Beziehungen USA-Mexiko auf dem Gefrierpunkt

Seite 2: Allein aufgrund von Trumps Drohungen wurden die Importe aus Mexiko billiger und die Exporte aus den USA teurer

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Angesichts der Trump-Politik könnte man mutmaßen, dass er vielleicht sogar schon mit dem Zurückrudern begonnen hat. Schließlich hatte Peter Navarro, gerade von Trump zum Chef des gegründeten Handelsrats ernannt, von einem Einfuhrzoll von 45% gesprochen, mit denen Waren aus China belegt werden sollen. Und es war Trump, der im Wahlkampf von Importzöllen gegenüber von Mexiko in Höhe von 35% gesprochen hatte.

Genau diesen Importzoll hatte er auch noch nach seinem Wahlsieg immer wieder Autofirmen, auch aus den USA, angedroht, wenn sie ihre Autos in Mexiko bauen und dann in die USA einführen wollen. Würde also nur ein Zoll in einer Höhe von 20% kommen, dann wäre das schon ein Eingeständnis, dass seine bisher vertretenen Rezepte letztlich für die USA ins Desaster führen werden. Mit den 20%, die Trump nun in die Welt setzt, dürfte er tatsächlich nur noch versuchen, sein Gesicht zu wahren. Gleichzeitig kann er so weiter so tun, als würde Mexiko die Mauer bezahlen.

Präsident Nieto: "Lo he dicho una y otra vez: México no pagará ningún muro." Bild: Screenshot der Rede vom 25. Januar vom YouTube-Video der Regierung.

Tatsächlich würde aber dieser Zoll nur in etwa den Wettbewerbsvorteil ausgleichen, den Mexiko durch die Abwertung seiner Währung in den letzten Wochen erhalten hat. Der Peso ist gegenüber dem Dollar am Tag nach Trumps Wahlsieg um 12% abgestürzt. Real sind es Trumps Drohungen, die der mexikanische Exportindustrie diese willkommene Unterstützung beschert. So kann diese ihre Exporte zum Nachbar sogar noch ausweiten, weil sie weiter billiger werden. Schon jetzt gehen 80% der gesamten mexikanischen Ausfuhren zum nördlichen Nachbar. So würde also der geplante Importzoll von 20% nur den zusätzlichen Vorteil wieder ausgleichen, den der großmäulige Trump mit seinen Ankündigungen erst provoziert hat.

Allerdings dürften die Ausfuhren aus den USA nach Mexiko angesichts des starken Dollar und des schwachen Peso weiter deutlich leiden. Und das gilt nicht zuletzt, weil die Mexikaner zusehends auch verärgert werden. Und damit dürften in den USA Jobs wegfallen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Trump eigentlich versprochen hat. Denn der US-Präsident erwähnt in seinem Isolationismus gegenüber Mexiko nicht, ist, dass Mexiko auch der zweitwichtigste Importeur von US-Produkten ist und gleich hinter Kanada und noch vor China steht. Für mehr als 230 Milliarden Dollar liefern die USA Produkte zum südlichen Nachbarn. Der schwache Peso sorgt dafür, dass sich viele Mexikaner die US-Produkte nicht mehr leisten können und andere sie sich auch angesichts der ständigen Angriffe nicht mehr leisten wollen.

Trump zündet mit dem 20%-Vorstoß also vor allem eine große Nebelkerze, er versucht einen Schaden aufzufangen, den er mit seiner bisherigen Politik den USA schon zugefügt hat. Er will aber auch so tun, als wären es nicht letztlich doch die Steuerzahler in den USA, welche die Mauer bezahlen müssen. Und das Geld dafür wird zusätzlich an anderer Stelle eingespart werden und zum weiteren Wegfall von Sozialleistungen führen. Die Besserverdienenden will er ja schließlich von Steuern entlasten.

Würde es auch nur zu einem Importzoll von 20% für China kommen, dann wäre das nicht einmal die Hälfte dessen, was er bisher mit 45% auf dem Crash-Kurs mit dem Reich der Mitte angedroht hatte. Wird also Trump nun letztlich sogar längst realistischer? Erkennt er oder flüstern ihm es seine Berater ein, dass sich auch die USA kaum leisten können, es sich mit sämtlichen Partnern zu verscherzen, mit denen man umfassende Handelsbeziehungen unterhält? Schließlich sind auch die Beziehungen zum wichtigsten Partner Kanada derzeit nicht mehr frei von Spannungen.

Letztlich hat er aber den Mexikaner Nieto massiv provoziert und schon damit kräftig neues Porzellan zerschlagen. Er hat ihn mit der Absage des Besuchs gezwungen, die Flucht nach vorn anzutreten. Nieto sitzt längst auf einem Stuhl, an dessen Beinen von vielen Seiten gesägt wird. Eigentlich würde der lieber mit seinem konservativen Kumpel Trump gute Geschäfte machen, schließlich hängen ein Drittel der Arbeitsplätze am Export in die USA. Und so ist es Nieto, der nun die Amerikaner darauf hinweist, dass sie letztlich auch den Einfuhrzoll von 20% mit teureren Autos und Avocados zu bezahlen hätten. Würden tatsächlich Stellen aus der Autoindustrie in die USA zurückverlagert, würden sich auch darüber diese Produkte massiv verteuern und den vielen Firmen schaden, die aus den USA auch Teile zum Bau der Autos nach Mexiko liefern. US-Autos würden zudem auf den internationalen Märkten weiter an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Schließlich liegen die Kosten für die Beschäftigten in Mexiko nur etwa bei einem Sechstel der Kosten die dafür in den USA anfallen.

Letztlich weiß aber auch der schwer angeschlagene konservative Nieto, dass sein Schicksal und seine Regierung, die noch bis 2018 durchhalten soll, auf Gedeih und Verderb von der neuen US-Regierung abhängen. Mit jeder Verschlechterung der Lage wird die Säge am Stuhl des mexikanischen Präsidenten erneut in Bewegung gesetzt. Genau deshalb hatte Nieto alles versucht, um die Beziehungen zu Trump nicht zu verschlechtern. Er hatte sogar einen Trump-Freund wieder ins Kabinett zurückgerufen und einen Schwenk um 180 Grad vollzogen.

Nieto hatte seinen früheren Finanzminister Luis Videgaray Caso erst vor vier Monaten im laufenden US-Wahlkampf geschasst, weil er Trump zum Besuch nach Mexiko eingeladen hatte. Da Trump diesen Schritt massiv kritisiert und Videgaray einen "glänzenden Finanzminister" genannt hat, mit dem die USA "großartige Abkommen" abgeschlossen hätten, wurde er nach dessen Wahlsieg sofort zurückgeholt, um als Außenminister den Dialog mit dem neuen US-Präsidenten zu führen. Das hat aber als Geste nichts genutzt, da Trump Mexiko ganz offensichtlich als Sündenbock benutzen will, auch um davon abzulenken, dass er viele seiner Versprechen nicht umzusetzen gedenkt.

Freihandel: Bilaterale Abkommen statt multilaterale

Für viele, die Trump quasi als ein Kämpfer gegen den Freihandel feiern, wird es noch ein trauriges Erwachen geben. Zwar hat Trump sich medienwirksam aus dem Freihandelsabkommen TPP per Dekret verabschiedet. Doch dem Freihandel entsagt er damit nicht, er schwenkt nur um. Statt auf multilaterale Abkommen setzt er nun auf bilaterale Abkommen. Und da er mit seiner Kritik an Toyota und durch den Rückzug aus TPP auch der japanischen Regierung vor den Kopf gestoßen hatte, strebt er eben nun bilaterale Vereinbarungen mit Japan an. Eine Ersatzregelung will er schon im Februar mit Japans Regierungschef Shinzo Abe besprechen.

Ganz ähnlich sieht es mit Großbritannien aus. Über ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und dem Brexit-Großbritannien wird auch beim Besuch von Theresa May in Washington gesprochen. Sie ist der erste ausländische Staatsgast, den Donald Trump seit seiner Vereidigung trifft. Viele Beobachter gehen davon aus, dass Trump dabei die Britin enttäuschen wird, weil er für einen "knallharten Protektionismus" stehe. Doch auch hier wird verkannt, dass es sich auch dabei nur um eine Inszenierung handelt, wie dies Georg Seeßlen beschreibt.

Da in dieser globalisierten Welt der Isolationismus, den Trump im Wahlkampf gepredigt hat, praktisch kaum mehr möglich ist, wird er Unterstützer und Verbündete brauchen und suchen. Deshalb hatte er schon eine enge Partnerschaft mit May gesprochen, wie es sie zu Zeiten von Ronald Reagan und Margaret Thatchers gab. So haben London und Washington ein Interesse, die speziellen und historisch engen Beziehungen beider Länder neu aufleben zu lassen. Ganz im bisherigen Stil sucht Trump sich seine Partner dabei auch nach rassistischen Kriterien aus.

Während er auf Protektionismus gegenüber dem Süden (Mexiko) macht, wird er den genau dazu nutzen, um seine Art eines Freihandels zu verschleiern, den er mit ausgewählten reichen Ländern anstrebt. Die Partnerschaft mit May kann er als angebliche Unterstützung des Brexit ausgegeben, mit der er gleichzeitig die EU zu schwächen sucht. Denn tatsächlich ist Trump kein Gegner des Freihandels. Er ist nur gegen Freihandel, bei dem die USA auch in bestimmten Bereichen Nachteile haben. Das ist aber letztlich auch der Stolperstein für bilaterale Abkommen, denn man kann sich auch dabei nicht nur Rosinen herauspicken.