Bürgerwehren auf Lesbos, NGOs gelten als Sündenböcke
Seite 2: Ein schwimmender Wall
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Der neue Plan der griechischen Regierung lautet, ein "schwimmender Wall" soll Flüchtlinge abschrecken. Zu diesem Grund wurde bereits vom Ministerium Verteidigung eine entsprechende Ausschreibung veröffentlicht. Die Ausschreibung ruft unter dem Titel "Einladung zu Verhandlungen über die Lieferung von schwimmenden Schutzsystemen (SPCs) zur Bewältigung einer außerordentlichen Notlage für vom bestellenden Amt unvorhersehbaren Ereignissen aufgrund der nicht zu bewältigenden und eiligen Notwendigkeit, die gestiegenen Flüchtlingszahlen abzuwehren", vier Lieferanten auf, Angebote für einen auf 500.000 Euro taxierten "schwimmende Zaun", wie das Projekt auch beschrieben wird, über eine Gesamtlänge von 2,7 Kilometern abzugeben (Griechenland hat zur Abwehr von Flüchtlingen eine schwimmende Barriere ausgeschrieben).
2,7 Kilometer entsprechen nur einem verschwindend geringen Bruchteil der Seegrenze Griechenlands zur Türkei. Dementsprechend gibt Mitarakis auch zu, dass die Wirkung des seltsam erscheinenden Gebildes auch nur symbolisch sein soll. Es soll ein Signal an die Flüchtlinge und Migranten gesendet werden, dass eine Überfahrt nach Griechenland nicht erlaubt sei, argumentiert Mitarakis. In einer TV-Sendung im Sender Skai am Donnerstagabend lieferte sich der amtierende Minister mit seinem Amtsvorgänger aus SYRIZA-Zeiten, Ioannis Mouzalas, ein Streitgespräch.
Dabei machte Mouzalas Mitarakis auf zahlreiche juristische Details aufmerksam. So ist Griechenland verpflichtet, Schiffsbrüchige in seinen Gewässern zu retten. Der Zaun hingegen kann, als schwimmendes Objekt, nie genau an der Seegrenze positioniert und fixiert werden. Dementsprechend würde Griechenland so unter Umständen die Rettung eines am Zaun schiffsbrüchigen Flüchtlingsbootes der Türkei regelrecht aufdrängen. Dass eine solche Praxis ausgerechnet zu einer Zeit, in der sich Griechenland und die Türkei über den Verlauf von Seegrenzen und die Ausschließlichen Wirtschaftszonen in der Ägäis streiten, nicht unbedingt die griechischen Interessen fördert, wollte Mitarakis nicht einsehen.
Zudem, so argumentierte Mouzalas, würde der schwimmende Wall auch den legalen Seeverkehr zwischen beiden Ländern in Gefahr bringen. Während der Tourismussaison verkehren zwischen den griechischen Inseln und der türkischen Küste zahlreiche Segelboote, Yachten und auch kleine Ausflugsschiffe.
Mouzalas sprach zudem die mögliche Haftbarkeit Griechenlands für Flüchtlinge an, die am Zaun zu Schaden kommen. Der frühere Bürgerrechtsaktivist verwies auf die Pflicht eines Landes, Flüchtlinge aufzunehmen und erklärte, der Zaun könne nicht zwischen Flüchtlingen und Migranten unterscheiden. Mitarakis entgegnete, dass die Präsenz des Zaunes der einer Mauer entsprechen würde. Somit sei, so Mitarakis, jeder, der Kurs auf den schwimmenden Zaun nimmt, für die Folgen seines Handelns selbst verantwortlich.
Sämtliche Oppositionsparteien bemängeln den Plan mit dem schwimmenden Zaun. SYRIZA, die KinAll, die Kommunistische Partei und die Partei von Yannis Varoufakis verurteilen die geplante Praxis als unmenschlich, der rechtspopulistischen "Griechischen Lösung" geht er offenbar nicht weit genug.
Schnellere Asylverfahren
Schließlich verspricht Mitarakis, dass Asylverfahren künftig in Griechenland innerhalb von maximal sechs Monaten komplett abgeschlossen sein sollen. Er möchte bereits im laufenden Jahr 20.000 Abschiebungen durchführen. Die Frist von sechs Monaten erscheint angesichts der griechischen Bürokratie und deren Mängel unrealistisch. In Deutschland, das erheblich besser organisiert ist, dauern die Verfahren im Schnitt sechs Monate.
Derweil sind die nahe der Türkei gelegenen, griechischen Inseln kein gutes Reiseziel für dunkelhäutige Europäer. Dies musste ein Paar aus dem Vereinigten Königreich jüngst feststellen. Eine Britin mit iranischen Wurzeln, aber ohne doppelte Staatsangehörigkeit, war mit ihrem Ehemann, einem Briten mit afghanischen Vorfahren, und dem gemeinsamen Kind in eine Polizeikontrolle in Mytilini auf Lesbos geraten. Die Polizisten ließen sich nicht von den Ausweispapieren des Vereinigten Königsreichs beeindrucken. Ihr Gepäck wurde peinlich untersucht, dem Mann wurden sogar die Schuhe ausgezogen.
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