Beziehung zur Türkei: Schulz versus de Maizière

Seite 3: Unvereinbarkeit unter Konservativen

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Das ist zwar einige Zeit her und wirkt heute wie eine ziemlich skurrile Episode deutsch-türkischer Parteiengeschichte. Doch das Verhältnis zur AKP brachte der Union noch weiteren internen Streit ein. Bis 2014 hatte die AKP bei der Europäischen Volkspartei Beobachterstatus, dem Zusammenschluss bürgerlich-konservativen Parteien in Europa. 2016 forderten Christdemokraten einen Unvereinbarkeitsbeschluss ihrer Partei mit der AKP, um zu verhindern, dass konservative Deutschtürken in Deutschland bei der CDU Politik machen, während sie in der Türkei treu zu Erdogan stehen.

Die Sorgen vor dem AKP-Einfluss kamen dabei sowohl von Erika Steinbach, die inzwischen für die AfD wirbt, also auch vom CDU-Netzwerk "Union der Vielfalt", in dem Migranten organisiert sind. Zu einem formellen Beschluss kam es zwar nicht, aber man kann festhalten, dass sich der Dialog mit Erdogans AKP nicht so entwickelt hat, wie sich das Merkel 2004 erhofft haben mag. Der Tiefpunkt der Beziehungen zwischen CDU und AKP ist insofern erreicht, als Erdogan kürzlich die Deutschtürken dazu aufgerufen hat, bei der anstehenden Bundestagswahl nicht CDU, SPD oder Grüne zu wählen.

Nicht optimistisch gab sich Kanzlerin Merkel auf ihrer Sommerpressekonferenz. "Ich würde gerne bessere Beziehungen zur Türkei haben, aber wir müssen natürlich die Realität betrachten", sagte sie vor den Berliner Journalisten. "Wir verlangen die Freilassung von Deniz Yücel, Peter Steudtner und Meşale Tolu." Zugleich kündigte sie an, dass die Bundesregierung Verhandlungen über eine Ausweitung der Zollunion mit der Türkei blockieren werde. Dafür brauche die EU-Kommission grünes Licht aller EU-Mitglieder. "Wir sehen nicht als Bundesregierung, dass wir in den nächsten Monaten ein Mandat erteilen könnten, um über die Zollunion zu sprechen", so Merkel.

Option Austausch?

Unterdessen gibt es Anzeichen, dass Erdogan im Streit um die inhaftierten Deutschen eine autokratische Lösung sucht: Per Dekret ermächtigte er sich, ausländische Häftlinge abzuschieben, wenn das im Interesse der Sicherheit des Landes ist oder sie ausgetauscht werden gegen Personen, die in der Türkei gesucht werden. Das türkische Verfassungsgericht hatte eine entsprechende Regelung zwar 2015 verworfen. Wegen des Ausnahmezustandes in der Türkei kann Erdogan sie jetzt aber im Alleingang einführen.

Das macht Erdogan noch mächtiger. Und soll wohl ihm wohl eine Option mehr verschaffen, nämlich Yücel und andere auszutauschen. Medien hatten bereits mehrfach berichtet, dass Erdogan hofft, auf diese Weise türkischer Militärs habhaft zu werden, die nach dem Putschversuch in der Türkei geflohen sind. Oder auch Anhänger der Gülen-Bewegung, die Erdogan als Urheber des Putschversuchs ansieht.

Wie jetzt bekannt wurde, sitzt ein weiterer Deutscher in der Türkei in Haft: Der 55-jährige David B. ist offenbar im April auf einer Pilgerreise festgenommen worden. Das Auswärtige Amt kennt den Fall und hat ihn schon gegenüber den türkischen Stellen thematisiert. Außenminister Gabriel hatte Erdogan wegen solcher Festnahmen schon Mitte August vorgeworfen, Yücel und die anderen als Geiseln zu halten. Leider gebe es nur "diplomatische und wirtschaftliche Mittel", um Druck auf die Türkei auszuüben, stellte er allerdings auch klar. Wohl wahr. Besser wäre es allerdings, die Bundesregierung wäre sich auch in der Wahl der Mittel einig.