Bin ich Rassist? Ein Selbsttest
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Gerade mit Blick auf Diskriminierung lässt sich akademisch-theoretische leicht ein Vorwurf herbeidefinieren. Doch was sagt der aus - und was sind die Folgen?
Dritter Teil über das Phänomen des Rassismus.
Teil 1: Rasse: Wird der bunte Hund in neuem Gewand wieder salonfähig?
Teil 2: Wenn Romantik Rassismus gebiert. Wie eine an sich positive Einstellung Hass und Hetze nähren kann
Ich halte Deutschland, das Musikvideo von Rammstein, für ein brillantes Stück. Es stellt die Zerrissenheit und Tragik dieser Nation provokant und sarkastisch heraus und ist zugleich so brachial und urgewaltig wie ein Orkan. Und zwar unabhängig von der Meinung von Teilen des deutschen Bildungsbürgertums, das es in gewohnt bräsiger Manier als "billige Effekthascherei" verstehen will; dabei dürfte es zu großen Teilen die ehrliche Seele der Musiker sein, die sich in der Bombastik Luft verschafft.
Doch die Band leistete noch mehr. Durch ihren fragwürdigen Schachzug, mit einem Kurzausschnitt vor Veröffentlichung des Videos empörte Stimmen über die "Vermarktung von KZ-Insassen" hervorzurufen, um dann ein erstaunlich differenziertes Bild dieses Landes zu zeichnen, hat Rammstein die Empörungskultur unserer Tage sozusagen als Beifang auf den Punkt gebracht.
Schnell, oft genug vorschnell, ist man mit dem Vorwurf des Rassismus bei der Hand. Empörte Zeilen sind in den sozialen Medien schnell getippt, geliked und geshared.
Umso wichtiger wird im Angesicht solcher Umgebungsgeräusche die Besinnung auf die eigene Person. Rassismus als Modeschlagwort schön und gut - aber viel wichtiger ist doch die Frage: Bist du selber Rassist? Bist du es vielleicht gar, ohne es zu merken?
In den Medien wird auf den institutionalisierten Rassismus verwiesen und behauptet, es sei dem Einzelnen "fast unmöglich, sich von diesem jahrhundertealten Konstrukt zu befreien". Darüber hinaus wird beispielsweise ein angeblicher Ursprung des Rassismus mit Kolumbus herbeiphantasiert, als handle es sich nicht um ein allgemein menschliches, sondern um ein europatypisches Phänomen. (3Sat, Die Macht der Vorurteile)
Vielleicht ist es schon ein Zeichen für einen verkappten Rassismus, als Mitglied der deutschen Mehrheitsgesellschaft außerhalb von Ballungszentren aufzublicken, wenn einem unerwartet ein dunkelhäutiger Mensch begegnet. Aber ist es das? Der menschliche Geist - und zwar ganz gleich, welche Pigmentierung seine Hülle trägt - reagiert auf Unerwartetes instinktiv mit einer Blitzbewertung, und das aus evolutionsbiologisch sehr gutem Grund.
Wenn uns jemand anschreit, zucken wir zusammen. Wenn alle ständig schreien, zuckt keiner mehr. Wenn im Alltag Menschen aller Hautfarben über das Trottoir flanieren, besteht genauso wenig Anlass zum Aufsehen, denn das ist dann "normal", es ist zu erwarten, kein Grund für eine Schnellbewertung der Lage auf Risiko oder Sicherheit hin.
Daher ist die gegenwärtige Entwicklung wichtig, dass auch Menschen sichtbar anderer Herkunft im Fernsehen und in der Öffentlichkeit ganz selbstverständlich in Erscheinung treten. Für diesen positiven Effekt ist es allerdings essenziell, auch glaubhaft Vorwürfe zu entkräften, ihre Wahl sei dem Proporz und nicht der Kompetenz der Betreffenden zuzurechnen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich also die Frage: Bin ich Rassist? Wie weit bin ich Rassist? Ich bin davon überzeugt, dass "Rasse", in sich bereits ein ungültiger Begriff, für mich nie eine nennenswerte Rolle gespielt hat. Ich bewerte Menschen vor allem danach, wie menschlich sie sind. Wie sie sich für andere einsetzen. Wie humorvoll sie sind, wie tolerant, wie kompetent. Und nicht danach, welche Hautfarbe oder Herkunft sie haben. Das nehme ich zumindest an.
Lässt sich diese Annahme aber in der Realität bestätigen? Da hilft nur Selbstreflektion. Wie fällt meine persönliche Reaktion auf bestimmte Situationen aus?