Bundestags-Direktkandidaten sollen sich klar zu Auslandseinsätzen positionieren

Der Leipziger Andi Rietschel will Wählern eine bessere Übersicht bieten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

1986 begann Grover Norquists Lobbygruppe Americans for Tax Reform von Kandidaten für den Kongress und für andere US-Parlamente das schriftliche Versprechen einzuholen, dass sie unter keinen Umständen für Steuererhöhungen stimmen, wenn sie gewählt werden. Damit war er langfristig so erfolgreich, dass Steuererhöhungen heute (zumindest auf US-Bundesebene) als absolutes Tabu und als faktische Unmöglichkeit gelten.

Ähnliches hat der Leipziger Andi Rietschel mit seiner Aktion Friedensstimme vor – nur geht es ihm nicht um die Zustimmung zu Steuererhöhungen in den USA, sondern um die zu Auslandseinsätzen der deutschen Bundeswehr. In seiner Petition, die Direktkanditaten für die Bundestagswahl am 22. September zum Sichtbarmachen ihrer Position unterschreiben sollen, wird gefordert, "im Bundestag für den Frieden zu stimmen" und keine Kriegseinsätze oder Kriegsbeteiligung zu akzeptieren – "auch nicht unter dem Deckmantel 'friedenserhaltender' und 'friedensstiftender' Einsätze".

Rietschels Ziel ist, dass der Wähler in jedem der 299 deutschen Bundestagswahlkreise mindestens einen Direktkanditaten zur Auswahl hat, von dem er verlässlich weiß, dass er nach der Wahl nicht für teure Auslandseinsätze der Bundeswehr auf Kosten der Steuerzahler stimmen wird. Dazu listet er alle Unterzeichner nach Bundesländern und Parteien gegliedert auf.

Derzeit haben die Petition ungefähr 200 Kandidaten unterschrieben, darunter die Bundestagsabgeordneten Wolfgang Nešković (unabhängig), Susanne Kieckbusch (Grüne) und Sahra Wagenknecht (Linke). Unter den Kandidaten, die noch nicht im Bundestag sitzen, befinden sich zahlreiche Piraten, Linke und Grüne, aber auch einige Mitglieder des SPD – darunter der Oppenheimer Bürgermeister Marcus Held, Angelica Dullinger aus dem bayerischen Oberland, Ullrich Hampel, der im Wahlkreis Coesfeld Steinfurt II antritt, Carmen Listemann, die im thüringischen Nordhausen ein Erststimmenmandat erringen will, und Florian Simbeck, der in den 1990er Jahren als Teil des Komikerduos Erkan und Stefan bekannt wurde und zukünftig Pfaffenhofen und Freising im Bundestag vertreten will.

Ex-Komiker Florian Simbek, SPD-Direktkandidat für Pfaffenhofen und Freising. Foto: Dominik Schönleben. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Dass bislang keine Kandidaten der CDU, der CSU oder der FDP unterschrieben, hängt möglicherweise damit zusammen, dass Rietschel in seinem relativ langen Text auch andere Forderungen untergebracht hat, die nicht von jedem Gegner von Auslandseinsätzen der Bundeswehr geteilt werden: Beispielsweise den Verzicht auf Atomwaffen und konventionelle Uranmantelgeschosse, die innerhalb von fünf Jahren "entsorgt" werden sollen. Außerdem sollen Waffen nicht mehr in andere Länder verkauft werden, was unter anderem in Baden-Württemberg ansässige Hersteller von Sport- und Polizeipistolen wirtschaftlich schwer treffen dürfte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.