Botschaft an die G20

Nicht "Mountain top removal", aber trotzdem ziemlich hässlich: Tagebau Jänschwalde im südöstlichen Brandenburg. Die Aufnahme wurde in ca. 400 Kilometer Höhe aus der Internationalen Raumstation heraus geschossen. Bild: NASA

Die Energie- und Klimawochenschau: Von tauben Ohren, einer aberwitzigen Energiepolitik, technologischen Umbrüchen, in den Sand gesetzten Milliarden-Beträgen und einer Beteiligung der Bundesregierung an belgischen Riss-Reaktoren

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Voreqe Bainimarama, Premierminister der Republik der Fidschi-Inseln und Vorsitzender der diesjährigen UN-Klimakonferenz, hat eine Botschaft an die Chefs der G20-Staaten, die sich in diesen Tagen in Hamburg versammeln werden:

We have not caused this crisis, your nations have. As our opening prayer this morning put it, we have trodden lightly on the Earth whereas you have trodden heavily. And those carbon footprints pose a threat to us in the Pacific and to all humanity.

Nicht unsere, sondern Ihre Nationen haben diese Krise verursacht. Wie wir es in unserem heutigen Morgengebet ausgedrückt haben: Wir sind leichten Schritts über diese Erde gegangen, doch der Ihre war schwer. Und eben diese Ihre Treibhausgas-Fußabdrücke stellen eine Gefahr für uns hier im Pazifik sowie für die ganze Menschheit dar.

Voreqe Bainimarama

Dass er Gehör finden wird, ist unwahrscheinlich. Gegen Protestierende, die eine ähnliche Botschaft mitzuteilen hätten, werden die eingeladenen Despoten und sonstige Staatsoberhäupter jedenfalls mit aller Gewalt abgeschirmt.

Zu erwarten ist eher die x-te Aufführung des Stücks bad cop vs. good cop. Den bad cop spielt in der bisher besten Besetzung US-Präsident Donald Trump, während Bundeskanzlerin Angela Merkel einmal mehr die Vorkämpferin für den Klimaschutz geben wird. Dass hierzulande die Treibhausgasemissionen bereits im neunten Jahr in Folge auf hohem Niveau stagnieren - wer will es schon so genau wissen?

Derweil hat Trump seine Hausaufgaben jedenfalls erledigt und kommt für die teure Show bestens vorbereitet nach Hamburg. Er wolle sein Land "an die Spitze einer echten Energierevolution" setzen, verkündete er letzte Woche. Mit Kohle, Erdgas, Öl und neuen Atomkraftwerken solle das Land nicht nur zum Selbstversorger werden, sondern künftig auch den Weltmarkt für Energie dominieren, schreibt die Nachrichtenagentur dpa.

Laut Chicago Tribune sprach Trump von einer goldenen Ära für den US-amerikanischen Energiesektor, die nun beginne. Das sind wahrhaft abenteuerliche Ankündigungen. Nicht nur, dass der Präsident des mächtigsten Landes dem Rest der Menschheit damit sagen will: "Es ist mir vollkommen egal, dass wir jetzt fast 30 Jahre über den Schutz des Weltklimas verhandelt haben. Ich mache, was mir passt." Er liegt mit seinen Ankündigungen auch so fernab jeder Realität, dass es einem förmlich die Sprache verschlägt.

Wer braucht noch Kohle?

Nehmen wir zum Beispiel die Kohle. Während China Anfang des Jahres die Arbeit an 103 geplanten oder bereits in Bau befindlichen Kohlekraftwerken eingestellt hat, während Indien sich bemüht, seine Kohleimporte zu verringern, Kohle-Pläne mit einer Gesamtleistung von 18 Gigawatt streicht und hohe Investitionen in bestehende Kohlekraftwerke abschreiben muss, kündigt Trump also an, den in den USA besonders zerstörerischen Kohleabbau ausweiten zu wollen. In den Apalachen werden nämlich die Berggipfel weggesprengt, um an die darunter liegende Kohle zu kommen.

Vielleicht sollten die Kumpel doch lieber das Angebot des chinesischen Windkraftanlagenherstellers Goldwind zu einer kostenlosen Umschulung annehmen. Das gilt zwar bisher nur für Wyoming, aber lässt sich vielleicht auch auf die Kohlestaaten in den Apalachen ausdehnen. Ein, zwei Windräder auf jedem Gipfel wäre sicherlich attraktiver, als diese in die Luft zu jagen und mit dem teils giftigen Abraum einst lauschige Täler zu verfüllen.

Wer die geförderte Kohle kaufen soll, bleibt Trumps Geheimnis. Auch in den USA geht ihr Verbrauch nämlich seit Jahren zurück, weil das ebenfalls nicht unbedenkliche Schiefergas deutlich billiger zu verstromen ist. Im Ausland wird er ebenfalls kaum Abnehmer finden, denn global geht der Verbrauch, wie berichtet, bereits im dritten Jahr in Folge zurück. Und zwar, - und das ist historisch einmalig -, ohne dass eine Wirtschaftskrise der Anlass wäre.

Vieles deutet daraufhin, dass sich hier tatsächlich eine neue Ära ankündigt. Ein Technologiewechsel in der Energieversorgung vergleichbar mit dem einstigen Siegeszug der Kohle - die Welt verbrauchte erstmals in den 1890er Jahren mehr fossile als nachwachsende Energieträger - und dem späteren Durchbruch der Benzin- und Dieselmotoren.