Britische Polizei filmt friedliche Demonstranten und Reporter
Die Bilder werden mit Namen mindestens 7 Jahre lang in einer Datenbank gespeichert
Die britische Polizei filmt und fotografiert nicht nur möglichst viele Teilnehmer von Demonstrationen oder politischen Versammlungen, sie speichert die Bilder auch sieben Jahre lang mit Namen ab. Die Metropolitan Police speichert auch völlig harmlose Demonstranten, die ihr Verfassungsrecht wahrnehmen, in die Crimint ab, eine Datenbank für Kriminelle.
Die Datenbank lässt sich nach einem Bericht des Guardian auch danach durchsuchen, an welchen Demonstrationen oder Versammlungen bestimmte Personen teilgenommen haben. Zugriff haben landesweit unterschiedliche Polizeikräfte.
Der Guardian kam auf diese heimlich ausgeübte Praxis durch Eingaben nach dem Informationsfreiheitsgesetz, Aussagen vor Gericht, einem Interview mit einem hohen Polizeibeamten und entsprechenden Aufnahmen der Polizei. Auf der Webseite des Guardian ist ein Video über die Teilnehmer an einem Protestcamp gegen den Bau eines Kohlekraftwerks zu sehen, in dem die aufnehmenden Polizisten auch die Bilder kommentieren. Deutlich wird, dass nicht nur die Klimaschützer aufgenommen werden, sondern auch die anwesenden Journalisten. Schon länger hatten Journalisten gesagt, dass sie den Eindruck hätten, sie würden von Polizisten systematisch aufgenommen. Auch die National Union of Journalists www.nuj.org.uk/ hatte sich bereits letztes Jahr darüber bei der Innenministerin Jacqui Smith beschwert. Innenministerium und Polizei haben jedoch bestritten, dass Journalisten gezielt aufgenommen werden, was sich nun, so der Guardian, doch bestätigt habe.
Nach der Bürgerrechtsorganisation Liberty dürfte das heimliche Aufnehmen von Menschen, die keiner kriminellen Absichten verdächtigt werden, gegen die Datenschutzrechte des Menschenrechtsgesetzes verstoßen. Besonders beunruhigend sei es, so Liberty, "wenn friedliche Demonstranten für die Überwachung herausgehoben werden". Interessiert sind die Aufnahmeteams an Namen, Kleidung, Aufenthaltsorten und persönlichen Details von Demonstranten und Journalisten. Wie auf dem Video zu sehen ist, werden die Reporter nicht nur von der Polizei durchsucht und ihre Namen aufgenommen, sondern auch gezielt beobachtet. Nach den Kommentaren der aufnehmenden Polizisten sind die Reporter bei diesen offenbar noch unbeliebter als die protestierenden Klimaschützer. Ein Fernsehteam soll bis in ein McDonald's Restaurant verfolgt und dort aufgenommen worden sein, als sie dort über das Funknetzwerk ihre Aufnahmen versendet haben.
Wie viele Demonstranten sich in der Datenbank befinden, ist nicht bekannt. Nach einem Polizeibeamten sollen hier die Bilder und Namen von "Tausenden" von Aktivisten für mindestens sieben Jahre gespeichert sein. Superintendent David Hartshorn musste nun die Praxis einräumen, dass auch friedliche und keine Gesetze verletzenden Aktivisten in die Datenbank aufgenommen werden, in der sich sonst Personen befinden, die der Störung der öffentlichen Ordnung verdächtigt werden oder dafür verurteilt wurden. Nach Hartshorn macht sich verdächtig, wer öfter einmal bei Protesten beobachtet wurde.
In Deutschland hat gerade der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts bei seiner Entscheidung über einen Eilantrag gegen das neue bayerische Versammlungsgesetz Link auf /blogs/8/133712, dass Praktiken wie die in Großbritannien gegen die Verfassung verstoßen. Gerügt wurde explizit die von der bayerischen Regierung beschlossene Ausweitung der Befugnisse für polizeiliche Beobachtungs- und Dokumentationsmaßnahmen:
Übersichtsaufzeichnungen, bei denen eine Speicherung des Versammlungsgeschehens erfolgt, nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von der Versammlung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Eine Auswertung der Übersichtsaufzeichnungen ist nur unverzüglich nach Beendigung der Versammlung zulässig. Soweit danach die Daten nicht in Bezug auf einzelne Personen zur Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit der aufgezeichneten Versammlung oder zur Abwehr künftiger versammlungsspezifischer Gefahren benötigt werden, müssen sie innerhalb von zwei Monaten gelöscht oder irreversibel anonymisiert werden.
Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts