CDU fordert Agenda 2030: So soll Deutschland als kranker Mann Europas genesen
Deutschland am wirtschaftlichen Scheideweg. CDU-Generalsekretär schlägt Konzept für Reformen vor. Ist die "Agenda 2030" die ersehnte Lösung?
Deutschland hat wirtschaftliche Probleme – so viel ist seit Monaten bekannt. Inzwischen mehren sich die Stimmen, die ein umfassendes Wirtschaftsprogramm fordern, um die schwächelnde Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen.
In Deutschland ist es der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der kürzlich eine "Agenda 2030 forderte. Leistung müsse sich wieder lohnen, der Staat müsse für die Wirtschaft funktionierende Rahmenbedingungen setzen können und die Prinzipien wie Fördern und Fordern müssten in der Praxis wieder funktionieren.
"Wir sind nicht nur der kranke Mann Europas, sondern laut Internationalem Währungsfonds der kranke Mann der Welt", so Linnemann gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Mit letzterem Teilsatz hat er fraglos übertrieben – es sei denn, man betrachtet die Staaten der OECD als "die Welt". Unter allen großen Industriestaaten, fuhr Linnemann fort, sei Deutschland das einzige Land, dessen Wirtschaft in diesem Jahr schrumpfen werde.
Die "Agenda 2030" soll ein Gesamtkonzept für die Bundesrepublik sein, das im Wesentlichen auf einem Fünf-Punkte-Plan der CDU beruht. Der Staat solle etwa mehr Geld in die Wirtschaft pumpen, die Energiepreise senken, Rentner zum längeren Arbeiten anhalten und Bürokratie abbauen.
Durch Deutschland müsse wieder ein Ruck gehen, sagte Linnemann und bekam dafür Beistand von der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer. In der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) sagte sie: "Eine Agenda 2030 wäre in der Tat wünschenswert, um die Transformation voranzubringen und dabei auch politisch eher undankbare Themen wie eine Verwaltungsreform und Bürokratieabbau mutig anzugehen".
Auch Schnitzer plädierte für eine "mutige Rentenreform", blieb aber weitgehend unkonkret, wie die Reform aussehen sollte. Linnemann schwebt vor, Rentnern zu ermöglichen, dass sie etwa 2.000 Euro steuerfrei hinzuverdienen könnten. Die Hoffnung dabei ist, dass Hunderttausende Menschen in der Arbeit gehalten werden, damit der Fachkräftemangel nicht zu groß wird.
Bildung spielt für beide ebenfalls eine entscheidende Rolle, um das inländische Potenzial für den Arbeitsmarkt zu heben. "Es muss uns Sorgen machen, dass 600.000 Menschen zwischen 18 und 24 weder eine Berufsausbildung haben noch arbeiten gehen." Schnitzer betont in dieser Hinsicht, dass Bildung gerade für Migranten das Tor zur Integration und sozialem Aufstieg sei.
Einen Punkt griffen allerdings beide nicht auf: Alte ökonomische Rezepte, nach denen man seit vielen Jahren handelt, haben die Bundesrepublik erst dahin gebracht, wo sie jetzt steht: auf der Verliererstraße. In der ausländischen Presse macht man sich schon darüber lustig. Die Zeitschrift The Economist titelt etwa: "Deutschland wird zum Experten darin, sich selbst zu besiegen".
Die Bundesregierung habe etwa jahrelang an der Schuldenbremse festgehalten, auch als Kreditzinsen nahe null langen. Hier hätte man Kredite aufnehmen und investieren sollen, heißt es in dem Bericht. Das Ergebnis der Untätigkeit sei nun, dass die Straßen überquellen, aber die Schiene nur mangelhaft ausgebaut und die Bahn unpünktlich sei. Deutschland weise die geringste Verbreitung von Breitband-Internet in der Europäischen Union auf.
An der Schuldenbremse hält die aktuelle Bundesregierung allerdings weiterhin fest. Und Linnemann und die Christdemokraten unterschlagen in ihrem Fünf-Punkte-Plan dieses Problem – und dass die CDU maßgeblich daran mitgewirkt hat, die ökonomische Entwicklung Deutschlands auszubremsen.
In puncto Bürokratie schwimmen Linnemann und The Economist auf einer Wellenlänge, wenn auch der CDU-Politiker nicht erwähnt, weshalb seine Partei nicht schon etwas an dem Problem geändert hat, als sie noch an der Macht war.
In dem Bericht vergleicht man die Bürokratie in Deutschland mit der Trickfilmfigur Asterix, der versucht, den "Passierschein A38" zu erhalten. Die deutsche Bürokratie treibt die Menschen vielleicht nicht gleich in den Wahnsinn, stellt aber ein Hemmnis dar, erklärte politische Ziele zu erreichen. The Economist bringt ein Beispiel, wie die Energiewende ausgebremst wird.
Ein besonderes Ärgernis waren die über 150 Genehmigungen, die die Autobahn GmbH, ein staatliches Unternehmen, das Deutschlands gepriesene Autobahnen betreibt, für den Transport übergroßer Komponenten von Windenergieanlagen, wie z. B. Flügel, verlangt. Durch undurchsichtige Vorschriften über die Abmessungen der Ladung, fehlerhafte Software, ständige Baustellen und fehlendes Personal für die Bearbeitung von Beschwerden hat sich ein Rückstau von etwa 20.000 Anträgen angesammelt.
In jedem Land gebe es stümperhafte Beamte, heißt es weiter, aber Deutschland habe eine Vorliebe dafür, sich selbst zu sabotieren. Denn als die Bundesregierung daran gegangen sei, die Energiebeziehungen zu Russland zu kappen, sei ihr der schleppende Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Füße gefallen.
Ein anderer Punkt, den The Economist anspricht, gehört zu einem vollständigen Bild dazu: Wenn Deutsche Fehler korrigierten, dann machten sie es besonders gründlich. Der über Jahre aufgebaute Reformstau der Merkel-Ära werde jetzt unter Scholz abgearbeitet. Es wird sich aber zeigen müssen, ob es gelingt, den Wohlstand in Deutschland zu erhalten.
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