"Beim Klimaschutz gehen wir keine Kompromisse ein"

Seite 2: Wir lassen uns von Einzelstimmen wie der von Boris Palmer nicht vom Kurs abbringen

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Apropos, sind Sie eher wütend oder enttäuscht, dass Ihr Parteikollege Boris Palmer wenige Wochen vor der Wahl sein Buch mit dem Titel: "Wir können nicht allen helfen" vorgestellt hat?

Simone Peter: Ich bin da weder wütend noch enttäuscht, weil er eine Einzelstimme ist. Boris Palmer hat von unserer Partei die Rückmeldungen erhalten, die das Buch verdient: kaum welche.

Grenzen die Grünen Boris Palmer aus?

Simone Peter: Überhaupt nicht. Boris Palmer ist als jemand bekannt, der extreme Positionen vertritt. Aber seine Thesen spielen in unserer Partei, mit Verlaub, keine Rolle. Ich denke, die Wähler können da gut unterscheiden.

Schadet er der Partei?

Simone Peter: Das Entscheidende ist: Wir lassen uns von Einzelstimmen wie der von Boris Palmer nicht vom Kurs abbringen.

Was heißt das konkret?

Simone Peter: Wir Grüne wollen eine menschenrechtsbasierte Asylpolitik. Wir wollen, dass Europa sich solidarisch verhält. Das heißt, dass die Seenotrettung im Mittelmeer gestärkt wird und dass die Militarisierung der Flüchtlingspolitik an den Außengrenzen aufhört. Und wir wollen, dass sich diejenigen, die zu uns kommen, auch aufgenommen fühlen. Wir müssen diesen Menschen eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, sonst scheitert deren Integration. Auch deshalb wird ein Einwanderungsgesetz eine der zentralen Forderungen bei möglichen Sondierungsgesprächen sein.

Haben Sie Boris Palmers Buch gelesen?

Simone Peter: Nein, dafür fehlt mir die Zeit.

Wären Sie überrascht, wenn Boris Palmer - wie Elke Twesten in Niedersachen - irgendwann sagte: Ich schließe mich der CDU an?

Simone Peter: Ich sehe da keine Gemeinsamkeiten. Frau Twesten hatte eine persönliche Motivation, nachdem sie nicht mehr aufgestellt wurde, Boris Palmer argumentiert politisch, auch wenn mir die Position nicht gefällt. Er ist Oberbürgermeister von Tübingen und muss sich seinen Wählerinnen und Wählern gegenüber verantworten. Die würden ihn als CDU-Kandidat wohl eher nicht wählen.

Wir haben eine "Internetfeuerwehr" gegen Angriffe oder Falschmeldungen etabliert

Frau Peter, ist es aus Ihrer Sicht bislang ein fairer Wahlkampf?

Simone Peter: Im Großen und Ganzen ja. Von der AfD mal abgesehen.

Wann wird es unfair?

Simone Peter: Grundsätzlich gilt für mich: Überspitzungen müssen möglich sein, die gehören dazu.

Wo ziehen Sie die Grenze?

Simone Peter: Wenn es unter die Gürtellinie geht; wenn es diskriminierend wird; wenn Politiker persönlich attackiert werden oder Falschmeldungen in Umlauf gebracht werden. Beleidigungen und Hetze sollten tabu sein. Leider gehört genau das zur Strategie der AfD. Wir Grüne treten dem entschieden entgegen. Wir haben eine "Internetfeuerwehr" etabliert, die derlei Angriffe oder Falschmeldungen aufspürt, kennzeichnet und richtig stellt.

Führende Mitglieder Ihrer Partei fügten erfundene Zitate in FDP-Plakate ein - und teilten jene in den sozialen Netzwerken. Fanden Sie das lustig?

Simone Peter: Das war eine Überspitzung, eine Satire.

Wenn die FDP Plakate der Grünen gefälscht hätte, wäre dann ihre "Internetfeuerwehr" eingeschritten?

Simone Peter: Die Internetfeuerwehr reagiert auf Fake News und Hassbotschaften, nicht auf Satire.

Abschlussfrage, Frau Peter: Können Sie sich vorstellen, dass FDP- und Grünen-Politiker Ende des Jahres an einem Kabinettstisch sitzen?

Simone Peter: Mir fehlt dafür ehrlich gesagt die Fantasie. Wir wollen, dass Diesel-Stickoxide aus der Stadtluft verschwinden, während Herr Lindner die Grenzwerte zum Schutz unserer Gesundheit aufweichen will. Wir wollen ein Ende der Zweiklassenmedizin, während die FDP Klientelpolitik betreibt. Wir wollen ein solidarisches Europa, während die FDP die Einheit Europas aufs Spiel setzen will, indem sie Staaten aus dem Euro schmeißen will. Beim besten Willen fehlt mir da der Glaube, wie das zusammen gehen soll.