Beim Ausbau der Windkraft in Deutschland läuft einiges schief
Änderungen bei der Abstandsregelung behindern Repowering, fehlender Netzausbau behindert Stromlieferung, bezahlen darf der private Endkunde
Die Energiewende setzt nicht zuletzt auf einen Ausbau der Windkraft, um den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung zu erhöhen. Nun kann in Deutschland der Strom zahlreicher Windkraftanlagen nicht genutzt werden, weil die Netze nicht ausreichend dimensioniert sind. Werden die Windkraftanlagen dann abgeregelt, erhalten die Anlagenbetreiber eine Entschädigung in Höhe von 95 Prozent der entgangenen Einnahmen. Sobald die entgangenen Einnahmen ein Prozent der gesamten Einnahmen eines Jahres übersteigen, steigt die Entschädigung auf 100 Prozent. Bezahlen darf das der Verbraucher.
Zwischen Januar und März mussten die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) häufiger Strom aus Windenergieanlagen abregeln, als dies in den Vormonaten notwendig war. 3,23 Milliarden kWh konnten nicht ins Stromnetz eingespeist werden, weil mehr Energie erzeugt wurde, als über die vorhandenen Netzkapazitäten zu den Verbrauchern transportiert werden konnte.
Für die Netzbetreiber ist das sogenannte "Einspeisemanagement", also die Abregelung von Stromerzeugungsanlagen, die letzte zu wählende Maßnahme, um das Netz zu stabilisieren, weil sonst ein Blackout drohen würde. Als Entschädigung sind damit rund 364 Millionen Euro an Ausgleichszahlungen fällig geworden. Das sind rund 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden im vergangenen Jahr insgesamt 654 Millionen Euro als Ausgleich gezahlt. Derzeit werden bereits rund fünf Prozent der deutschen Windstromproduktion abgeregelt.
Der Bau der Nord-Süd-Verbindungen stockt
Der Ausbau der Windkraft erfolgt hauptsächlich im Norden und Osten der Republik. Die Zentren des Strombedarfs befinden sich jedoch hauptsächlich im Süden und Südwesten, wo bis 2022 auch die letzten Atomkraftwerke vom Netz genommen werden sollen. Aus den unterschiedlichsten Gründen kommt der Bau dieser zumeist als Stromautobahnen bezeichneten überregionalen Verbindungen jedoch nicht so voran, wie man das ursprünglich gehofft hatte.
Wer jetzt gehofft hatte, dass die Politik jetzt nach Möglichkeiten sucht, wie der Bau der Nord-Südverbindungen vorangetrieben werden könnte, beispielsweise durch akzeptanzbildende Maßnahmen entlang der geplanten Trassen, sieht sich enttäuscht. Anstelle den Ausbau der Netze zu beschleunigen, wird der Ausbau der Windkraft zurückgefahren. Die Bundesnetzagentur begrenzt die Menge neuer Windkraftanlagen, die im sogenannten Netzausbaugebiet, das Niedersachsen und Schleswig-Holstein umfasst, gebaut werden dürfen.
Von 2020 an sollen in den Küstenländern an der Nordsee pro Jahr nur noch Ausschreibungen für Windräder an Land mit einer Leistung von insgesamt 786 Megawatt Strom zugelassen werden. Für die Hersteller von Windkraftanlagen ist das bitter. Statt neuer Investitionen in Deutschland stehen jetzt eher Produktionsverlagerungen in Länder an, wo man auf eine verstärkte Nutzung der Windkraft setzt. Somit muss man damit rechnen, dass die Windkraftanlagenhersteller über kurz oder lang den Photovoltaikherstellern folgen und sich aus Deutschland zurückziehen.
Geplante Begrenzung des Windkraftausbaus sichert das Reißen der Klimaziele 2030
Wer die aktuelle Entwicklung bei den Erneuerbaren in Deutschland verfolgt, hat praktisch nur noch die Wahl zwischen Sarkasmus und Verzweiflung. Der niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (SPD) meinte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" mit Blick auf das Ziel der Bundesregierung, den Ökostrom-Anteil an der Elektrizitätsversorgung von derzeit rund 40 auf 65 Prozent im Jahre 2030 zu steigern: "Wir rennen sehenden Auges vor die Wand." In diesem Jahr kamen in ganz Deutschland nur noch 35 Anlagen neu hinzu.
Repowering scheitert häufig an neuen Abstandsvorschriften
Wenn sich bundesweit ein Mindestabstand von einem Kilometer zur Wohnbebauung durchsetzen würde, dann würde nach Berechnungen des Umweltbundesamtes die für die Windkraftnutzung zur Verfügung stehende Fläche um 20 bis 50 Prozent schrumpfen. Mit 63,2 Gigawatt Windkraft wäre dann das Ausbauende der Windkraft erreicht. Zudem wäre ein Ersatz alter Anlagen (Repowering), die entsprechend den damals gültigen Vorschriften errichtet wurden, durch neue leistungsfähigere Anlagen nicht mehr möglich.
Da zudem viele Windkraftanlagen nach dem Ende der Vergütung gemäß dem EEG aus Gründen der Wirtschaftlichkeit stillgelegt werden dürften, würde die Windkraftnutzung auf dem Land in Deutschland zurückgehen. Ein Zubau an Windkraftleistung wäre in Deutschland dann erst recht ausgeschlossen. Der Windkraftausbau wäre dann am Ende.
Dies könnte nur verhindert werden, wenn sich Immobilienbesitzer künftig damit abfinden müssten, dass Windräder dichter an ihre Häuser heranrücken, als dies die Politik ihnen derzeit verspricht. Zudem müsste das Verbot für den Bau von Windenergieanlagen im Wald, das es in einigen Bundesländern gibt, aufgehoben werden.
Mehr PV statt Windkraft
Zwar hat die Windkraft den Vorteil, dass sie auch dann nutzbar ist, wenn keine Sonne scheint, aber die Akzeptanz in der Bevölkerung ist ähnlich schlecht wie im Falle der Überlandleitungen. Daher wird der Windkraftnutzung an Land inzwischen eine geringere Bedeutung zugemessen. Man setzt auf den Ausbau der Photovoltaik, zumindest tagsüber im Sommer. Zur Abdeckung des Strombedarfs in den Sommernächten hofft man auf den verstärkten Einsatz von Speichern.
Wenn private Investoren in PV-Speicher den Netzbetreibern Zugriff auf ihre Speicher geben, könnten sie steuerlich begünstigt werden. Für das Winterhalbjahr setzt man auf zusätzliche Gaskraftwerke, mit welchen auch das Versprechen, US-Frackinggas einzukaufen, eingelöst werden könnte, ohne die Gaspreise für die Endkunden erhöhen zu müssen.
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