CDC geht in den USA von einer Übersterblichkeit von 300.000 Toten bis Anfang Oktober aus

Zweidrittel der Übersterblichkeit war mit Covid-19 verbunden, am stärksten war sie in der Altersgruppe der 25-44-Jährigen. Nach einer anderen Studie gingen in den USA durch Covid-19 2,5 Millionen Lebensjahre verloren

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Es kommt immer darauf an, wie man etwas betrachtet. 2017 sind in den USA 2,7 Millionen Menschen gestorben, seit Beginn der Coronaviruspandemie starben fast 230.000 Amerikaner an und mit dem Virus. Nicht alle, die mit dem Virus gestorben sind, sind auch durch ihn gestorben, aber es wird auch mehr Tote gegeben haben, die nicht auf das Virus getestet wurden. Wie kann man also die 220.000 Todesfälle, bislang weniger als ein Zehntel der normalen Mortalität, einordnen?

Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC hat gerade eine Schätzung der Übersterblichkeit in diesem Jahr vom 26. Januar bis 3. Oktober veröffentlicht. In dieser Zeit sind 216.000 Menschen in den USA an und mit dem Virus gestorben. Nach der Gesundheitsbehörde sind jedoch geschätzt fast 300.000 mehr Menschen als erwartet gestorben. Die Übersterblichkeit wurde am Durchschnitt der wöchentlichen Mortalität in den Jahren 2015 bis 2019 bestimmt.

Die Übersterblichkeit war mit mehr als 40 Prozent in der Woche vom 5.- 11. April und in der vom 2. - 8. August am höchsten. Zweidrittel der Toten (fast 200.000) waren mit Covid-19 verbunden, der Rest mit anderen Ursachen. Am meisten zugenommen hat die Übersterblichkeit mit 26 Prozent bei den Menschen im Alter zwischen 25 und 44 Jahren - also nicht bei den Alten. Nur bei den Unter-25-Jährigen lag die Mortalität mit 2 Prozent unter dem Durchschnitt, bei allen anderen Altergruppen darüber: 45-64 mit +14,4%, 65-74 mit +24,1%, 75-84 mit +21,5%. Überraschend ist, dass die Übersterblichkeit mit den Über-85-Jährigen wieder mit 14,7% geringer war. Gleichwohl lässt sich nicht sagen, dass diese sowieso gestorben wären.

Interessant ist auch, dass die Latinos die höchste Übersterblichkeit mit 53,3 Prozent zu verzeichnen hatten. Bei den Asiaten betrug sie 36,6 Prozent, bei Menschen aus anderen Ethnien oder unbekannter Herkunft 34,6, bei Schwarzen 32,9 und bei den Indigenen 28,9. Die Weißen hat es am wenigsten erwischt, hier lag die Übersterblichkeit "nur" 11,9 Prozent höher.

45 Prozent der verlorenen Lebensjahre büßten die Menschen unter 65 Jahren ein

Was Übersterblichkeit bedeutet, hat sich auch Stephen J. Elledge, ein Genetiker von der Harvard University, angeschaut. Er geht in seiner als Preprint erschienenen Studie von dem verbreiteten Missverständnis aus, dass Covid-19 vor allem zu Todesfällen bei den Alten geführt habe und dass das keine größeren Folgen für die Gesellschaft bedeute, weil die ja sowieso bald eines natürlichen Tods oder an einer anderen Ursache gestorben wären.

Elledge hält sich an die offiziellen Zahlen und legt seinen Überlegungen 194.000 Tote, die an oder mit Covid-19 gestorben sind, bis Anfang Oktober zugrunde. Sie allesamt als vorzeitige Tode zu bezeichnen, ist allerdings nicht korrekt, wenn die Todesursache nicht bestimmt ist. Das verzerrt die Berechnungen, wobei man allerdings sagen könnte, dass dies mit der höheren Zahl der Übersterblichkeit wieder korrigiert werden könnte. Vorerkrankungen bei älteren Menschen könnten, so Elledge, natürlich die Zahl der verlorenen Lebensjahre verzerrt erhöhen, aber das falle möglicherweise nicht so ins Gewicht, weil die zu einem früheren Tod führende Co-Morbidität in der alterspezifischen Lebenserwartung enthalten wäre.

Elledge verband die Mortalität mit Daten zur Lebenserwartung und der Altersverteilung von mit Covid-19 verbundenen Todesfällen und kam zum Ergebnis, dass während der Pandemie in den USA 2,5 Millionen Lebensjahre verloren gingen. Das wären 13,25 Lebensjahre pro gestorbener Person, wobei Frauen mit 12,4 Jahren weniger Lebensjahre verlieren als Männer mit 13,9 Jahren. Frauen haben eine höhere Lebenserwartung und ein geringeres Covid-19-Risiko. Nicht weiter differenziert wird zwischen Ethnien, weil dafür nicht ausreichend Zahlen vorliegen würden. Er geht aber davon aus, dass der Einfluss auf die Feststellung der verlorenen Lebensjahre geringfügig sein dürfte. Das mag allgemein so sein, aber Latinos oder Schwarze würden als Gruppen relativ zu den Weißen mehr Lebensjahre einbüßen.

Ähnlich wie der größte Anstieg der Übersterblichkeit bei den jungen Erwachsenen von der CDC festgestellt wurde, weist Elledge darauf, dass fast die Hälfte der potenziell verlorenen Lebensjahre bei den im jüngeren Alter Verstorbenen auftritt, da bei einem frühen Tod ja auch viel mehr mögliche Lebensjahre verloren gehen. 45 Prozent der Lebensjahre werden bei den Verstorbenen im Alter von 0 bis 64 Jahre verloren, bei den Männern sind es 50 Prozent, bei den Frauen, die danach in höherem Alter an oder mit Covid-19 starben, 38 Prozent. Die meisten Lebensjahre gehen bei den Altersgruppen 55-64 und 65-74 verloren.