Black Box der Weltpolitik

Seite 2: Chinas Strukturprobleme

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Ob diese Beobachtungen, Analysen und Prognosen auch für China zutreffen, bleibt abzuwarten. Darüber streiten derzeit die Fachleute, die bei jedem Prozentpunkt weniger hinter dem Komma beim Wirtschaftswachstum sofort den Beginn der Krise wittern. Zwar sind auch im bevölkerungsreichsten Land der Welt die Wachstumsraten auf Normalkurs gefallen. Erst am Wochenende wurden erneut schwache Wirtschaftsdaten aus dem Reich der Mitte vermeldet.

Hinzu kommt, dass sich der angekündigte Kampf der Führung gegen die Korruption im Land allmählich zu einem Potemkinschen Dorf entwickelt. Ein Leak offenbarte jüngst, dass Funktionäre, hohe Beamte und Günstlinge der KP ihr ganzes Vermögen außer Landes gebracht und in Offshore-Steueroasen auf den britischen Jungferninseln angelegt haben.

Auch scheint man in Peking das wachsende Gefälle zwischen Exportüberschüssen und Binnennachfrage nicht in den Griff zu bekommen. Die Umsätze des Einzelhandels und die Industrieproduktion entsprechen nicht den hochfliegenden Erwartungen. Es verwundert daher nicht, dass einige Investoren dem Yuan ihr Vertrauen entziehen.

Schließlich hat das Land, um sich aus der Abhängigkeit vom Dollar und den Treasury Bonds zu befreien, begonnen, ähnlich wie Russland und davor schon Indien, Unmengen an Gold zu horten. Bis 2020 will man die Reserven am Edelmetall verdoppeln und auf runde 10 000 Tonnen aufstocken.

Die Rüstungsausgaben steigen

Das ist die eine Seite. Gleichwohl rüstet die fernöstliche Macht weiter massiv militärisch auf. Früher als erwartet hat das Land mit dem Bau eines zweiten Flugzeugträgers begonnen. In knapp sechs Jahren soll er vom Stapel laufen. Ihm sollen laut Plan bald noch zwei weitere folgen. Zeitgleich wird am Bau von zwei neuartigen, mit Raketen bestückten Zerstörern gearbeitet, die den geheimnisvollen Namen "Mystische Schilder" tragen sollen.

Mit dem erfolgreichen Test eines neues Hyperschall-Flugkörpers haben die Chinesen kürzlich bewiesen, dass sie technologisch in der Lage sind, Gefechtsköpfe von Interkontinentalraketen abzuschießen, die mit ihrer bis zu zehnfachen Schallgeschwindigkeit herkömmliche Raketenabwehrsysteme, darunter auch das US-amerikanische, locker überwinden können.

Mit dieser neuen Rüstungsoffensive haben sie nicht ihre fernöstlichen Nachbarn im südchinesischen Meer aufgeschreckt, insbesondere Südkorea und Japan, mit dem das Land seit Jahren im Inselstreit liegt, sondern auch für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt.

Peking zeigt Muskeln

Vor allem in den USA, die in dieser Region militärisch präsent sind, mit Japan und Südkorea, mit Taiwan und den Philippinnen enge Bündnisse und Allianzen unterhalten und schon deswegen der eigentliche Rivale Chinas sind. Angesichts dieses Tests und der massiven Steigerung des Rüstungsetats, der mittlerweile der zweithöchste in der Welt ist, sahen sie sich genötigt, öffentlich und laut Peking deswegen zu kritisieren und vor einem Wettrüsten in der Region zu warnen.

Zumal weder Japan und Südkorea noch Indien oder Pakistan dem waffentechnologischen Treiben des Emporkömmlings tatenlos zusehen werden. Auch diese Länder werden nicht umhin kommen, den sich entwickelnden Macht- und Kraftverhältnissen Rechnung zu tragen und entweder selbst massiv aufzurüsten oder unter- und miteinander enge Allianzen zu bilden, was Peking allerdings unbedingt vermeiden möchte. Vorerst jedenfalls. Weswegen man den Test auch sofort abwiegelte, ihn verteidigte und von der "Normalität" derartiger Experimente sprach, die allein "wissenschaftlichen Zwecken" diene.

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