Beim Ukraine-Krieg geht es nicht um die Ukraine

Seite 2: US-Amerikanische Kriegsziele

Die New York Times stellt ganz richtig eine Veränderung der US-amerikanischen Kriegsziele fest. Man kann sich allerdings fragen, ob diese nicht schon seit 2014 bestehen.

Es gehe Washington nicht mehr um einen Kampf über die Kontrolle über die Ukraine, sondern um einen Kampf, der die USA direkter gegen Russland stellt, bemerkte die Zeitung am Anfang dieser Woche.

Zuvor hatte Präsident Biden immer wieder betont oder vorgegeben, dass keine US-Truppen in den Konflikt einsteigen oder dass keine Flugverbotszone eingerichtet werde. Doch wurde das Engagement dann sukzessive offensiver. Angeblich sollte die Bemerkung, dass Russland geschwächt werden soll, die Ukraine stärken, aber ähnlich wie die USA 2001 den langen globalen Krieg gegen den Terror ausriefen, sollen nun die Alliierten wohl auf einen langen und neuen Kalten Krieg eingestimmt werden, der jederzeit in einen heißen umschlagen kann:

Längerfristig jedoch wird Austins Beschreibung von Amerikas strategischem Ziel Präsident Wladimir W. Putin in seiner oft geäußerten Überzeugung bestärken, dass es bei dem Krieg in Wirklichkeit um den Wunsch des Westens geht, die russische Macht zu schwächen und seine Regierung zu destabilisieren.

Indem sie das US-amerikanische Ziel ausgeben oder darstellen als "ein geschwächtes russisches Militär", werden Austin und andere in der Biden-Administration deutlicher, was sie als Zukunft sehen: einen jahrelangen ständigen Kampf um Macht und Einfluss mit Moskau, der in gewisser Weise dem ähnelt, was Präsident John F. Kennedy als den "long twilight struggle" des Kalten Krieges bezeichnete.

New York Times

Auffällig ist, dass Austin mit keinem Wort auf die Gefahr eines Atomkrieges eingeht. Wenn Russland so geschwächt werden soll, dass es nicht einmal mehr einen solchen Krieg wie gegen die von den USA seit 2015 mit Milliarden hochgerüstete Ukraine führen kann, wird die Folge sein, dass die Putin-Regierung gestürzt wird, wodurch Russland ins Chaos von Machtkämpfen gerät und womöglich zerfällt – was Europa nicht gerade sicherer machen wird.

Oder die russische Führung wird zu immer stärkeren Mitteln greifen, um die Souveränität des Staats zu sichern – womöglich bis zum Einsatz von Atomwaffen. Russland könnte beispielsweise eine Atomwaffe in großer Höhe über den USA explodieren lassen, ohne direkt einen Ort anzugreifen, um aber das ganze Land durch den dadurch erzeugten elektromagnetischen Impuls (NEMP) lahmzulegen, bei dem alle ungehärteten elektronische Systeme zumindest kurzfristig ausfallen.

Der russische Außenminister Lawrow hat gerade wieder vor der Möglichkeit eines dritten Weltkriegs und eines Atomkriegs gewarnt, was man durchaus sehr ernst nehmen sollte. US-Staatssekretärin Nuland hat zwar bereits der Ukraine versichert, man werde auf den Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine entsprechend reagieren, aber nicht weiter erläutert, wie das aussehen wird.

Natürlich werden im Pentagon Pläne geschmiedet, wie man sich im Fall eines Einsatzes von Atomwaffen verhalten wird, um dann selbstverständlich zuerst die USA zu schützen. Aber man muss sich fragen, wie man das von Austin ausgegebene Ziel erreichen will, dass Russland für lange Zeit geschwächt ist, wozu die Ukraine und die Ukrainer als eine Art Bodentruppen ge- oder missbraucht werden, wenn das Land weiterhin Atomwaffen besitzt, die auch in die USA reichen und einen Overkill ermöglichen?

Dazu hört man aus Washington nichts, auch nicht von den auf die militärische Lösung versessenen Grünen, Liberalen und Mitgliedern der Union.