war. Der Krieg hat die Inflation nur noch weiter in die Höhe getrieben.

Es müsste eigentlich allen klar gewesen sein, dass diese Geldschwemme irgendwann zu einer starken Inflation führen musste. Man kann nicht dauerhaft den Leitzins auf null senken, Negativzinsen für Einlagen bei den Zentralbanken einführen und über die Notenpressen die Bilanzsummen der Notenbanken um Billionen erhöht.

Was als Notmaßnahme einen Effekt haben kann, wird zum Problem, wenn es zum Normalzustand wird. Die EZB blähte ihre Bilanzsumme sogar auf fast neun Billionen Euro auf. Es wurde viel Geld gedruckt, um Anleihen von Staaten aufzukaufen, damit der Schuldendienst für deren ausufernde Schulden bezahlbar bleibt.

Eigentlich wollte man Zeit für Reformen erkaufen. Letztlich stieg die Europäischen Zentralbank (EZB) damit in die illegale Staatsfinanzierung ein. Die Frage war nur, welcher Katalysator die Inflation offensichtlich machen würde. An den Geldmärkten und bei Immobilienpreisen war sie seit Langem sehr deutlich, Blasenbildungen längst augenfällig.

Dieser Rückblick ist wichtig, um die Vorkommnisse um die SVB und andere Bankenprobleme, die sich für die nächste Zeit abzeichnen, verstehen zu können.

Dass der Bundeskanzler herumposaunt, es gebe wegen der SVB-Pleite keinen Grund zur Sorge, bedeutet real genau das Gegenteil. Wenn solche Beschwörungsformeln kommen, wie vor 15 Jahren von Bundeskanzlerin Merkel, sollte man damit beginnen, sich ernsthaft Sorgen zu machen.