Bayern will mit Verfassungsklage warten
Oppermann bringt Option einer CDU-SPD-Regierung ohne die CSU ins Spiel
Am 12. Januar veröffentlichte die bayerische Staatsregierung ein Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters und Juraprofessors Udo di Fabio, in dem dieser einer bayerischen Verfassungsklage gegen die Einlasspolitik Angela Merkels gute Chancen einräumt (vgl. Gutachten: Klage gegen Merkels Einlasspolitik hätte gute Chancen). Nun gab der bayerische Justizminister Wilfried Bausback bekannt, dass es noch bis zum Juli dauern könnte, bis das Bundesland tatsächlich eine solche Klage einlegt.
Bausback möchte abwarten, bis Angela Merkel auf einen Brief Horst Seehofers antwortet, in dem der bayerische Ministerpräsident die Kanzlerin zu einer deutlichen Verringerung der Migrantenzahlen auffordert. Den Brief hat Horst Seehofer allerdings schon am 26. Januar geschrieben, ohne bis jetzt eine Antwort erhalten zu haben. Der Bild-Zeitung zufolge verweigerte ihm Angela Merkel mehrfach ein Treffen - mit der Begründung, sie müsse in Baden-Württemberg Wahlkampf machen. Dort lehnten es einem Bericht des Debattenmagazins Cicero nach mehrere Kreisverbände ab, Wahlkampfveranstaltungen mit ihr zu organisieren.
Antwortet Angela Merkel nicht auf den Brief, sieht Bausback eine sechsmonatige Frist laufen. Der bayerische Staatskanzleichef Marcel Huber, der sich verständlicher ausdrücken kann als der Aschaffenburger Jurist, stellte später klar, dass man mit der Klage aber nicht unbedingt bis zum Ablauf dieser Frist warten will, sondern eventuell schon vorher nach Karlsruhe zieht.
Mit der Ausarbeitung einer Antragsschrift und der Prozessvertretung wurde überraschend nicht der Gutachtenverfasser die Fabio beauftragt, sondern der Oberpfälzer Markus Möstl, der derzeit an der Universität Bayreuth den Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Wirtschaftsrecht inne hat. Möstl gilt als politisch gut vernetzt und genehmigte 2006 die Promotion des Politikers Karl Theodor von und zu Guttenberg trotz dessen schlechter Staatsexamensnote "ausnahmsweise".
Bausback zufolge soll sich die Klage darauf stützen, dass Merkel die Ausnahmesituation vom September 2015 zu einem Dauerzustand werden ließ, der die eigenständige Handlungsfähigkeit Bayerns gefährdet. Deshalb will er ihr Berechnungen über die maximale Aufnahmefähigkeit Bayerns zukommen lassen.
SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann sagte der Bild-Zeitung, wenn die CSU tatsächlich eine Klage einlege, könne Merkel ohne die Bayern regieren, weil CDU und SPD auch alleine eine Mehrheit hätten. Allerdings gibt es auch in der CDU eine größere Anzahl von Kritikern am Merkel-Kurs, die in einem Ausstieg der CSU das Signal zur offenen Rebellion sehen könnte.
In solch einem Fall könnten die Merkel-CDU und die SPD wahrscheinlich auf die Grünen als Mehrheitsbeschaffer zurückgreifen. Deren bayerische Landtagsfraktionschefin Margarete Bause hält eine Verfassungsklage für "albern" und die Drohung damit für einen "Krawallkurs", den sie ebenso wie der Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter ablehnt.
Linke, FDP und AfD halten sich mit Stellungnahmen zum Klageaufschub bislang zurück. Dafür meldet sich Brigitte Stöhr, die Landesvorsitzende von Bernd Luckes AfD-Abspaltung ALFA mit der Forderung zu Wort, dass Seehofer die Klage sofort einreicht, weil der bayerische Ministerpräsident "einen Eid auf die bayerische Verfassung [und] keinen Treueeid auf Frau Merkel" geleistet habe. Ihr Stellvertreter Stephan Schmidt meinte: "Wer zu oft blufft, der kann einpacken, denn er wird als Gegenspieler nicht mehr Ernst genommen". Hubert Aiwanger, der bayerische Landtagsfraktionsvorsitzende der Freien Wähler, hatte solch eine "unverzügliche" Klageeinlegung bereits im Januar gefordert.
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