"Buddha Massaker" revised

Wiedergeboren in Pixeln

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Der schuftig-puristische Wahn des Talibanregimes zermalmte nicht nur die Würde von Frauen und Mädchen, sondern auch gewisse dicke, gemütlich grinsende Männer - zumindest deren bildliche Vertreter. "No living objects": Vor gut einem Jahr wurden im nordafghanischen Bamiyan Buddhastatuen, die aus dem dritten und fünften Jahrhundert auf uns kamen, Opfer einer kulturellen Radikaldemontage.

Foto: Reuters

Der ikonoklastische Eifer der Mohammedaner hat eine lange Tradition, die etwa im 11. Jahrhundert den Sonnen-Tempel Shivas in Somnath genauso mitriss wie im 16.Jahrhundert das Pilgerzentrum "Puri" der Hindus. (SieheBomben und Granaten auf Buddha). Zwei in den Fels gehauene Standbilder waren es, 38 und 53 Meter hoch, die in Bamiyan dem Sakralvandalismus der Taliban zum Opfer fielen, ein, wie es die Uno-Vollversammlung bezeichnete, "nicht wiedergutzumachender Verlust für die gesamte Menschheit", die FAZ sprach sogar von einem "Massaker" (versäumte aber freilich, den Zerstörungswillen etwa der katholischen Königreiche zu erwähnen, die sich blutdrünstig über alles hermachten, was ihrer Bilder- und Glaubenswelt missfiel).

Nun sollen die Buddhas wiedergeboren werden, eine Übung, die ihnen als Vertreter der Inkarnationslehre leicht fallen dürfte. Doch wir befänden uns nicht im Zeitalter einer Bilderflut und eines wachsenden Sichtbarkeitsimperativs, wenn sie nicht Pixel für Pixel aussehen müssten wie früher. Grundlagen für das Projekt sind photogrammetrische Vermessungsaufnahmen der Statuen aus dem Jahr 1970, die von der ETH Zürich digital aufbereitet werden. Professor Max Grün wird dann in einigen Monaten seine 3-D Modelle ins Netz stellen, sechs Meter hohe Modelle der Buddha-Statuen sollen schließlich die notwendigen Informationen liefern, damit auch die Originalstatuen in Afghanistan rekonstruiert werden können. Hinter der Aktion steckt das Bubendorfer Afghanistan Museum in der Schweiz und ein Schweizer Unternehmer, der seine Organisation bescheiden die Neuen sieben Wunder nennt und nebenbei die etwas grillenhafte Idee hatte, per Internet die sieben Weltwunder neu zu wählen (fast sechs Millionen Stimmen aus mehr als 200 Ländern sind angeblich schon eingegangen, das Taj Mahal liegt vorne).

Der Bubendorfer Museums-"Oberbube" Paul Bucherer schätzt die Kosten für das komplette Wiedergeburts-Unternehmen auf 30 bis 50 Millionen Franken und betont, dass die afghanische Bevölkerung an einer naturgetreuen Rekonstruktion interessiert sei (wurde auch hier eine Internet-Abstimmung ausgerufen?) Unterstellt man eine längst auch in Mainstream-Medien geäußerte "Phantasievermutung", der zufolge jedes Medienbild auch immer schon Erfindung und Inszenierung ist, würden diese Buddha-Abziehbilder ihren rechten Platz wohl eher in Disneyland finden. So äußerte auch die UNESCO, ihre erste Aufgabe sei es, zu schützen und nicht neu aufzubauen. Und Wired zitiert zur Sache den Leiter der Art Gallery of New South Wales:

Wenn man derartige Kunstwerke, deren wahre Größe und Präsenz in ihrem Alter liegt, so direkt und physisch neu-bildet, ist das reines Theater, bloßer Zirkus