Bleibt der Wahlkrimi in Iowa vorerst ungelöst?

Seite 2: Kampf um das Narrativ

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Das Vorgehen der Parteiführung, in der neoliberale Kräfte weiterhin dominieren, scheint somit Medienberichte und Behauptungen prominenter Sanders-Anhänger zu bestätigen, wonach das DNC daran arbeite, den sozialistischen Kandidaten bei den Vorwahlen nach Kräften zu schwächen.

Fakt ist, dass die Demokratische Partei in Koordinierung mit CNN den Kandidaten der Parteirechten zum Sieger erklärte, obwohl das Wahlergebnis laut AP und NYT alles andere als gesichert ist. Zudem war Buttigieg an der Finanzierung eben jener von neoliberalen Clinton-Leuten entwickelten Webapp beteiligt, die das Wahlchaos von Iowa maßgeblich auslöste.

Aus dem Sanders-Lager hieß es umgehend, dass es noch erhebliche Probleme bei der Verifizierung der Ergebnisse gebe, nach deren eventueller Beseitigung der linke Kandidat auch bei den Deligiertenstimmenanteilen führen werde. Mitunter wird unter Verweis auf den Bericht der NYT argumentiert, dass eine genaue Ermittlung der Delegiertenstimmenanteile nicht mehr möglich sei, sodass nur die tatsächlich abgegebenen Wählerstimmen ausschlaggebend sein müssten.

Die kommenden Auseinandersetzungen im nicht enden wollenden Wahlkrimi von Iowa werden noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Wenn dies geklärt sein sollte, wird das Wahlergebnis im politischen Tageskampf um die Nominierung keine Rolle mehr spielen. Inzwischen verdrängen nämlich die kommenden Vorwahlen in New Hampshire den Skandal von Iowa aus den Schlagzeilen, während die Behauptung, Buttigieg habe gewonnen, weiter von den Medien verbreitet wird.

Der von etlichen Milliardären finanzierte Buttigieg, der inzwischen ehemalige Goldman-Sachs-Banker als Politberater engagiert, bekommt so kostenlose Wahlwerbung, indem in vielen Medien ein falsches Narrativ aufgebaut wird, wonach er in Iowa gewonnen habe - auch wenn hierbei die Realität verzerrt, und de facto "alternative Fakten" geschaffen werden.

Nochmals: Sanders hat die Wahl nach dem ersten und zweiten Wahlgang gewonnen, er liegt nur in der für die Nominierung irrelevanten Kategorie der Delegiertenstimmenanteile zurück - und trotzdem berichten viele Massenmedien stur, Buttigieg habe gewonnen.

Der gewünschte Kandidat und die Panik vor Sanders

Damit kann der von vielen Medienkonzernen - wie etwa CNN - "gewünschte" Kandidat trotz einer faktischen Wahlniederlage sich über mehr Sendezeit, ein anschwellendes Spendenaufkommen seiner wohl situierten Anhängerschaft und steigende Umfragewerte freuen. Diese Strategie scheint einen gewissen Erfolg zu zeitigen: Mittlerweile verzeichnet Buttigieg eine rasch wachsende Zustimmung in New Hampshire, wo er bei Umfragen nun knapp hinter Sanders liegt.

Durch dieses "Framing", also die Einbettung verzerrt wahrgenommener Fakten oder Halbwahrheiten in einen vorgefertigten Deutungszusammenhang, wird der neoliberale Kandidat letztendlich "hoch geschrieben". Es ist gerade diese zwischen Demokratischer Parteiführung und Medienkonzernen koordinierte Manipulationsstrategie, die im Sanders-Lager für wachsenden Unmut sorgt.

Die der demokratischen Partei nahestehende Zeitung The Nation bemerkte hierzu, dass eventuell die Schlagzeilen von Iowa und nicht die tatsächliche Zahl der Delegierten das Rennen um die Präsidentschaft formen könnten.

Es scheint somit, als ob der erodierende neoliberale Mainstream der spätkapitalistischen Gesellschaften inzwischen den Hang zur Erzeugung bequemer alternativer Fakten von der Neuen Rechten übernommen hat. Sanders liegt bei seriösen landesweiten Prognosen bei den Vorwahlen mit weitem Abstand vorne - und es ist die blanke Panik vor diesem Vorsprung des Sozialisten, die das neoliberale Establishment zu immer offensichtlicheren Manipulationen des demokratischen Prozesses bei den Vorwahlen treibt.