Brennpunkt Spitzbergen: Politik in der Arktis in Krisenzeiten
Seite 3: Spitzbergen und der Ukraine-Krieg
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Eine weitere Spaltung der Gesellschaft kam nach Russlands Einmarsch in die Ukraine. Zunächst sah es so aus, als ob der Krieg der Gemeinschaft auf Spitzbergen nichts anhaben könnte. Von mehreren Seiten wurde explizit betont, dass man die Bergleute in Barentsburg nicht für den Krieg in der Ukraine verantwortlich mache. Zumal ein Teil von diesen auch noch aus der Ukraine stammt. Doch Trust Arktikugol ist eine staatliche russische Firma.
Im Oktober schloss die Vereinigung der Tourismusanbieter auf Spitzbergen die Tourismus-Tochter von Trust Artikugol als Mitglied aus.
Einen Boykott-Aufruf gab es vorher schon: Es gibt zwar Touren nach Pyramiden oder Barentsburg, dort wird aber kein Geld mehr ausgegeben. Trust Arktikugol fordert nun Steuererleichterungen, da durch die Sanktionen und den Boykott die Einnahmen weggebrochen seien.
Nato-Mitglied Norwegen hat sich zwar den EU-Sanktionen gegen Russland angeschlossen, hat sich aber einige Ausnahmen vorbehalten: So wird weiterhin der Fischbestand der Barentssee gemeinsam mit dem östlichen Nachbarn verwaltet, und russische Trawler dürfen weiterhin die drei für sie wichtigsten Häfen in Norwegen anlaufen.
Auf Spitzbergen ist Norwegen zudem dem Spitzbergenvertrag verpflichtet. So darf Trust Arktikugol seine Hubschrauber weiter benutzen. Damit Spitzbergen nicht zum Schlupfloch für sanktionierte Produkte wird, wurden Zollkontrollen am Flughafen von Longyearbyen eingeführt.
Weniger Demokratie, mehr Kohle
Die Beschränkung des kommunalen Wahlrechts in Longyearbyen auf Norweger wird nun in einer aktuellen Bekanntmachung des norwegischen Parlaments auch mit den neuen Bedrohungen gegenüber Norwegen in Verbindung gebracht.
Norwegen müsse sich besser gegen sicherheitskritische ökonomische Aktivitäten, gefährliche verborgene Eigentumsverhältnisse, Cyberangriffe, Beeinflussungsoperationen und Angriffe auf die Energieversorgung schützen. Dazu wünsche die Regierung unter anderem mehr Kontrolle über die nördlichen Gebiete und auf Spitzbergen.
Welche Folgen es aber hat, wenn ein Drittel der Wahlberechtigten ihr Stimmrecht verlieren, zeigt sich schon. Die Longyearbyen-Abteilung der norwegischen grünen Umweltpartei muss ihre Aktivitäten mangels ausreichend Personal für eine vorschriftsmäßige Kandidatenliste einstellen. Der Lokalabteilung der rechten Fremskrittspartiet steht voraussichtlich dasselbe bevor. Dafür zählt die Facebookgruppe "Spitsbergen Association of Unwanted Foreigners" jetzt fast 400 Mitglieder.
Doch die norwegischen Kohlekumpel in Longyearbyen verdanken dem Krieg in der Ukraine noch zwei weitere Jahre im Job. Denn Kohle ist wieder begehrt und der Preis dafür gestiegen. Der deutsche Kunde, der die hochwertige Spitzbergen-Kohle aus Gruve 7 für seine Stahlherstellung benötigt, möchte diese zu einem wirtschaftlichen Preis weiter kaufen.
Die norwegische Regierung stimmte dem Deal zu – es gehe schließlich darum, die Versorgung mit Rohstoffen in Europa sicherzustellen.
Dafür ist auch der Diesel teurer geworden, der eigentlich die Kohle in Longyearbyen als Energieträger ablösen sollte. Und so ist das allerletzte Wort dazu auch noch nicht gesprochen. Eine Gnadenfrist für die Kohle, aber keine Gnade für die örtliche Demokratie.