Bundesinnenministerium will Diskussion über Informationsfreiheitsgesetz

Gesetzesentwurf steht nun im Web und ein Forum lädt zur Bürgerbeteiligung ein

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Erstmals veröffentlich ein Bundesministerium einen Gesetzentwurf und lässt ihn im Internet diskutieren. Das Bundesinnenministerium veröffentlichte vergangene Woche den Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz auf seiner Website. Zahlreiche Politiker hatten kritisiert, dass die Regierung den Entwurf so lange zurückgehalten hatte.

Für Telepolis-Leser ist der Entwurf nicht neu. Es handelt sich um die Version vom 20. Dezember 2000, den auch Telepolis bereits einen Monat zuvor veröffentlicht hatte. Der Entwurf befindet sich immer noch in den Ressorts im Umlauf. Wann er dem Kabinett vorgelegt werden soll, ist unbekannt. Neu für die Öffentlichkeit ist aber die Begründung zum Gesetzentwurf.

In einem Diskussionforum nimmt das Ministerium auch Stellung zu Fragen und Anregungen. Auf Überlegungen politischer Natur geht das Ministerium allerdings nicht ein. Aus gutem Grund: Beamte verstehen sich ja, obwohl sie die Gesetzentwürfe schreiben, in der Regel als unpolitisch. Hier müsste dann eben doch die politische Leitung, also die parlamentarischen Staatssekretäre oder gar Minister Otto Schily, Stellung nehmen. Bedenken eines Beschwerden-Sachbearbeiters namens "Insider" trat das Ministerium aber doch entgegen. Er hatte befürchtet, dass das Gesetz eine Beschwerdeflut beziehungsweise eine Informationsfreiheits-Antragsflut auslösen würde und lehnte den Entwurf "absolut! und "auch als Privatperson" ab.

Davon, dass sich die Beteiligung an der Diskussion dennoch lohnt, konnte sich die Autorin bereits überzeugen. Auf die Frage, was überhaupt unter den Begriff "Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" fällt, räumte das Ministerium ein, dass der Begriff vor allem auf das Verhältnis zwischen Parlament und Regierung zielt. Es soll daher noch geprüft werden, ob er auch für das Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung angewandt werden kann. Falls ja, würde dies das Informationszugangsrechts des Bürgers erheblich beschneiden.

Behördeninformationen im Internet - das Gesetz sieht das nicht zwingend vor. Es bleibt wohl jeder Behörde selbst überlassen, darüber zu entscheiden. Dieser Frage versprach das Ministerium ebenfalls nachzugehen. Unklar ist ebenfalls noch, was unter dem Begriff "Beratungen von Behörden" zu verstehen ist. Denn auch diese sollen nicht transparent gemacht werden. Handelt es sich dabei um mündliche Gespräche, Protokollnotizen oder Aktenvermerke? Das Ministerium will jetzt den Begriff präzisieren.

Was allerdings den Umgang mit Gesetzesentwürfen angeht, zeigte sich das Ministerium zugeknöpft: Sie bleiben vom Informationszugang ausgeschlossen, obwohl Verbände wiederum aufgrund der "Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien" sie vorab erhalten können. Das ist ein zunächst nicht aufgelöster Widerspruch.

Verbandsmitglieder und Politiker haben sich jedenfalls noch nicht im Diskussionsforum blicken lassen. Vermutlich müsste sie das Ministerium persönlich einladen. So lange jedenfalls gehört das Forum den ganz gewöhnlichen Bürgerinnen und Bürgern. Sie müssen sich jedoch mit dem Gesetz auch im Detail auseinandersetzen wollen. Damit stellt das Ministerium auch die Bürger auf die Probe: Wieviel liegt ihnen wirklich an dem Gesetz? Aber auch die Bürger stellen die Behörde auf die Probe: Wie verständlich können die Ministerialien sich erklären? Manches ist doch sehr juristisch gehalten. Ein paar Sätze mehr wären für das allgemeine Verständnis durchaus förderlich.

Dass die Organisation guter Auseinandersetzungen nicht trivial ist, musste zuletzt auch der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss erkennen, dessen Projekt "Moderner Datenschutz" immer noch in den Startlöchern verharrt. Er will den Entwurf des neuen Bundesdatenschutzgesetzes öffentlich vorbereiten und begleiten. Nun ist ihm das Innenministerium mit dem Informationsfreiheitsgesetz zuvor gekommen. Pannen gibt es aber auch hier: Am Dienstag stürzte der Server ab, nur ein Teil der Beiträge konnte wieder gerettet werden. Erst auf meine Anfrage in der Pressestelle, wo denn mein Beitrag geblieben sei, entschloss sich die Internet-Redaktion zu einer kurzen Erklärung.